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Wie die großen Labels das Vinyl killen können

Wie die großen Labels das Vinyl killen können

Plattenspieler (Symbolbild)
Plattenspieler (Symbolbild)

Die Möglichkeiten Musik zu hören im Vergleich:

1. Streaming

Wer streamt, hat es einfach. Die MusikerInnen und Bands werden nicht befriedigend bezahlt, aber für die KonsumentInnen ist die Situation überschaubar: Die Plattformen bemühen sich um den bestmöglichen Sound und die größtmögliche Bibliothek. Zwei Argumente, die im Konkurrenzkampf der Anbieter führend sind. Ansonsten zählen noch Family-Optionen, Playlisten, Podcasts und eventuell Hörbücher. Das Angebot ist also vielfältig und die Abspielmöglichkeiten mannigfaltig. Die Auswahl zwischen den Konkurrenzunternehmen ist aktuell noch groß genug, um einen Wechsel möglich zu machen.

2. CDs

Die Vorteile eines CD-Players und der Anschaffung der dazugehörigen Tonträger scheint sinnvoll, wenn man Wert auf eine Bibliothek legt, die eine lange Unabhängigkeit von Streaming-Anbieter bietet. Es gibt kleine Nachteile, die man aber im heimischen Umfeld lösen kann. CDs nehmen etwas Platz weg und haben einen vergleichsweisen hohen Anschaffungspreis zu ihrem derzeitigen Second-Hand-Marktwert. 

Letzteres kann man nutzen, wenn man augenblicklich noch CDs gebraucht kauft. Die Preise, je nach Region und Umfeld, sind erstaunlich niedrig, die Auswahl ist groß. Neuware kommt – trotz einer großen Abwendung von dem Medium – noch regelmäßig und ständig auf den Markt. In den meisten Haushalten befindet sich noch ein CD-Player. 

Wer seine Songs mobil mitnehmen möchte, hat die Möglichkeit sie in MP3s oder ähnliche Formate umzuwandeln. Beliebte Musikprogramme, wie Apples Music, bieten diese Funktion als Feature an, und taggen Songs dabei richtig, aber verbinden sie auch mit dem Cover. Aber es gibt auch noch tragbare CD-Player, die zwar etwas nostalgisch wirken, aber durchaus noch angeboten werden.

3. Die Music-Cassette

Die MusikCassette, von der man dachte, dass sie keine Renaissance erlebt, ist gefühlt ein Medium, das – unter nostalgischen Gesichtspunkten – die leichteste Zugänglichkeit im Bereich der analogen Tonträger hat. 

Ihre Leistung, hinsichtlich der Qualität, ist umstritten (bei HiFi-Enthusiasten), aber ihre Bedienung ist verführerisch einfach. Ihre Mobilität durch Walkman-ähnliche Geräte gegeben und ihre Partytauglichkeit bewiesen. Allein – doch das kann sich ändern – sie wurde aus den meisten Haushalten durch andere Varianten des Musikhörens mehrheitlich verdrängt.

Nicht wenige Anbieter, mit sehr günstigen Geräten, bieten diese wieder an. Die Cassette hat im alternativen Bereich in den letzten Jahren durchaus ein Revival in kleinen Sammlerauflagen erlebt und taucht vermehrt im Merch von unabhängigen KünstlerInnen, aber vor allem bei Punk und Heavy Metal-Bands, wieder auf. Ein wichtiges Argument, das man nicht unterschätzten sollte: Sie ist als Fan-Objekt noch sehr günstig, originell und im Zusammenhang mit dem emotionalen Wert (meist genährt aus Fernseh-Serien, die in den 70/80er Jahren spielen) sehr spannend. Die Cassette hat ein ziemlich gutes Lifestyle-Image, das sie zu einem angesehenen Objekt werden lässt.

4. andere Tonträger (MiniDisc und DAT)

Die Mini-Disc war bei manchen Menschen ein sehr beliebtes Format, das aber bedauerlicherweise viele Einschränkungen und keine wirkliche Popularität erlangte. Die Fans – meistens produktive Menschen – die tragbare MiniDisc-Player für Interviews oder ähnliches nutzten, schwärmten von den Zugriffsmöglichkeiten und der Qualität. Aber es handelte sich dennoch um eine stark komprimierte Soundqualität auf einem diskettenähnlichen Datenträger, der keine Möglichkeit der digitalen Aufnahme von CD anbot (es gab solche bestimmt, aber wurde lange Zeit – zu lange -nicht integriert). Daher – und wegen der starken, anfänglichen Begrenzung auf Sony – erfuhr das Thema zu wenig Resonanz, um sich auf dem Markt langfristig durchzusetzen. Spielt heute praktisch keine Rolle mehr.

