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Kategorie: Rezension

Plattenläden in Oslo

Plattenläden in Oslo

Oslo und Schallplatten

Oslo ist, was Plattenläden, anbelangt, sehr gut ausgestattet. Vinyl ist keine Mangelware, im Gegenteil. Wer sich auf die Suche macht, wird einiges finden. Die Läden sind durchgehend mit viel Liebe für Genres und Details befüllt, werden ausnahmslos von netten Menschen geführt und angesichts der Auswahl möchte man schwelgen.

Ich kann aktuell nicht alle besprechen. Liegt zum einen Teil an meinem kurzen Aufenthalt, aber natürlich auch daran, das ich irgendwie mein Handgepäck noch tragen muss. Die Reihenfolge in diesem Artikel ist zufällig und keine Wertung. Alle lohnen sich, und ich würde sagen: Besucht sie – wenn ihr Interesse an Schallplatten habt – auf jeden Fall.

Wie ich Platten kaufe

Einführend muss ich kurz erklären, wie ich Platten kaufe. 50 – 70% ist Wissen. Und der Wunsch einen Sammlungsschwerpunkt bzw. eine Diskografie zu vervollständigen. 30% und mehr sind ein Experiment. Bin ich in einem anderen Land, dann kaufe ich keine internationalen Schallplatten, nichts was ich daheim bekomme oder bestellen kann. Wenn ich nicht in England oder Amerika bin, dann wird der vorherrschende Angelo-amerikanische Pop- und Rocksektor komplett ignoriert. Starke Namen, große Künstlerinnen werden gezielt außen vor gelassen. Das gilt natürlich genauso für Jazz. Sicherlich entgehen mir viele Spezialpressungen. Egal. Ist so.

In Norwegen, schaue ich gezielt in das Norsk-Regal. Und natürlich in den regionalen Indie-Bereich. Norsk ist alles was norwegisch ist. Das unterscheidet sich nochmal von skandinavischer Musik. Skandinavische Musik bezieht die Nachbarstaaten mit ein. Es gibt Sortierungen, die hier nochmal weiter differenzieren nach Norsk-Metal, Norsk-Jazz und Norsk allgemein. 

Norsk-Metal ist für viele bestimmt ein Pflichtfach. Herausragend stark, etabliert und mit großen Namen bestückt. Ich habe zu wenig Ahnung davon, und bin auf Freunde angewiesen, die mir immer wieder einen Einstieg bieten. Und darin nicht müde werden.

Norsk-Jazz hat in den letzten Jahren sehr viel Popularität gewonnen, aber ist durch Labels wie ACT auch in Deutschland zu großen Teilen vertreten. Die Namen sind klangvoll, die Musik ist wunderbar, aber es ist oft kein Problem in Deutschland Online- oder regionale Stores zu finden, die sich hervorragend um dieses Genre kümmern. Im Einzelfall kann man aber durchaus hier noch Entdeckungen machen.

Wenn ich sage, das mindestens 30% ein Experiment sind, dann meine ich damit, dass ich Platten im Laden nie anhöre. Ich habe nicht die Zeit dazu, auch keine Lust. 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich Musik, wenn ich sie mir im Geschäft anhöre, einen anderen Eindruck auf mich macht. Vieles, was ich im Zusammenhang mit dem kompletten Werk am Schluss schätze, hätte ich beim Probehören missachtet. Manches hat sich erst sehr viel später in einem anderen Kontext entfaltet. Ähnlich wie Wein. Der erste Schluck aus der frisch geöffneten Flasche kann täuschen.

Ich mag das Wühlen, das Lesen der Hülle, das Wiedererkennen von wichtigen Punkte und Themen, aber darauf beschränkt sich das. Es kommt vor, dass ich auf wirklich große Mengen unbekannter Platten treffe, die ich erstmal nach dem Cover im Kopf sortiere. Ich gehe immer davon aus, dass MusikerInnen, die ein qualitativ hochwertiges Cover gestalten oder gestalten lassen, auch einen ähnlichen Anspruch an ihre Musik haben. In Ausnahmefällen mag das nicht stimmen. Aber das ist das Risiko, das ich gerne eingehe.

Gefällt mir das Cover, weil es meinem bevorzugten Genres oder ähnlichen Vorlieben entspricht, dann drehe ich es um. Welche MusikerInnen spielen welche Instrumente? Kenne ich die Namen?

