Joanna Gemma Auguri im NUN, Karlsruhe 14.3.2025

Das Akkordeon. Es gibt Instrumente, denen haftet die Straße stark an. So stark, dass sie nie richtig Einzug in die heiligen Hallen der Popmusik oder auch nur der Klassik finden konnten. Und es ist dabei vollkommen egal, ob es sich um neue oder alte Klassik handelt. Das Akkordeon ist immer der kleine, wilde Cousin der Orgel. Ein Orchester auf dem Schoss. Geschätzt von all denen, die laut spielen wollen, und darum in der Polka, im Zydeco und ähnlichen Richtungen das treibende Instrument.
Ansonsten Volksmusik, Seefahrerromantik, traurige Tangos und Musette in Frankreich. Joanna Gemma Auguri nutzt den langsamen, geruhsamen, ewig langen, ausklingenden Klang dieses Instrumentes. Ein beruhigender und tiefer Ton, der ihre Stimme unterstreicht und geradezu experimentell mit dem Spiel ihres Gitarristen korrespondiert.
Das NUN und das KOHI haben gemeinsam geladen, und boten mit der Musik von Joanna Gemma Auguri ein kammermusikalisches Event. Nur sie und ihr Gitarrist saßen gemeinsam auf der kleinen Bühne.
Fast minimalistisch arrangiert schlichen sich die Stücke heran, steigerten sich in verspielte, aber immer noch ruhige Tüfteleien, Loop-Sequenzen und verhaltenen Verzerrungen. Da waren die Anspielungen auf Americana, die liegende Steelguitar, die Akzente setzte, jedoch auch Gesang und Atemtechniken, sowie an Wölfe erinnernde Klagen.
Welches wohl das traurigste Stück sei? Wollte Joanna Gemma Auguri gerne von ihrem Publikum nach dem Konzert wissen.
Wenn die Rhythmik durchaus zu Steigerungen bereit war, – und hin und wieder das Akkordeon in düsterer Dramatik eskalierte – blieb es tendenziell melancholisch.
Zeit genug, die Saiten einzeln klingen zu lassen und Bilder zu malen. Die Sehnsucht nach Freiheit. Und überhaupt alles, was in diesem Zusammenhang entstehen konnte.
So war es, das Akkordeon. Ein sanftes Instrument, zurückhaltend gespielt, in einer dichten Atmosphäre verhaftet, und prägend für den ganzen Abend. Weit weg von all dem, was an Richtungen eingangs erwähnt wurde, aber immer noch nahe an der Straße, nahe am kantigen und liebevoll gespielt zu einem klaren, ausdrucksstarkem Gesang.
Sehr gewagt und experimentell dennoch eingesetzt, in der kargen Instrumentierung. In der einzelne Töne die Stücke bestimmten und führten. Im Spektrum der beschriebenen Möglichkeiten, eine interessante, wohltuende Facette.
Und welches das traurigste Stück war, das hätte ich nicht bestimmen wollen. Es war immer das letzte, weil der Nachhall immer der intensivste war. Stark genug um die vorherigen Eindrücke zu verdrängen. Ich hätte es nicht sagen können.
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