Ebenso wie DAT, das ein digitales Cassettenformat war, welches die analoge Audiocassette hätte ablösen können. Tat es nicht, war noch etwas weniger verbreitet als Mini-Discs und die Bänder –  die damals hergestellt wurden – fanden sich eher in der IT als Backup-Medium als im Audiobereich.

6. Vinyl

Bleibt als Letztes, und anerkanntes Objekt der Begehrlichkeit, die Schallplatte. Heutzutage Vinyl genannt. Die Schallplatte hat in den letzten Jahren einen fortschreitenden Erfolg erlebt. Damit ein Comeback und Umsatzzahlen bewirkt, die für die beteiligte Industrie und die Künstlerinnen neue Einnahmen bescherten. 

Anfänglich handelte es sich um eine Wiederbelebung des Second-Hand-Marktes, der zu Preissteigerungen – vor allem bei allem bei originalen Erstveröffentlichungen – führte. 

Und schließlich belebten Presswerke, unabhängige KünstlerInnen und gemischte Plattenläden (also Geschäfte, die hauptsächlich Second Hand Ware, aber auch Neuware von mutigen Kreativen führte) die Szene. Schufen damit ein Segment, in dem der Tonträgermarkt, von einem kleinen Phänomen zu einem ernstzunehmenden Sektor wurde.

In der Schallplatte vereinigen sich einige Vorteile, die vor allem für Kreative interessant sind. Abgesehen vom nostalgischen und emotionalen Wert, denn sie beinhalten kann, sind die Einnahmen entschieden höher als beim Streaming. 

Doch auch die Aufmerksamkeit, die die Schallplatte als Werbefläche geniesst – durch die Größe des Covers, aber auch die Wertschätzung bei der berichtenden und schreibenden Zunft – ist ungleich größer als bei einem Streaming-Titel. Ebenso kann bei der Beteiligung an einer Playlist oder der Platzierung einer CD, die Anzahl der Kritiken kleiner sein. 

Erfahrungsgemäß bekommt ein Album in der gewohnten, großformatigen Form mehr Beachtung,  wohlwollender Rezensionen. Wird auch gerne als Merch und Erinnerungsstück gekauft (sogar ohne Abspielgerät) und ebenso gerne verschenkt. 

Die Funktion der Schallplatte als Sammelobjekt  ist daher höher, und man begegnet ihr in Wohnzimmern als Einrichtungsgegenstand, gerahmt oder – ähnlich wie bei einem  „Coffee-Table“-Buch –  geschickt platziert auf dem Beistelltisch.  

Das Vinyl geniesst derzeit Anerkennung und großen Zuspruch. Die Situation ist international gleich und der Markt ist gut vernetzt. Die LiebhaberInnen des Mediums reisen gerne, besuchen die unterschiedlichsten Shops und Plattenbörsen. Neue Läden schießen überall aus dem Boden. Die Stores werden differenzierter und spezialisierter. Die Konkurrenzsituation führt dazu, dass es mittlerweile an einigen Orten mehrheitlich – oder nur noch – neue Platten gibt. 

Dabei ist der Ausdruck „neue Platten“ mutig.  Nicht so ganz stimmig. Die großen Labels haben in den letzten Jahren angefangen ihren Backkatalog wieder zu veröffentlichen.

Zum Einen lohnt es sich durchaus Vinyl-Ausgaben von Veröffentlichungen, die einst nur als CD verfügbar waren, zu pressen. Zum Anderen hat man die Chance gesehen, altes Material, dass unter Umständen im Second Hand Handel gute Preise erzielte, erneut heraus zu bringen. 

Es wurden mehrere Käuferschichten damit erreicht: 

1.) Jene, die in der Vergangenheit ihre Sammlung komplett verkauft oder ruiniert hatten. Diese wollten jetzt wieder die alten Sachen in der bestmöglichen Qualität wie gewohnt hören. 

2.) Sowie jene, die vollkommen neu in die Materie einstiegen, und historisches Aufnahmen in der bestmöglichen Qualität ihrer neu entstehenden Sammlung hinzufügen wollten. 