Produzentinnen sind ein nicht zu unterschätzendes Kriterium. Oft taugen sie als KuratorInnen. 

Ist das Label ein Begriff? In Norwegen gibt es Jansen-Records, „Die with your Boots on“ oder Grappa, die ich sehr schätze. Weil ich weiß, dass deren künstlerische Auswahl meinen Hörgewohnheiten entspricht. 

Ist es ein großes Label, das mit einem internationalen Vertrieb ausgestattet ist (z.b. Sony), dann mache ich mir keine Sorgen, dass ich diese Platte nötigenfalls auch daheim bekomme. Zugunsten regionaler Produkte bleibt sie also im Regal.

Mein erster Besuch in Oslo, vor einigen Monaten, führt dazu, dass ich drei Plattenläden innerhalb von einer halben Stunde besuchte, und trotzdem mit einem beachtlichen Stapel nach Hause flog. Und ich war von keiner Scheibe enttäuscht. Im Gegenteil, manche KünstlerInnen sind mir mittlerweile lieb und teuer. Jetzt versuche ich die Sammlung zu vervollständigen.

Die Plattenläden:

Tiger Records

Externer Link: tigernet.no

Bernt Ankers Gate 10

Tiger Records, Oslo

Der kleine, in Gelb gehaltene Laden war die größte und schönste Überraschung dieses Mal. Ein wirklich nettes Team, das mir ausführlich den Hintergrund und die Schwerpunkte erklärte. Tiger Records ist mehr als ein reiner Plattenladen. Im Verbund mit einem Label und Vetrieb beliefern sie die anderen Läden mit eigenen Produktionen.

Wer sich nicht auskennt, in der norwegischen Musikszene, dem sei der Einstieg über diesen gepflegten Laden empfohlen. Neben einer guten, schnell überblickbaren Präsentation der Neuheiten macht man sich die Mühe neue Platten mit einer Art Obi im Verkauf auszustatten. Eine gelbe Papierschlaufe informiert über die Richtung, die Art, den Hintergrund der Platte, aber auch an welche Fans es sich richtet, in dem vergleichbare Artists aufgeführt sind. 

Sehr hilfreiches und schätzenswertes Feature, das mir eine Orientierung im reichhaltigen Angebot bot. Die „Obi“-Schlaufen sind leider, handgefertig, nur im Verkauf zu Werbezwecke, und werden von den Platten, wenn man sie erwirbt, abgenommen. Wahrscheinlich hätte ich sie selbst in der heimischen Sammlung als Erinnerung behalten. Sie machen das gut. Sie können das beibehalten. Hat mir sehr geholfen.

Sie führen, neben den eigenen Produktionen, natürlich auch internationale und regionale Platten. Hauptsächlich neue Veröffentlichungen und dabei erstaunlich viel seltenes. Tiger Records ist eine Fundgrube. Sehr liebevoll gestaltet, mit Sinn fürs Detail und einem sehr netten persönlichen Kontakt.

Råkk and Rålls Second Hand Shop

Stortingsgata 8

Für Råkk and Rålls fährt man in den Untergrund. Ist wahrscheinlich der einzige Second Hand Store, den ich kenne, der eine eigene Rolltreppe hat. Wer Zeit hat – hier kann man Stunden verbringen. Alle Genres, jeder Bereich. Inklusive Subgenres.

Råkk and Rålls in Oslo

Die Tiefe ist erschöpfend. Hier bemerkte ich erstmals, dass man skandinavische Musik bitte nicht mit Norsk verwechseln soll, denn beides sind übervolle Regal mit ganz anderen Schwerpunkte. Wer obskures oder seltenes sucht – ganz egal aus welcher Richtung – hier findet sich bestimmt was. 

Råkk and Rålls liegt ausgesprochen zentral, nahe an touristischen Anlaufpunkten, und der Fußgängerzone. Es wird international empfohlen und ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Der Ort zum Eingraben und die Zeit zu vergessen.

Ich suchte Platten von Malin Pettersen, die ich in Deutschland sowieso nur schwer bekomme, und hier fand ich ein Exemplar mit einem Autogramm. Ich habe es nicht gewagt etwas brasilianisches zu suchen, und die Finger von allem gelassen, das man Herz aus dem internationalen Bereich begehrt. Ich hätte mit Sicherheit etwas gefunden. Bei Råkk and Rålls schreckt man nicht vor Künstlern zurück, die vielleicht über Jahre im Regal stehen. Das ist etwas, was man nicht vergessen darf: Nur damit werden manche Sortimente wertvoll, wenn sich darin auch Sachen finden, die 90% der Kundschaft einfach stehen lässt bis die eine Person kommt, die die Sparte liebt.

