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Schlagwort: Chanson

Daënk bei Dixigas-Records am 23.09.2025 (Release-Konzert)

Daënk bei Dixigas-Records am 23.09.2025 (Release-Konzert)

Daënk bei Dixigas-Records in Karlsruhe am 23.09.2025
Daënk bei Dixigas-Records in Karlsruhe am 23.09.2025

Jahre später will jeder dabei gewesen sein. Alle erzählen dann davon, und die meisten kennen Details. So ist das mit Releasekonzerten. Das ist schon ein wichtiger Grund tatsächlich dabei gewesen zu sein. 

Daënk stellte in den Räumen von Dixigas Records sein neues Album „Alles hat einen Sinn“ in kleinem Kreis vor. Dixigas Records präsentieren in unregelmäßigen Abständen für freien Eintritt bzw. sogenannten Hut-Konzerten regionale KünstlerInnen, die ihre neuen Veröffentlichungen feiern möchten. Einladungen erfolgen dabei meist über die sozialen Medien, also Instagram, Threads, Facebook und ähnlichen Plattformen. 

Die Chance nutzte Daënk . (Nebenbei: Das verflixte ë erreicht man beim Mac übrigens über Option+U und danach einfach e klicken. Beim Iphone/Ipad lange genug auf dem e mit dem Finger bleiben, dann gibt es eine Auswahl. Bei Windows ist es Alt+0235 (Alt + 137). Wer in Zukunft so tun will, als wäre er oder sie dabeigewesen: Damit schreibt sich das richtig.)

Ursprünglich aus der Liedermacherszene, also mit Stimme und akustischer Gitarre unterwegs, ist der Sound nun kräftiger, voluminöser und stark geprägt von der Band, die ihn live unterstützt. Aufgrund der Platzsituation kam bei diesem Auftritt nur Notebook zum Einsatz, allein Daënk repräsentierte den kraftvollen Sound. Während sein Produzent, gleich einem emsigen DJ,  die instrumentale Begleitung ausbreitete. 

Ungewöhnlich und ausgesprochen kraftvoll setzt er dabei die deutsche Sprache ein. In der Orientierung an dem Rocksound der 90 angelehnt, mit aktuellen Verweisen und entsprechenden Spuren, nutzt er die intensiven Möglichkeiten, die ihm seine Stimme bietet. Das kommt schmeichelnd, und dann wieder wuchtig, das kommt fett und gesteigert mit der richtigen Einstellung. 

Release-Konzerte sind Überzeungsarbeit. Auf beengtem Raum, zwischen Plattenkisten, und einer durchaus beeindruckenden Lightshow blieb nicht soviel Platz für eine Live-Performance, doch eine Ahnung davon, wie Daënk die Bühne ausnutzt, wenn er demnächst in der Stadtmitte (am 11.10.2025) auftreten wird. 

Das alles im Rahmen der Veröffentlichung des neuen Albums, das in der Vinylversion auch bei DIxigas-Records zu erhalten sein wird. Allein die Tatsache, dass seine Texte komplett in Deutsch eine Melange aus Chanson und Rock-Akkorden bilden, gebührt Anerkennung. Geht er doch den mutigen Weg nicht nur die tragischen Momente, und Zeiten der Melancholie zu besingen, sondern auch die Liebe, die Möglichkeit dieser wieder zu begegnen und die Freundschaften zum Thema zu machen. Etwas, was die Bandbreite der Optionen ausnutzt und nicht nur wohlwollend, sondern lobend zur Kenntnis genommen wird. 

Daënk hat damit den Mut bewiesen, sich mit voller Stimme und Ausdruck in ein Feld zu begeben, dass ihn zu einem Act macht, den ihr nicht all zu oft verpassen solltet. Gebt dem Mann die Bühne, die er braucht. 

To Athena (Support Gina Été) im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025

To Athena (Support Gina Été) im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025

To Athena im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025
To Athena im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025

Was sofort bei To Athena auffällt, ist die Größe der Band und das klare Konzept. Als die komplette Gruppe die Bühne des kleinen Saals im Tollhauses betrat, wäre nicht mehr viel Platz für weitere MusikerInnen gewesen. Mit neun Bandmitglieder, alle gekleidet in schwarz-weiß,  brachte sie schon ein reichhaltiges und interessantes Instrumentarium mit sich. Bratsche, Geige, Harfe, Cello Bass, Gitarre, Schlagzeug und Keyboard. Und natürlich ihr Gesang. Da blieb Raum und Platz für vieles. 

Gina Été im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025
Gina Été im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025

Eingeleite und supported von Gina Été, einer jungen Künstlerin, die ebenso wie To Athena aus der Schweiz kommt, bewegte sich der Abend in einem Bereich, den man gerne experimentellen Pop nennen möchte. Gina Été bestritt als Solistin mit Geige und Keyboard die erste halbe Stunde des Abends. Zumeist ruhige, lyrische Songs, deren Stimmung und Interpretation von einer hohen Wandlungsfähigkeit in Dramatik und Spannung zeugten. Dabei wurde die Geige zum einleitenden Instrument, das im weiteren die Melodie gezupft unterstützte. Töne für Schweizer Bergseen, weite Landschaften, tiefe Einblicke und schlafende Fabelwesen. Auch wenn es irgendwann um den Abschied aus Köln ging.

In der Tendenz ruhig, im Aufbau immer der Spannung verpflichtet, leitete Gina Été charmant zu To Anthena über. Die sie dann, als Mitglied des kleinen Orchesters, mit ihrer Geige unterstützte. To Anthena ist ein auf den Punkt gebrachtes Projekt, dessen Ausgeklügeltheit Staunen macht. Die Professionalität des Auftritts paarte sich mit einer scheinbaren Leichtigkeit, dem das Publikum innerhalb der ersten Songs verfiel. 

