Durchsuchen nach
Schlagwort: KOHI

Emma Elisabeth & Reema im KOHI am 4.10.2025

Emma Elisabeth & Reema im KOHI am 4.10.2025

Emma Elisabeth und Reema im KOHI , Karlsruhe am 04.10.2025
Emma Elisabeth und Reema im KOHI , Karlsruhe am 04.10.2025

Es gibt eine lange Linie bekannter und prägender Frauenstimmen in der Rock- und Popmusik. Ihnen gemeinsam war, dass sie mutiger, künstlerischer und prägnanter sein mussten, um herauszustechen. Die inspirierende Einmaligkeit zwischen Jazz und Folk eine Brücke zu schlagen, wie es einst Joni Mitchell tat, die Lässigkeit einer Rickie Lee Jones, die vergleichsweise brav und dennoch frech und aufmüpfige wirkte oder die Symbiose zwischen Baudelaires Dichtkunst und Punk zu erschaffen, wie es Patti Smith mit der Kraft ihrer Kompromisslosigkeit konnte. 

Ihre Namen und der Sound ihrer Werke sind nicht mehr wegzudenken. Ihre Nachfolge mag schwer sein, aber es gibt Gründe sie zu erwähnen.

Ihnen gemeinsam waren alle Facetten der Möglichkeiten, die ihnen ihre Zeit bot, bewusst zu nutzen – und etwas ganz eigenes, prägnantes daraus zu formen. Emma Elisabeth setzt eine Reihe fort. Als sei sie hingeboren, hineingewachsen und hätte alle die Lehren dieser großen Frauen aufgesogen. Erweitert sie dabei. Das Talent für Songwriting ist ihr gegeben, die Eigenständigkeit ebenfalls.

Die Chance zwei durchaus differente Künstlerinnen zu erleben, die im Duett gekonnt harmonieren, gibt es selten. Der Auftritt von Emma Elisabeth und Reema im KOHI bot die Möglichkeit einer Bandbreite und Abstimmung gewahr zu werden, die man Glücksfall nennen darf.

Die erste Hälfte des Konzertes bestritt Emma Elisabeth alleine. Nur sie und ihre E-Gitarre, die zu Beginn fast zurückhaltend gespielt wurde, aber im Laufe ihrer Songs Wurzeln im Blues fand, Spuren im Americana berührte und immer wieder von der Form und Kunst ihrer Stimme unterstützt wurde. Sie erzählte im besten Storytelling, wechselte, passte an, klang zärtlich, zurückhaltend, herausfordernd und von überraschender Ernsthaftigkeit. Es ist die alte Kunst, in einem Song die Farbe des Dialogs und der Emotionen in das Spiel einfliessen zu lassen. 

Ihre Sprache bleibt dabei klar. Ihre Themen deutlich, verbindlich, aber um Konsens bemüht, und ihre Songs eingängig und griffig. Spielte sie nicht die Gitarre, so nutzte sie das Keyboard. 

Den Abschluss des ersten Sets bildete ein Duett mit Reema. In der Art und Weise der Interpretation, sowie der Färbung der Stimme, gab es faszinierende Unterschiede, dennoch konnten sie sich nicht besser ergänzen. 

Wo Emma Elisabeth eine eher angloamerikanische Variante in der Betonung und Instrumentierung wählte, ist die Höhe und Weite, in der sich Reemas Stimme bewegt, in der europäischen Melancholie beheimatet. 

Ihre Songs weisen traditionelle Strukturen auf. Sie beetrachten in einer ganz eigenen Ruhe und Selbstreflexion die schwierigen und heilsamen Zeiten. Reema lässt und nimmt sich die Zeit, mit Charme und Wärme ihr Publikum zum Verharren einzuladen. 

Ihre Geschichten sind geformt aus schwebenden Worten. Sie berühren allein durch den Klang ihres Gesangs. Ihre Ansagen dazwischen sind  sympathische, geradezu liebenswerte und höfliche Anekdoten. 

In der Kombination mit Emma Elisabeth waren diese Unterschiede das größte Kapital. Das was daraus entstand pure Bereicherung. 

