Wenn Clifton Chenier der König der Zydeco Music ist, dann ist Al Rapone zweifellos der Botschafter. Ursprünglich aus Kalifornien, als Bruder der ebenso bekannten Queen Ida, war Al Rapone umtriebig und überall unterwegs, wo er willkommen war.
Da Zydeco, egal wo außerhalb Louisianas, immer einen kleinen Exoten-Bonus hat, muss man anerkennen, dass es z.B. sehr gute Aufnahmen Al Rapones aus der DDR gibt.
„Cajun Creole Music“ ist dabei ein Album, dass bei der Vermischung der französischen Tanzmusik mit anderen Einflüssen, einen weiten Bogen spannt. So zeigen sich Spuren der Polka, des spanische-italienischen Einflüsses, um dann wieder zur zur ursprünglichste Form der Cajuns zurück zu kommen.
Al Rapone, der sich auch als Songschreiber hervortat, unterscheidet sich in seinen Wurzeln etwas von den typischen Komponisten seines Genres. Die Grundzüge seines Spiels tragen die farbenreichen Facetten der europäischen Akkordeonkultur. Zwar bedient er sich den Zydeco- und Cajuntypischen französischem Klang, doch wer die Reisen des Instruments durch die Länder verfolgt, der weiß, dass nichts für sich steht, und viele Töne aus einem reichen Fundus schöpfen. Und Al Rapone gehört zu den Zydeco-Musikern, die das zu nutzen wußten.
Tonspur ist eine kleine Reihe, die in kurzen und knappen Beschreibungen (maximal 200 Wörter) sich mit den Alben befasst, die ich im Laufe des Tages anhöre. Sie folgt damit keinem Genre und keiner Reihenfolge. Ist lediglich nummeriert
Man muss zuallererst sagen: Im Grunde heißen fast alle Platten von Clifton Chenier so: „King of Zydeco“. Man tut dem Mann natürlich damit nicht unrecht. Es ist vollkommen klar, dass es nur einen gibt, dem diese Ehre gebührt.
Zydeco ist die ungezogene Sippschaft, die sich die Cajuns mit dem Blues ins Haus holten. Um den kurzen Abriss zu wiederholen: Cajun ist die Kultur der französischen Einwanderer, die sich in den Sümpfen Lousianas an den Tänzen und der Musik ihrer Heimat orientierten. Zydeco ist dagegen eine spätere Melange, die sich aus den Einflüssen entlassener Sklaven, also dem afrikanischen Blues und eben jenem bildeten, was die Cajuns eingeführt hatten. Zydeco wird also französisch gesungen, hat in der Regel ein leitendes italienisches Akkordeon und eine starke Affinität zum Rhythm‘n‘Blues. Führend in dem Metier, und daher überall vertreten, wo Zydeco nur ansatzweise erwähnt wird: Clifton Chenier.
Das Album ist daher ein Best-of-Stampfer, Partytauglich und wegen den bekannten Melodien zum Mitsingen geeignet. Clifton darf hier zeigen, worum es geht, was den Zydeco ausmacht, und warum wir ihn alle mögen. Nichts falsch zu machen damit. Verschwitzt, aufregend und der richtige Einstieg.
Tonspur ist eine kleine Reihe, die in kurzen und knappen Beschreibungen (maximal 200 Wörter) sich mit den Alben befasst, die ich im Laufe des Tages anhöre. Sie folgt damit keinem Genre und keiner Reihenfolge. Ist lediglich nummeriert
Die Akkordeonale ist Familientreffen, Werkschau und aktuelle Bestandsaufnahme eines Instrumentes, das verschrien ist und gleichzeitig geliebt wird. Am Akkordeon scheiden sich die Geister. Ungeachtet aller Widrigkeiten hat es dieses Instrument geschafft, alle Migrationsbewegungen, Auswanderungen und Zusammentreffen verschiedener Kulturen zu bereichern. Dem Akkordeon ist in die Vita geschrieben, dass es laut, kräftig, wütend, klagend, aber auch ungemein offen für neue Wege ist. So findet es sich in fast allen Kreisen, in denen Menschen zusammenkommen, tanzen und ihr Leben feiern. Es ist fester Bestandteil der Cajun- und Zydeco-Musik, des Klezmer und vielen weiteren Volksmusiken.
So ist es nur folgerichtig, dass Servais Haanen in schöner Regelmäßigkeit, einen Abend ganz alleine diesem Instrument und seiner Vielseitigkeit widmet. Seit 2009 präsentiert er, selber aktiver Musiker und Komponist auf diesem Instrument, eine bunte Truppe aus allen Ländern und Stilrichtungen, die innerhalb eine kleinen Tournee die Varianten und Möglichkeiten aufzeigen. Es steckt viel in dem Instrument. Und so manches erstaunt immer wieder.
Das Akkordeon ist die volksnahe Orgel. Das wuchtige Instrument, dass in seiner Lautstärke dominieren kann, aber gleichzeitig klassischen, kunstvollen Pfaden aufgeschlossen ist.
Andrew Waite aus Schottland schwelgte in den Jigs – den lebhaften, heiteren Tänzen seiner Heimat – gab mit dem Fuß den Takt an und das war fast mehr als eine Aufforderung.
Auch Peppino Bande, aus Sardinien, der begleitet wurde von Roberto Tangianu auf der Launeddas, stellte mit flirrenden Fingern seine sardischen Tänze vor. Ungemein schwungvoll, energisch, entschlossen, mit einer Kraft, die in den Bann zog,.