Es gibt natürlich auch verschiedene Preiskategorieren, sehr viele Angebote und ein Wust aus Merchandise-Artikel, die einfach mitgeführt werden. Råkk and Rålls ist für diejenigen, die den Second-Hand-Himmel lieben und ihr Glück suchen. 

Platekompaniet

Externer Link: www.platekompaniet.no

Storgata 19

Das Platekompaniet bietet zu 100% Neuware an. Alle Richtungen, gut vorgestellt, mit einer übersichtlichen, sauberen, geradezu verschwenderischen Präsentation. Ein vergleichsweise modernes Ladenkonzept, das Raum und Platz bietet, um Wertigkeit der Platten zu unterstreichen. 

Platekompaniet ist damit einer jener Orte, die schnell erfassbar, klar strukturiert und professionell wirken. Alles was  aktuell und wichtig ist, findet sich darin. Regional, überregional, und schnell durchschaubar. 

Auch hier ist das Norsk-Regal nicht zu unterschätzen, aber der Schwerpunkt liegt eindeutig im internationalen Bereich. Und dabei auch im Hip-Hop, Adult Pop-Rock oder Electronic-Segment. 

Dadurch unterscheidet sich Platekompaniet von den meisten Geschäften. Zwar sind die Schallplatten der Schwerpunkt, aber durch Aufbau und Struktur, sowie der Auswahl an neuen CDs und anderen Produkten geht es hier eher um die Gegenwart und Zukunft des Medienverkaufs. Wer gezielt Neuheiten sucht, eventuell von der Presse und der Rezensionen mancher Ausgaben angefixt ist, kommt nicht daran vorbei. 

Vom Bahnhof kommend, kann es als ersten Anlaufpunkt dienen. Zum schwärmen und viel zu viel Geld ausgeben. Passiert einfach.

Platebutikken Big Dipper

Externer Linkbigdipper.no

Møllergata 3a

Mein erster Besuch im Big Dipper – vor einigen Monaten – war wuchtig und kurz. In der Osloer Innenstadt angesiedelt und vom Bahnhof aus in einer Viertelstunde zu erreichen. Es kommt vor  – das war der Fall, als ich zum ersten Mal betrat – dass lokale Bands ihre Platten mit einem kleinen Konzert vorstellen. Schönste Musik, wunderbares Americana, aber es war voll und ich hatte großes Glück, dass ich direkt an der Tür auf das Norsk-Regal stieß. 

Betritt man den Big Dipper Record Store, so trifft man sofort auf die regionale Musik, gut sortiert nach Norsk, Norsk-Jazz und Norsk Metal. Selbstverständlich sind auch alle anderen Richtungen, internationale Musik und Vorstellungen der Neuerscheinungen sehr übersichtlich und mit guten Durchgängen vertreten. 

Big Dipper führt vorzugsweise Neuware, und einen überschaubaren Gebrauchtanteil. Neuware ist Genremäßig auf Aufstellern und Wandregalen gut präsentiert und schnell zu erfassen. Regionale Musik rangiert in der Vorstellung zwischen den internationalen Künstlern und überhaupt ist die Gleichstellung und die Schwerpunkte sehr erfrischend. Und natürlich lobenswert. 

Herausragend und geschätzt ist, wie schnell man sich in dem kompletten Laden zurecht findet. Trotz der Fülle, den vielfältigem Angebot ist es einfach zu überblicken, hat klare Strukturen und eine ansprechende helle Gestaltung.

Julie Kuhl im NUN, Kulturraum in Karlsruhe, 01.02.2025

Julie Kuhl im NUN, Kulturraum in Karlsruhe, 01.02.2025

Februar. Es ist ein schwieriges Jahr. Der Januar hat schon geliefert. Und uns alle atemlos gemacht. Wir beobachten noch, und beginnen uns erst langsam damit anzufreunden, was noch vor uns liegt. Der Februar hat alle Chancen den Januar zu übertrumpfen. Und er macht das gut. Auftakt im NUN, am 01.02. Im NUN hat die Konzertsaison wieder begonnen. Es ist das zweite Konzert im neuen Jahr, und alles fühlt sich noch frisch an.