Ein ungewöhnlicher Abend, weil er soviel bot, in einem solch kleinen Rahmen. Beide Musikerinnen teilten sich eine Gitarre. Das Keyboard wurde kaum genutzt, und dieser Minimalismus trug nur dazu bei, die Wertigkeit zu unterstreichen. 

Und um die Kurve zu bekommen, den Kreis zu schliessen, bleibt zu sagen, dass – gemessen an all den Frauenstimmen und dem Songwriting, dass damit verbunden ist – von beiden etwas sehr Persönliches und Einzigartiges geschaffen wurde, dass mehr Beachtung verdient hat und bekommen wird. Den sie gehören zu den Stimmen, die einfach haften bleiben. 

Locations in Karlsruhe: Wir brauchen Informationen fürs „Karlsruher Archiv“!

Locations in Karlsruhe: Wir brauchen Informationen fürs „Karlsruher Archiv“!

KOHI am Werderplatz in der Südstadt Karlsruhe (Symbolbild für die aktuelle Musikszene in Karlsruhe)
KOHI am Werderplatz in der Südstadt Karlsruhe (Symbolbild für die aktuelle Musikszene in Karlsruhe)

Die Band- und Musikgeschichte von Karlsruhe ist –  aus verständlichen Gründen – eng mit der Geschichte der Clubs und Jugendzentren verknüpft. Karlsruhe hat aktuell eine sehr lebendige und gar nicht mal so kleine Szene. Es gibt eine erstaunliche Auswahl an Locations, die sich für Live-Gigs anbieten – auch wenn einige sehr spezialisiert sind und nicht für jeden Act geeignet. So muß man doch unter dem Strich sagen: In Karlsruhe gibt es beispielhaft viele Leute, die sich um die Thematik Kultur kümmern. 

Das bleibt spannend und freut uns sehr. Vor allem Clubs wie das KOHI, das NUN und den Tempel, um nur einige zu nennen (es gibt wesentlich mehr) sind so etwas, wie die Adressen, in denen viele Bands ihre ersten Erfahrungen sammeln können oder in denen unbekanntere KünstlerInnen aus den Nachbarländern ihre Chance auf einen gewissen Bekanntheitsgrad wahrnehmen können. 

Es ist gar nicht genug abzuschätzen, wie wichtig das in einer Zeit ist, in der Playlisten bekannter sind als die darin enthaltenen Interpreten. Das ist eine Entwicklung, die zu einer zunehmenden Anonymisierung im Independent-Bereich führt – gerade bei Leuten, die bisher wenige Veröffentlichungen und kein großes Label hinter sich haben.

Was uns allerdings mehr und mehr interessiert sind auch jene Bühnen und Veranstaltungsorte, die im Laufe der Jahrzehnte verschwunden sind. Oder sich gewandelt haben. Manche Hallen und Räume wurden ehemals gerne für Konzerte genutzt, sind aber durch neue Möglichkeiten komplett aus dem Fokus gerückt. So war zum Beispiel das Anne-Frank-Heim früher für einige Bands (aber auch Rockdiscos) in den Siebzigern ein beliebter Anlaufpunkt. Die Ostadthalle, einst eine Festhalle auf dem Messplatz, wurde ebenfalls nicht selten für Konzerte gebucht. Ebenso gab es auf dem Messplatz durchaus mal ein Zirkuszelt (ich kann mich schwachen so ein Konzert mit den „Strassenjungs“ erinnern). 

Im Jugendzentrum Mühlburg gab es sehr kontrovers diskutierte Auftritte von „Checkpoint Charlie“, das Jugendzentrum Knielingen veranstaltet Festivals und auch in Durlach fand einiges statt, das durchaus wichtig war.

Es gibt Orte, die heute nur noch schwer recherchierter sind, weil die meisten Belege (Flyer, Fotos, Eintrittskarten etc.) verschwunden sind. So gab es in der Kaiserallee 25 zum Beispiel das Capitol. Ein Kino, dass 1956 den Betrieb aufgenommen hat, und irgendwann Ende der Sechziger/Anfang der Siebziger in einen Veranstaltungsort für Konzert gewandelt wurde. Auf wenigen Fotos, die sich im Stadtarchiv finden, kann man Verweise auf bekannte Gruppen, wie zum Beispiel den Scorpions finden. Aber es gibt Gerüchte über ganz andere Namen und Auftritte.