Die Launeddas wurde launig von Servais vorgestellt. Sind es doch Rohrpfeifen, die aus drei, gleichzeitig zu spielenden Elementen bestehen, und allein die Beschreibung klang kompliziert genug, um Anerkennung zu zollen.
Es sind die Anekdoten, die kurzen Vorstellungen der Musiker, die dem Abend einen Teil seiner Einmaligkeit verliehen. In der Kuration der Titel, in der Auswahl seiner Musiker, und dem Mut der Zusammensetzung bewies Servais wieder einmal ein glückliches Händchen. Aber das, was es zusammenhält, war wie immer die Liebe zum Detail, der Spielfreude und dem versteckten Witz in den Erzählungen. Die oft unvermittelt Momentaufnahmen aus dem Charakter der Beteiligten darstellten.
Ergänzt wurde das Ensemble von Johanna Stein, die schon bekannt aus den vorhergehenden Tournee, sich als Bereicherung am Cello erwiesen hat, und das Spiel von Franziska Hatz (Österreich) sowie Helena Sousa Estevez ergänzte. Helena Sousa Estevez erstaunte und faszinierte mit einer Scarletti -Interpretation, aber auch mit dem Wagnis eines neueren Werkes japanischer Komposition.
Die Spannbreite zwischen dem österreichisch geprägten Spiel von Franziska Hatz , das die alpenländische Tradition erweiterte, und diesen eher klassisch beeinflussten Werken zeigte die Möglichkeiten auf. Aber auch, dass die Reise noch nicht zu Ende ist.
Die Akkordeonale zieht nach all den Jahren ein beflissenes Stammpublikum an. Spieler, Interessierte, Fans. Man kennt sich, man kehrt zurück, es ist ein Wiederkennen. Doch ändern sich die Mitmusiker um Servais Haanen jährlich. Allein Johanna Stein am Cello bleibt. Die Auswahl an jungen Talenten, die ihn auf der Tournee begleiten, zeigt auch, dass das Akkordeon aktueller denn je ist. Und schon lange seinen Platz in der Kunst gefunden hat, um trotzdem noch auf dem Tanzboden zu verharren. Man ist gespannt, wie es weitergeht. Denn wie immer wird es, unter der Leitung des bisherigen Moderators, ein virtuoser Abend mit Talenten werden, die es verdient haben, dass man sich ihre Namen merkt.
Das Akkordeon. Es gibt Instrumente, denen haftet die Straße stark an. So stark, dass sie nie richtig Einzug in die heiligen Hallen der Popmusik oder auch nur der Klassik finden konnten. Und es ist dabei vollkommen egal, ob es sich um neue oder alte Klassik handelt. Das Akkordeon ist immer der kleine, wilde Cousin der Orgel. Ein Orchester auf dem Schoss. Geschätzt von all denen, die laut spielen wollen, und darum in der Polka, im Zydeco und ähnlichen Richtungen das treibende Instrument.
Ansonsten Volksmusik, Seefahrerromantik, traurige Tangos und Musette in Frankreich. Joanna Gemma Auguri nutzt den langsamen, geruhsamen, ewig langen, ausklingenden Klang dieses Instrumentes. Ein beruhigender und tiefer Ton, der ihre Stimme unterstreicht und geradezu experimentell mit dem Spiel ihres Gitarristen korrespondiert.
Das NUN und das KOHI haben gemeinsam geladen, und boten mit der Musik von Joanna Gemma Auguri ein kammermusikalisches Event. Nur sie und ihr Gitarrist saßen gemeinsam auf der kleinen Bühne.
Fast minimalistisch arrangiert schlichen sich die Stücke heran, steigerten sich in verspielte, aber immer noch ruhige Tüfteleien, Loop-Sequenzen und verhaltenen Verzerrungen. Da waren die Anspielungen auf Americana, die liegende Steelguitar, die Akzente setzte, jedoch auch Gesang und Atemtechniken, sowie an Wölfe erinnernde Klagen.
Welches wohl das traurigste Stück sei? Wollte Joanna Gemma Auguri gerne von ihrem Publikum nach dem Konzert wissen.
Wenn die Rhythmik durchaus zu Steigerungen bereit war, – und hin und wieder das Akkordeon in düsterer Dramatik eskalierte – blieb es tendenziell melancholisch.
Zeit genug, die Saiten einzeln klingen zu lassen und Bilder zu malen. Die Sehnsucht nach Freiheit. Und überhaupt alles, was in diesem Zusammenhang entstehen konnte.
So war es, das Akkordeon. Ein sanftes Instrument, zurückhaltend gespielt, in einer dichten Atmosphäre verhaftet, und prägend für den ganzen Abend. Weit weg von all dem, was an Richtungen eingangs erwähnt wurde, aber immer noch nahe an der Straße, nahe am kantigen und liebevoll gespielt zu einem klaren, ausdrucksstarkem Gesang.
Sehr gewagt und experimentell dennoch eingesetzt, in der kargen Instrumentierung. In der einzelne Töne die Stücke bestimmten und führten. Im Spektrum der beschriebenen Möglichkeiten, eine interessante, wohltuende Facette.
Und welches das traurigste Stück war, das hätte ich nicht bestimmen wollen. Es war immer das letzte, weil der Nachhall immer der intensivste war. Stark genug um die vorherigen Eindrücke zu verdrängen. Ich hätte es nicht sagen können.