Doch um den Markt nicht endlich zu machen, sein Potential nicht zu begrenzen und aus dem vorhanden Material möglichst viel zu gewinnen, mussten neue Wege gegangen werden.

Die CD hatte gezeigt, dass es durchaus eine Option war – mit einem neuen Klangerlebnis – Musik, die schon besessen wurde, abermals zu verkaufen. 

Die Kunst ist daher zum Teil auch, wie man aus einem existierenden Fundus und Archiv, eine möglichst große Wertschöpfung erreichen kann. Bereits in der Vergangenheit gab es bei Platten Erstpressungen, Remastered Ausgaben, farbige Versionen oder verschiedene Formen der Covergestaltung. Varianten, Fan-Editions und ähnliches waren schon immer Teil des Spiels und gehören zum Markt einfach dazu.

Es war also naheliegend, mit diesen Möglichkeiten zu arbeiten und sie als Sammlerobjekte zu gestalten und zu verkaufen. In der Regel kann man davon ausgehen, dass – je bekannter eine Band oder KünstlerIn ist – es mit Sicherheit eine Käuferschicht ansprechen wird, die bereit ist für exklusive Verpackungen und Gestaltung einen höheren Preis zu zahlen. Auch mit der Aussicht, – da es sich in der Regel um limitierte Fassungen handelt – eine Wertsteigerung zu erleben.

Und was ist jetzt das Problem?

Im ersten Moment erscheint alles perfekt. Es handelt sich um einen Wachstumsmarkt. Der Verkauf der Schallplatte verlief in den letzten Jahren so gut, dass immer mehr Produktionsstätten entstanden und die Werbeagenturen dieses Thema als Strategie aufnahmen. So wurden nicht nur Re-Issues (also Wiederveröffentlichungen) immer häufiger ausgefallener, aber auch kostspieliger, sondern auch neue, umsatzstarke Künstlerinnen sahen das Potential.

Es ist aktuell nicht ungewöhnlich, was bei bekannten Namen passiert: Schallplatten werden – schon vor der Veröffentlichung – in mannigfaltigen Farben und Covergestaltungen, zu teilweise möglichst hohen, gerade noch verträglichen Preisen bis zu 50 Euro (aber auch darüber hinaus) jenseits des stationären Handels in eigenen OnlineShops der Labels angeboten. Dadurch erreicht man verschiedene Dinge. Es entwickelt sich ein starkes Gefühl der Exklusivität, des Bezugs zu der herausgebenden Person der KünstlerIn, und eine – möglicherweise – hohe Einstiegsmöglichkeit der Songs in die Charts (bei ihrem Erscheinen  – und einem gut laufenden Verkauf). 

In einigen Fällen kaufen begeisterte Fans mehrere Ausgaben. In der jeweiligen anderen Farbe mit einem differenten Cover. Was unter Umständen zu einem Ausverkauf der Platte, einer neu justierten, (neuen) unterschiedlichen Auflage derselben und einer kurzzeitigen Wertsteigerung auf Auktionsplattformen führt. Einer der möglichen Tricks dabei ist zum Beispiel, die bewußte Geheimhaltung der Zahl der tatsächlichen, herausgegebenen Auflage. Um das Gefühl eines raren Gutes aufrecht zu erhalten. Etwas, das sehr häufig und sehr gerne gemacht wird.

Andere Optionen sind – auch um Veröffentlichungen in den Charts oben zu halten – regelmäßige Neuauflagen derselben Platte mit neuen Covern, neuen Farben, weiteren Bonus-Songs (meistens Remixe oder nicht verwendete Studio-Aufnahmen) oder weitere Ausgaben, die komplett auf instrumentale Begleitung, Schlagzeug oder ähnliche Instrumente verzichten. Oder umgekehrt. Den Gesang rausfiltern. Dinge, die im Grunde, sicherlich in Zukunft, jede heimische KI leisten kann.

Dennoch, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und die beteiligte Industrie versucht, die Klaviatur der Möglichkeiten, bei vorhandenem Material so gut wie möglich zu spielen. Von KünstlerInnen, die bisweilen nicht mehr unter uns weilen, werden Live-Aufnahmen in regelmäßigen Abständen veröffentlicht. Studio-Out-Takes genutzt, aber vor allem scheinbar hochwertige Sammlereditionen herausgebrachten, die die Obergrenze der Verträglichkeit austesten. 