Julie Kuhl gehört zu jenen Talenten, die mein Vertrauen in das Booking des NUNs stärken. Jung, charmant, auf der Bühne einer Location, die alles nahbar macht und es mit der Rücksicht des Publikums in ein Erlebnis wandelt.

Mit Ihrem Bruder Lasse Kuhl  (Gitarre/Bass/Vocals), verstärkt mit Drummer Felix Lothwesen und sie selbst an Keyboard und Gitarre, teilte sich das Set in zwei Teile. Zum einen in eine rhythmische, Keyboard- und Drumlastige, aber durchaus zurückhaltenden, Stunde, zum Anderen, nach einer Pause in eine – fast unplugged und vornehmlich akustische – Variante ihrer Songs. Den letzten Teil bestritten sie ohne den Drummer. Auch um die Möglichkeiten des NUNs voll auszuschöpfen.

Immer wenn irgendjemand auf dieser Welt sagt, dass nichts Neues, Schönes und Angenehmes in der Musik mehr gibt, geschieht ein Wunder, das uns eines Besseren belehrt und Musikerinnen wie Julie Kuhl hervorbringt. Man mag es fast nicht glauben, wenn Sie von früher spricht, und dabei Songs spielt, die scheinbar perfekt und ausgereift aus einer Phase stammen, in der sie wohl 12 oder 14 Jahre alt war. 

Mit einer erstaunlich, in ihren Facetten beruhigenden, Stimme,  modulierte sie Ihre Songs zu relaxten Pop-Erzählungen. Melodiöses Material, dass sich vor allem im zweiten Set, reduziert auf den Kern, in vollem Glanz zeigen konnte. 

Julie Kuhl, die ihren Abend mit einem frischen, einnehmenden Charme moderierte, präsentierte ein komplexes Songwriting, das verhaltene Anklänge an vieles bot, aber vor allem liebenswertes Liedgut präsentierte. Vieles, was man Wiederhören möchte, davon einiges, was man Wiederhören wird. 

Im zweiten Set, das abwechselnd von ihr alleine, aber auch mit ihrem Bruder zusammen präsentiert wurde, war das NUN wieder das, was es immer wieder gerne sein kann und darf: Ein Ort für sehr persönliche und intime Momente, in denen man den Eindruck hat, die Musik sei nur einem selbst gewidmet. 

Julie Kuhl, die ausschließlich englisch singt, hat eine berührende Stimme, die in ihrem Ausdruck und der Betonung, eine Nahbarkeit erreicht, die man nicht unterbrechen möchte. Da liegt Kraft und Stärke drin. Eine Form von Soul, die nicht hervorbricht, aber schmeichelt, lockt und einnimmt.

Und somit blieb: Andächtige Ruhe und darauffolgende Begeisterung.  Die Zugabe blieb aus, was aber eher daran liegt, dass das zweite Set schon weit reichte und die Möglichkeiten der Bühne voll ausgeschöpft hatte.

Externer Link: Webseite Julie Kuhl: juliekuhl.com

Externer Link: Webseite NUN : nun.cafe

Triosence im Tempel Karlsruhe, 31.01.2025

Triosence im Tempel Karlsruhe, 31.01.2025

Das Trio war schon immer eine klassische Jazzformation. Es gab und gibt auch Quartette. Aber kleine Bühnen, sowie enge Locations, doch vor allem die Möglichkeit drei Solisten einen angemessenen Raum zu lassen, das bietet ein Trio.

Triosence schwelgen im Guten, Reinen und Schönen. In ihren Melodien sind die Akzente klug gesetzt, dabei respektvoll im Umgang und harmonisch im Gesamtbild. Selbst wenn das Piano an der Ballade hängt, das Bass vorantreibt und das Schlagzeug lustvoll im Swing davon rollt. Es bleibt stimmig. Und dabei faszinierend angenehm und sauber.

Bernhard Schüler, als Komponist und Arrangeur der Stücke, berichtete dem Publikum im Tempel von den Hintergründen, der Kultur in Kassel und der Faszination für seinen Onkel. Dessen Werke von ihm  als Cover der Triosence-Alben verewigt wurden.

