Durchsuchen nach
Schlagwort: Hildegard Knef

Tonspur Nr. 16: Hildegard Knef „Spricht und Singt Tucholsky“

Tonspur Nr. 16: Hildegard Knef „Spricht und Singt Tucholsky“

Hildegard Knef - singt und spricht Tucholsky

Titelliste:

  1. Liebespaar am Fenster
  2. Halt auf freiem Felde
  3. Danach
  4. Rezepte gegen Grippe
  5. In Japan ist alles so klein
  6. Wie wird man Generaldirektor?
  7. Der Kontrollierte
  8. Deutscher Abend
  9. Zeugung
  10. Augen in der Großstadt
  11. Das Lächeln der Mona Lisa
  12. Die Unpolistische
  13. Ein Glas klingt
  14. Nur –
  15. Machen Sie das mal den ganzen Tag
  16. An das Publikum

Hildegard Knef ist Pflichtprogramm. Sehe ich ein Album von ihr, nehme ich es mit. Es kommt zu doppelten Beständen in meiner Sammlung. Es finden sich abgeliebte und zerkratzte Exemplare. Egal. Hildegard Knef muss sein. Das Metier ist in Deutschland schwach besetzt und Göttinnen sind in unserem Land kaum benannt. Jemand wie die Knef, wäre sie Frankreich, Brasilien oder Amerika angesiedelt, hätte den verdienten Ruhm, einen  Platz im Museum und jedes Jahr eine neue Sonderausgabe ihres Liedgutes.

„Spricht und singt Tucholsky“ ist eine Mischung aus Gedichten, Texten und Liedgut von Kurt Tucholsky. Aufgenommen 1964 in München unter der Leitung ihres fast immer begleitenden Arrangeurs Gert Wilden. Internationales Format, wie alles was Hildegard Knef veröffentlicht hat. Ausdrucksstark auch in der Interpretation der Erzählungen.  Hildegard Knef bewies damit ihre Größe in der Wiedergabe der Literatur, genauso wie ihre Alleinstellung der frühen Annäherung an die Chansons. 

Im Gegensatz zu sehr populären Alben ist diese LP mit ihrem störrischen Anspruch an die Kunstfertigkeit etwas vergessen, findet sich in Reste- und Ramschbeständen. Hat sie aber nicht verdient, denn spätestens hier lernt man ihre Leistung für die Musik und die Entwicklung hierzulande zu schätzen. Hildegard Knef war die, die schon früh gewagt hat, was manche anderen erst heute aufgreifen.

Tonspur ist eine kleine Reihe, die in kurzen und knappen Beschreibungen (maximal 200 Wörter) sich mit den Alben befasst, die ich im Laufe des Tages anhöre. Sie folgt damit keinem Genre und keiner Reihenfolge. Ist lediglich nummeriert

Paul Plut im Cafe NUN Kulturraum, Karlsruhe, am 17.01.2025

Paul Plut im Cafe NUN Kulturraum, Karlsruhe, am 17.01.2025

Eigenständiger wäre die Eröffnung des Konzertjahres im NUN kaum möglich gewesen. Eine herbe, melancholische Heimatliebe für die Steiermark zeichnet Paul Plut aus. Seine Werk, so mag man es nennen, ist gewürzt von Anekdoten. Kleine Geschichten über Schmerz, Verlust und einem dadaistischen Humor, der sich verführerisch einschleicht.

Zu Beginn archaisch, in der Fortführung theatralisch und vom Instrumentarium, wie auch dessen Nutzung, stark individualistisch. Paul Plut führte sein Publikum in die geheimnisvolle Welt österreichischer Kleinstädte, Berge und ihren Eigenheiten. Ein Instrument ist nur ein Instrument. Bis es genutzt wird. Alleine auf der Bühne, umgeben von Gitarren, einem Akkordeon, Kassetten, einer Orgel und der selbstgebauten Teufelsgeige, sowie einem Holzbrett, das sein vehementes Stampfen verstärkte, offenbarte er ein Sound-Spektrum, dass sich alles erlaubte und vieles wagte.

Es wurde verstärkt, verzerrt, harmoniert und in voller Liebe auch mal Hildegard Knef und zuletzt durchaus Rio Reiser interpretiert. Er lebt die Inbrunst der rauen Töne, ebenso wie die zerbrechliche Sprache der Chansons. Letztere lebt von den Kleinigkeiten des Weglassens, ersteres von der Kraft der ungehemmten Artikulation. Schwer zu fassen. Kaum möglich etwas herauszustellen.

In der Tradition mag man durchaus Liedermacher erkennen, die natürlich ihre Spuren in seinem Vortrag hinterlassen haben. Aber in der Konsequenz, in der er einfach die Möglichkeiten erweiterte, das musikalische Erbe bereit  ist, zu verfremden, in Stürmen und eigenen Kreationen zu verschmelzen, zeigt sich etwas, dass durchaus auch mal rauer, dreckiger, unerwartet sein konnte.

Blues ohne Blues zu sein, Punk ohne es Punk nennen zu wollen, Rock ohne Kraut, aber durch die Wucht, die lediglich eine Person erzeugen konnte, ein kammermusikalisches Ding. Mit dem Akkordeon in der Region angesiedelt. Im Text, schon durch Ausdruck und Stimmungsbild, mit der Heimat verhaftet. Angeblich verstehen ihn selbst die Menschen in Österreich nicht überall. Und das uns. In Deutschland. Im NUN, wo er begeistert gefeiert wurde. Zu zwei Zugaben aufgefordert und wenn es mehr gewesen wären, hätte auch niemand etwas dagegen gehabt.

Paul Plut komponiert für das Theater, beteiligt sich an Kunstaktionen, ist auch lyrisch beachtenswert und mit den Füßen und der Seele seinem Land verbunden. So kommt es zu einer Mischung, die dem Volkslied nahe, aber der modernen Interpretation näher ist. Wenn die Gitarre einem Orkan aus Verzerrung erliegt, dann hat die Kunst gewonnen, sich Raum geschaffen und das Werk eines Eigenbrödlers, der an alten Techniken festhält und sie in die Jetztzeit einführt, ihre Wiedererkennbarkeit erlangt. Wie bei anderen, große Künstlern, die ebenso neugierig verfremden und Technologien vermischen, bleibt auch hier das Gefühl des Happenings – der Einmaligkeit – erhalten. Eine Aktion. Eine Kunst. Das kann nicht weg, das ist gekommen um zu bleiben. Es bleibt auch die Gratwanderung zwischen Mut, Fluch und der spürbaren Sehnsucht nach der Heimat.

Dem NUN ist zu danken, dass sie Experimenten aufgeschlossen gegenüber sind. Als Eröffnung der Saison hat es die Erwartungen hochgesteckt.

Externer Link: https://paulplut.com/anfang

Externer Link: https://nun.cafe/