Auch der Keller des Krokodils wurde z.B. oft gerne als Auftrittsort genutzt. 

Kurz: Wir suchen Material. Alles was es an Flyer, Eintrittskarten, Fotos, Streichholzheftchen und Geschichten gibt. Wir suchen Zeitzeugen, die dabei waren und davon berichten können. Ganz besonders würde es uns natürlich freuen, wenn jemand Lust hat davon zu erzählen. Gerne nehmen wir einen Podcast über diese Geschichten auf und hoffen damit etwas Geschichte für alle zugänglich zu machen. 

Wer also z.B. irgendetwas über das mysteriöse Capitol weiß – wir sind unglaublich neugierig, was das war, wie es dort zuging und wer dort spielte. Meldet euch einfach bei andreas@jazznrhythm.com oder bei Dixigas Records in der Ebertstraße 2.

Mustang Fang & Rev. Peyton‘s Big Damn Band im Kohi, Karlsruhe am 06.06.2025

Mustang Fang & Rev. Peyton‘s Big Damn Band im Kohi, Karlsruhe am 06.06.2025

Mustang Fang am 06.06.2025 im Kohi, Karlsruhe

Karlsruhe. Die Sommer können heiß werden. Dann dampft der Rhein, die Schwüle hält sich in der Ebene und alles ist viel näher am Mississippi als man glaubt. Kein Wunder also, wenn hier Bands wie Mustang Fang entstehen. Mustang Fang sind dann eine Hochgeschwindigkeitsfahrt durch die Altrheinarme. Stechmücken klatschen an die Scheibe, Blätter schlagen links und rechts ran, nichts hindert, alles bleibt zurück, und gedrosselt wird nicht.

Mustang Fang reißen das Ding schon seit 2019. Sind zu zweit, beschränken sich auf Gitarre und Schlagzeug und ziehen es durch. Als bliebe ihnen nichts anderes übrig. Dreckig, rau, verschwitzt und immer im richtigen Tempo. Blues für die festgestampfte Erde. Das geht, das funktioniert, und braucht einen Ort wie das Kohi, in dem alles nah, alles echt und alles in die Südstaaten gebeamt wird.

Der Abend war dem Blues gewidmet. Mustang Fang hatten die Ehre ihn einzuleiten, und sie taten es mit aller Wucht und Dreistigkeit. Das Schlagzeug so trocken, dass es brennen müsste, die Gitarre, die fast dagegen ankämpfte. Musik für Schuppen, in denen das Bier billig und Stunden gezählt sind. Wenn alle schon verschwitzt sind, jeder genug intus hat, und keiner heim will, dann ist das wohl die Zeit für Mustang Fang. Konnten ja bloß aus Karlsruhe sein, wo sonst kennt man das Gefühl, dass die Hitze nicht weichen will. 

Rev. Peyton‘s Big Damn Band im KOHI, Karlsruhe am 06.06.2025

Der richtige Opener für Rev. Peyton’s Big Damn Band. Zugegeben: ich hatte es vergessen, ich kannte die Band schon seit 10 Jahren. Es war an der Zeit. Waschbrett, Gitarre, Schlagzeug. Irgendwo zwischen Tradition und Moderne. So weit gereist, so intensiv auf Tour, dass die Choreographie und die ersten Minuten saßen. Rev. Peyton‘s Big Damn Band hatten alles im Griff. Ein Repertoire, das so ausreichend wie vielseitig war. 

„Washboard“ Breezy („The Miss Elizabeth of Country Blues“) schrubbte alles voran. Unterstützt von Jacob Powell an den Drums. Reverend Peyton war der stämmige Ruhepol, der Gitarrenvirtouse und Sänger. Eine Reise durchs Genre, zusammengerafft auf einen Auftritt. 

Die Verwandschaft zum Soul, die Tiefe des Rhythm‘n‘Blues, die Spuren des Rock‘n‘Roll, die treibende Kraft des Stadionrocks – alles in einem Ritt. Reverend Peyton spielte auf der Axt, „Washboard“ Breezy‘s Waschbrett fing Feuer und Jacob Powell trommelte auf Eimern. 