Die obskure Situation, die dadurch entstehen mag, sieht aktuell folgendermaßen aus: Relativ, unbekannte Bands und Künstlerinnen, die auch auf den Streamingportalen wenig bis gar kein Geld verdienen, verkaufen ihre Alben zwischen 20-25 €, selten für 30€ Euro, aber kaum darüber. 

In den höheren Regionen befinden sich stattdessen die bekannteren, haushaltsüblichen Namen mit den entsprechend hohen Auflagen, teilweise firmeneigenen Presswerken und der Bindung der (Online)-Shops. Man kann mittlerweile davon ausgehen, dass große Handelsketten, große Namen und hohe Auflagen zu einem weit höheren Preis führen. 

Im übrigen ist es nicht ungewöhnlich, Sammler-Editionen um die 300€ herauszubringen. Wo diese kaufkräftigen Kunden gesehen werden, gibt es diesbezüglich keinen Hinderungsgrund nicht in Vollen zu gehen. Das also einfach mal auszuprobieren. Und: Wir reden hier nicht von raren Teilen, auch nicht von einer gesicherten Wertsteigerung und selten von kenntlichen Auflagenzahlen.

Im ersten Moment mag auf einem expandierenden Markt gerecht erscheinen. Er wird genutzt, vielleicht ausgenutzt, aber solange er wächst, gibt es ja Platz für alle. Es spricht also nichts dagegen. 

Was jedoch tatsächlich passiert, aber nur durch Gespräche und Beobachtung erkennbar ist: Die Menge der KäuferInnen scheint endlich. Das Marktpotential nicht beliebig dehnbar. Aber auch nicht endlos zu wachsen. Dafür kann es verschiedene Gründe geben.

  1. Preissteigerungen sind für Fans lange Zeit verträglich, aber nicht unendlich. Die Chance, dass eine Gruppe begeisterter Menschen – aus finanziellen Gründen – nicht mehr mitzieht, ist bei allgemeinen Preissteigerungen im persönlichen Umfeld irgendwann gegeben. Ein Markt, der überhitzt, also beliebig nach oben klettert, führt zu einer Frustration, wenn Dinge unerreichbar, aber auch beliebig an Menge und Zahl, werden.
  2. Schallplatten sind nur bei guter Pflege und entsprechendem Aufwand ein Hörvergnügen. So begeistert sich manche zeigen – bei Kratzer und leisem Knistern:  schon bei der CD habe ich das nicht. Bei Schallplatten jedoch muss ich Staub entfernen und die Nadel ausstauschen. Jedoch auch die Digitalisierung ist nicht einfach und die Mobilität ist eingeschränkt. Ein Medium, das also zwar einen Faktor der Gemütlichkeit hat, aber nur bedingt für den harten Einsatz zwischen Home, Office und Autofahrt taugt. Diese Punkte muss der Handel über bestimmte Faktoren ausgleichen: Zum Beispiel mit den Downloadcodes, die aber sukzessiv bei neuen Veröffentlichungen weggelassen werden. (Man möchte nichts böses dabei denken, aber wer Streaming nutzt, braucht natürlichen keinen Downloadcode. Fördert aber unter Umständen weiterhin den Umsatz.)
  3. Es mag im ersten Moment kein wichtiger Punkt sein: Aber Schallplatten sind ein schweres Möbel. Im Gegensatz zur vergangen, sind aktuelle und kommende Generationen, an dem Besitz von Medien nur noch marginal interessiert. Weder DVDs, noch CDs haben sich in als nachhaltig und wertvoll erwiesen. Generationen, die heute in den 50ern und darüber hinaus sind, prägten ihren Besitz durch große Mediensammlungen . Diese werden zumeist zum Ballast und verstauben. Schallplatten sind ein Teil davon. Zwar gibt es heute noch Büchersammlungen in den jüngeren Räumlichkeiten – aber: All die öffentlichen Bücherschränke sollten uns mahnen. Medien, in ihrer analogen Form, sind ein Luxusgut, jedoch nichts mehr, mit dem man sich dauerhaft und willentlich die Wohnung vollstellt. Es ist nicht ungewöhnlich heutzutage bücherfreie, nahezu medienfreie oder stark medien-reduzierte Wohnungen zu betreten. Die ausufernden Mediensammlung ist eine endliche, begrenzte Thematik, die vielleicht noch einen kurzen Höhepunkt in den nächsten Jahren erlebt, aber in Zukunft eher kritisch betrachtet werden wird.