25 Jahre spielen die drei Musiker mittlerweile zusammen. Durchaus in wechselnder Besetzung, aber geprägt von Bernhard Schülers Kompositionen. Heute sind es also Bernhard Schüler am Piano und Omar Rodriguez Calvo am Bass, sowie Tobias Schulte an den Drums. 9 Alben haben sie bisher heraus gebracht. Ein Repertoire, dass reich an Geschichten und Eigenheiten ist. So sind ihre Stücke Beschreibungen der Landschaft, ihrer eigenen Beziehungen und werden damit zu Bildern. Zu kleinen Roadmovies. Zu an und abschwellenden Liebeserklärungen und ganz neuen Dingen, wenn sie sich in der Gruppendynamik oder mit einer Sängerin verändern.

Was auf einer Platte von Sara Gazareks Stimme begleitet wurde, ist nun instrumental. Wie alle Triosence-Stücke. Triosence bieten innerhalb von Schülers feinsinnigen Kompositionen, Raum für verspielte Jazzzitate, Abweichungen und einem Wiederkehren. Müßte ich jemanden erklären, was Jazz auch sein kann, wie Jazz Melodien erzeugen, verwandeln und Teilen erobern und zurück kehren kann, ich würde eine Triosence-Album auflegen. Und es wäre ein entspannter Abend, mit einem rhythmischen Nicken und ein Glas Wein..

Im Tempel war also der Genuß angesagt. Zurücklehnen, entspannen und fasziniert beobachten. Während die Lightshow geradezu zurückhaltend ausleuchtete und alles in allem Platz und Möglichkeiten für Erklärungen und Pausen blieb, wurde der Abschluss mit Standing Ovations und einer ausgedehnten Zugabe belohnt. Triosence überzeugten mit ihrer Interpretation und Auslegung der Möglichkeiten die zwischen Jazz und Neo-Klassik zu pendeln vermochten. Kompositionshandwerk vom Feinstern, und in der Kombination der Musiker mit humorvollen Aspekten, aber auch angenehmen Uptempo-Einflüssen verwoben. Und wenn sie jetzt nochmal 25 Jahre so weiter machen, dann werde ich das so lange wie möglich verfolgen, und immer wieder sehen.

Externer Link: Webseite der Band: Triosence.com

Externer Link: Webseite des Tempels: Kulturzentrum-Tempel.de

Mae.Sun – „Vol. 3 Reverence“

Mae.Sun – „Vol. 3 Reverence“

Zu Vol.3 Reverence, der dritten Platte von Mae.Sun, muss ich eine kleinere Geschichte erzählen. Mae.Sun ist ein Projekt von Hailey Niswanger, einer jungen, sehr begabten Saxophonistin aus Los Angeles. Auf Vol.3 Reverence spielt sie jedoch nicht nur Saxophone, auch der Gesang, Flöten, Klarinetten, Synthesizer und Piano wurden von ihr eingespielt.

Mitgewirkt an dem Album haben Nikara Warren, Vipraphone,  Asher Kurtz an der Gitarre, Axel Tosca an den Keyboards und Synthesizer, sowie Kyle Miles am Bass und David Frazier Jr an den Drums.

Hailey Niswanger fiel mir das erste Mal auf, als ich sie 2024 mit Kinga Glyk auf dem NorthSeaJazz-Festival in Rotterdam sah. In einem bemerkenswerten Auftritt begeisterte Kinga ihr Publikum auf einer relativ kleinen Außenbühne. Derselben Bühne auf der ich schon vor vielen Jahren Jon Batiste auf einem seiner wenigen Auftritte in Europa sah.

Hailey Niswanger, die nicht zur festen Band von Kinga gehörte, begleitete sie auf dem Saxophone. Mit einer auffallenden Begeisterung und Präzision unterstützte sie den Bass von Kinga und war eine der herausragenden Musikerinnen innerhalb des Sets. Kingas Spiel ist sowieso immer von einer besonderen Wärme und Sympathie gezeichnet.

Die Nahbarkeit, die ihre Bühnenpräsenz ausmacht, wurde durch Hailey verstärkt. Um es einfach und kurz zu machen, Kinga Glyk mit ihrer Band, in der Kombination mit Hailey Niswanger gehörten zu einem der Highlights des Rotterdamer Jazz Festivals.