Genug um zu beweisen, dass ein kleiner Raum groß genug wäre. Eine Live-Band für den Tanzabend, den wir alle brauchten. Heilbronn, wo sie demnächst spielen, ist nur eine Stunde entfernt. Ihr habt noch die Chance. Sie sind kraftvoll, zielsicher und ihr werdet es nicht bereuen. Wenn ihr laut genug schreien und mit den Füßen aufstampfen könnt.

Externe Links: 

Rev. Peyton‘s Big Damn Band – https://www.bigdamnband.com

Mustang Fang (Bandcamp) – https://mustangfang.bandcamp.com

SAFI im Kohi, Karlsruhe 15.05.2025

SAFI im Kohi, Karlsruhe 15.05.2025

Safi im Kohi am 15.05.2025

Es war anders. Und das umschreibt schon vieles. Bei SAFI war es anders. In der Regel, wenn es ganz normal läuft, komme ich heim, und schreibe über ein Konzert. Manchmal, wenn ich müde bin, oder nochmal darüber nachdenken will, dann findet es am nächsten Tag statt. Zu einer Tasse Kaffee. Vielleicht in der Sonne, häufig bei Zugfahrten. Wenn es läuft, dann läuft es.

Bei SAFI war es anders. Ich hatte eine Menge Bilder vor mir, die mir passend erschienen, aber im Kontext dann doch nicht funktionierten. Es wurde nicht rund. SAFI war schwer fassbar.

Die aktuellen Berichte, Texte und Beschreibungen ihrer Musik stellen ihre exaltierte, stark ausgeprägte Gesangsleistungen in den Vordergrund. Die raue, brüchige Stimme, die Schreie, und die Art und Weise ihrer Intonation mit sich selbst. Ihrem eigenen Chorgesang und den Bildern ihrer Lyrics

Gitarre.Bass und Schlagzeug, sowie Keyboard. SAFI reduzierte den Sound auf die stärksten Elemente. Es war dieses Singen, Schreien, Krächzen, in allen Klangfarben. Sie bediente sich bei den Möglichkeiten. Jene der deutschen Sprache. Und all ihre Bruchstücke. 

SAFI nahm den Metal, den Punk und den Chanson in der rohesten Fassung. Zerpflückt dieses. Und behielt nur das Beste. 

All das, was wir in den letzten Jahrzehnten gelernt habe. Das von der Neue Deutsche Härte, aber auch ihren ZerstörerInnen.

Was blieb, das waren Töne und Metaphern, gepaart mit dem rohem Schlagzeug. Dem treibenden Bass und der Stimme von Safi. 

Für SAFI war es ein Comeback ins KOHI. Vor 6 Jahren war sie schon mal da, vergessen jedoch nicht. Die Energie war fokussiert, die Wut geballt und die Bilder mehrdeutig. SAFI machte es ihren HörerInnen nicht einfach. 

Sie konfrontierte, modulierte mit Sprache und Ausdruck, startete das Gewitter, um es abzumildern und spätestens im nächsten Stück wieder losbrechen zu lassen. Natürlich war das ein Ausreizen, ein Ranholen, ein Spiel mit den Möglichkeiten. Das war die Kraft des Schlagzeugs, der Loop eines Chores, die brachialen Klänge des Keyboards, nur übertroffen von ihrer Gitarre. 

Der Fundus, aus dem sie schöpfte, das Liedgut, das sie bemühte und die – sagen wir – die Tradition, auf die sie sich berufen könnte, wären in all seiner überfrachteten Theatralik, auch das Kunstlied avantgardistischer Bewegungen gewesen. Um hier den Bezug zum Eingang zu schaffen, den Bogen zu spannen und das Thema zum Ende zu führen: SAFI suchte die Grenzen und ihre Überwindung. Das schmerzte und machte bewusst. 

Diese Art der Musikbetrachtung und die Beschreitung des Weges – deutsch, mit schweren Methaphern und Bildgebungen – in dunklen Räumen und der Mitte des Publikums, das hat auch etwas von Beschwörung, Einschluss und einem Kunstverständnis, dass über die Schönheit hinaus die Wahrheit sucht. Dafür gebührt Respekt. Und Hochachtung vor dem Mut. 

Und ganz ehrlich – man braucht seine Zeit um ihr gerecht zu werden.

Externe Links:

SAFIhttps://safimusic.com/

Kohi- https://kohi.de/