Was für ein Fazit ich aktuell daraus ziehe (und man kann gerne darüber diskutieren): Der Markt, der als schnellwachsend und erfolgversprechend wirkt, könnte unter Umständen gerade seine höchste Stufe erreichen. Was fatal wäre. Denn für die kreative Branche ist eine wichtig, noch bestehende Einnahmequelle. Für mich persönlich ist es eine Sammelleidenschaft und für viele Menschen, die ich kenne, ein Beruf und Leben.

Aber: Es besteht der Eindruck, dass die großen Labels – nicht die Kleinen, die dürften das ähnlich sehen – eine falsche ,von der Gier getriebene, Einstellung – haben, mit der sie dem Markt zu viel abverlangen. Ein Berg neuer Reissues eines einzigen Albums in verschiedenen Farben mag zwar kurzzeitig Umsatz bringen, kann aber nicht dazu führen, dass dauerhaft genug Kaufkraft für alle da ist, die hier versuchen einen Fuß auf den Boden zu bringen. 

Vor allem führt die ständig gleiche Veröffentlichung der bekannten Alben bei steigenden Preisen auch zu einer sukzessiven Frustration der Kaufenden. Die wähnen sich dann nämlich  in einer unbeherrschbaren Inflation.

Um Alternativen aufzuzeigen: Der Markt der Tonträger verharrte zu DM-Preisen lange, viel zu lange Zeit, in einer bestimmten Region. Mit der Einführung des Euros, des Entstehen eines Sammlermarktes, kletterte er bis zu 30 €, überwandt diesen Preis und versucht nun 40€ zu etablieren. Bei einer gleichzeitigen Probe, was denn sonst noch so geht. 

Realistisch gesehen führt dieses aktuell zu einer sinkenden Akzeptanz, niedrigeren Gewinnen bei den Händlern, und lustigerweise zu Preisstürzen und Platten, die wie Blei in den Regalen liegen. Bei den Versuchen den Markt in allen Richtungen auszuloten, wurden auch Musikrichtungen berücksichtigt, die aktuell überhaupt keine Akzeptanz auf dem Schallplattenmarkt haben. Dazu gehören Schlager und Klassik. Diese beiden Genres haben zwar durchaus auch eine gewisse Basis, aber keine festes Fundament, sondern eher sehr spezialisierte Kreise. 

Liegt also wie tot in den Regalen. Trotzdem gibt es auch Versuche, buchähnliche Cover, aufwändige Farben und ähnliches unter die KäuferInnen zu bringen. Funktioniert nicht. Was unter anderem zeigt: Eine richtige Marktforschung scheint es nicht zu geben, sondern es wird ausprobiert, abgeschätzt und versucht den Rahm abzuschöpfen. Aber vor allem: Aus vorhandenen Material, ohne hohe Investionskosten einen möglichst gewinnbringenden Umsatz zu erzielen. 

So wird es jedoch nicht funktionieren. Je größer das Angebot wird, je höher die Preise, umso selektiver wird gekauft werden. Angesichts der steigenden Preise, die den Einstieg erschweren, und irgendwann nicht mehr verlockend sein werden, kann die Kaufkraft sogar schwinden. 

Ein letztes Argument für die, die bis hierher mitgelesen haben – auch um den Kreis zu schließen: Wer heute jung und digital aufwächst, braucht starke – hauptsächlich emotionale Gründe – in das Thema Schallplatten einzusteigen, denn tatsächlich stehen viel günstigere Hörmöglichkeiten, aber auch eine Menge anderer interessanter Optionen sein Geld auszugeben, in direkter Konkurrenz dazu. Sich neben Streaming, neben Games, neben Kleidung und Urlauben, noch ein Hobby anzuschaffen, dass sich als kostspielig behaupten will und sich damit immer weiter von den Finanzierungsmöglichkeiten abwendet, mag für ältere Kundinnen annehmbar sein, weil mit dem Medium vertraut sind – Nachwuchs gewinnt man damit langfristig keinen.

Darum wäre es eine dringende Kehrtwende der Industrie, wenn sie mehr in den Markt investieren würde, seine Strukturen unterstützen würde, die Preise in einem vernünftigen Segment stabilisieren könnte und zur Attraktivität langfristig beitragen würde.