Haily Niswanger in Rotterdam auf der Bühne des Northsea Jazz Festivals mit der Band von Kinga Glyk (2024)

Das Jahr 2025 dagegen begann nicht gut. In Los Angeles kam es zu einigen katastrophalen Feuern, deren Auswirkungen immer noch aktuell sind, während ich diese Zeilen schreibe. Noch immer schwellen Brände auf. Noch immer sind die Feuer aktiv. Das Thema scheint noch nicht vorbei zu sein. Und es ist abzusehen, dass es in Kalifornien ein wachsendes Problem bleiben wird.

Hailey Niswanger berichtete auf Instagram davon, dass bei den verschiedenen Feuern auch Altadena betroffen war. Hierzulande wurde hauptsächlich von den Pacific Palisades berichtet, einem Stadteil, der ebenfalls stark unter den Flammen gelitten hat. Altadena war dabei in der Berichterstattung gar nicht so sehr im Focus. Und es wurde der Eindruck erweckt, als seien die Feuer vor allem in den Vierteln aktiv, in den begüterte Stars leben. Das konnte natürlich nicht so stimmen. Nach den momentanen Schätzungen betraf es über 12.000 Häuser. 

Altadena ist eine relativ mittelständische Gegend. Das Haus von Hailey Niswanger brannte dabei komplett nieder. Es blieb, außer der Garage und den Grundmauern nichts übrig. Ihr komplettes Leben, ihre Instrumente, Erinnerungen, ihr Auto, alles wurde ein Opfer der Flammen.

Auf Instagram postete sie Videos und Fotos des Unglücks. 

Seit ihrem Auftritt in Rotterdam hatte ich mir überlegt ihre Platte zu bestellen und tat es nun spontan über Bandcamp. Aber ich schrieb sofort dazu, dass sie mir die Platte nicht senden muss, es ja wohl wichtigeres gäbe und ich die Music digital von Bandcamp zum Kauf der Platte dazu bekam. Das würde reichen. Bitte nicht senden. Ich wollte wirklich nicht, dass sie sich damit belastet. Mir ging es einfach nur darum, irgendetwas zu tun. Das veranschlagte Porto war sowieso höher als der Preis selbst. Insofern dachte, alles okay. Soll sie einfach annehmen.

Einige Tage später erreichte mich eine Mail, in der sie sich bedankte, und meinte, sie würde mir aber wirklich gerne die Platte senden. Ihre Mutter, die in einem anderen Staat lebt, hätte noch Exemplare.

Ich war überrascht und berührt, aber bekräftigte nochmal, dass alles okay sei, ich Ihre Musik genieße und hoffe, dass sie ein neues Zuhause findet.

Die Platte kam eine Woche später.

Ich drücke ihr wirklich die Daumen, dass sie in Kalifornien ein neues, sicheres Haus findet, dass ihr und allen anderen Betroffen geholfen wird.

Vol 3. Reverence“ ist ein sehr einfühlsames, naturverbundenes Werk, mit einem angenehm ruhigen Rhythmus. Wie schon bei der Vorstellung der Stücke auf den sozialen Medien, zeichnet es sich durch ein Liebe zu der Umgebung und den grundsätzlichen Werten aus.

Die Stücke heißen denn auch Eternal, One, Complete, Rising, Nutur, Worthy, Elemental und Honest. Das Album gewinnt nach mehrmaligen Hören, denn es gibt in den Arrangements viel zu entdecken.

Ich muss zugeben, dass ich mich einige Tage nicht an die Rezension gewagt hatte, weil ich nicht wusste, wie ich die Geschichte erzählen soll. Immer wieder wurde in den Nachrichten davon berichtet, dass die Winde, die Feuer neu entfachten. Gleichzeitig sah ich, dass Hailey wieder Konzerte gab. Also war es an der Zeit sie darin zu unterstützen. Wie alle ihre Platten, die unter dem Projektnamen Mae.Sun erschienen, handelt es sich bei „Vol. 3 Reverence“ um den Versuch ein Entwicklung in einem Gesamtwerk zu schaffen, dass sich anschließt an das Vorangegangene, aber vor allem die Liebe zeigt, die sie für die Dinge empfindet, die sie umgeben. 

Es ist ihr, und allen anderen in der Region zu wünsche, dass sie jede Unterstützung bekommen, die sie gerade benötigen. Auch damit wir sie bald wieder auf europäischen Bühnen begrüßen können.

Externer Link: Mae Sun – maesunmusic.com

Externer Link (Instagram): Mae Sun – https://www.instagram.com/mae.sun.music/?hl=de