Trotz des breit angelegten Backgrounds, des musikalischen Fundaments und der Leistung aller Musikerinnen, blieb dem Spiel mit Steigerung und Effekten, immer eine Eingängigkeit und Kunstfertigkeit gleichermaßen erhalten. In der Mischung aus schwyzerdütschem und englischem Material machte To Athena ihre Authentizität und Begeisterung zu einem wichtigen Bestandteil des Konzertes. Sprach ich von experimentellen Pop, ja, dann war das der Fluch ein Genre benennen zu wollen. Denn To Athena ist irgendwo in dem Bereich, in dem die großen Gesten des Chansons, die Dramatik des Pops und die Finesse der Kammermusik greifen kann. 

To Athena im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025
To Athena im Tollhaus, Karlsruhe am 12.09.2025

Den Luxus und das Gefühl MusikerInnen mit klassischen Instrumenten um sich zu scharen, um den Songs eine beeindruckende Ausdruckskraft zu verleihen, muss man loben. Waren es doch genau diese Sequenzen, die neben der gelungenen Lichtchoreographie, mit zu den nachhaltigsten gehörten.

In der Bewegung eine Diva, ausschweifend, groß angelegt und akzentuiert. Und im Gesang herausragend und mit einem weiten Spektrum in der Stimme beschenkt, das ihr vieles erlaubt. So war ihre Interpretationen der eigenen Songs raumgreifend, oder besser saalfüllend. In Tonart und Wirkung ausgesprochen überzeugend.  

Forderte sie ihr Publikum zum Chor auf, riss sie es mit einer Nonchalance hin, die zum Abschluss zu stehendem Applaus und zwei Zugaben führte. Sang sie, wurde sie stille, so schwieg man, um danach in Jubel auszubrechen. Ein Experiment, ganz ohne Begleitung, ohne Verstärkung zu singen, krönte den Abend und zeigte, das alles stimmte, aber es auch ganz leise geht. Und trotzdem funktioniert. 

Tonspur Nr. 16: Hildegard Knef „Spricht und Singt Tucholsky“

Tonspur Nr. 16: Hildegard Knef „Spricht und Singt Tucholsky“

Hildegard Knef - singt und spricht Tucholsky

Titelliste:

  1. Liebespaar am Fenster
  2. Halt auf freiem Felde
  3. Danach
  4. Rezepte gegen Grippe
  5. In Japan ist alles so klein
  6. Wie wird man Generaldirektor?
  7. Der Kontrollierte
  8. Deutscher Abend
  9. Zeugung
  10. Augen in der Großstadt
  11. Das Lächeln der Mona Lisa
  12. Die Unpolistische
  13. Ein Glas klingt
  14. Nur –
  15. Machen Sie das mal den ganzen Tag
  16. An das Publikum

Hildegard Knef ist Pflichtprogramm. Sehe ich ein Album von ihr, nehme ich es mit. Es kommt zu doppelten Beständen in meiner Sammlung. Es finden sich abgeliebte und zerkratzte Exemplare. Egal. Hildegard Knef muss sein. Das Metier ist in Deutschland schwach besetzt und Göttinnen sind in unserem Land kaum benannt. Jemand wie die Knef, wäre sie Frankreich, Brasilien oder Amerika angesiedelt, hätte den verdienten Ruhm, einen  Platz im Museum und jedes Jahr eine neue Sonderausgabe ihres Liedgutes.

„Spricht und singt Tucholsky“ ist eine Mischung aus Gedichten, Texten und Liedgut von Kurt Tucholsky. Aufgenommen 1964 in München unter der Leitung ihres fast immer begleitenden Arrangeurs Gert Wilden. Internationales Format, wie alles was Hildegard Knef veröffentlicht hat. Ausdrucksstark auch in der Interpretation der Erzählungen.  Hildegard Knef bewies damit ihre Größe in der Wiedergabe der Literatur, genauso wie ihre Alleinstellung der frühen Annäherung an die Chansons. 

Im Gegensatz zu sehr populären Alben ist diese LP mit ihrem störrischen Anspruch an die Kunstfertigkeit etwas vergessen, findet sich in Reste- und Ramschbeständen. Hat sie aber nicht verdient, denn spätestens hier lernt man ihre Leistung für die Musik und die Entwicklung hierzulande zu schätzen. Hildegard Knef war die, die schon früh gewagt hat, was manche anderen erst heute aufgreifen.

Tonspur ist eine kleine Reihe, die in kurzen und knappen Beschreibungen (maximal 200 Wörter) sich mit den Alben befasst, die ich im Laufe des Tages anhöre. Sie folgt damit keinem Genre und keiner Reihenfolge. Ist lediglich nummeriert

Joanna Gemma Auguri im NUN, Karlsruhe 14.3.2025

Joanna Gemma Auguri im NUN, Karlsruhe 14.3.2025

Joanna Gemma Auguri und ihr Gitarrist im NUN, Karlsruhe, 14.03.2025

Das Akkordeon. Es gibt Instrumente, denen haftet die Straße stark an. So stark, dass sie nie richtig Einzug in die heiligen Hallen der Popmusik oder auch nur der Klassik finden konnten. Und es ist dabei vollkommen egal, ob es sich um neue oder alte Klassik handelt. Das Akkordeon ist immer der kleine, wilde Cousin der Orgel. Ein Orchester auf dem Schoss. Geschätzt von all denen, die laut spielen wollen, und darum in der Polka, im Zydeco und ähnlichen Richtungen das treibende Instrument. 

Ansonsten Volksmusik, Seefahrerromantik, traurige Tangos und Musette in Frankreich. Joanna Gemma Auguri nutzt den langsamen, geruhsamen, ewig langen, ausklingenden Klang dieses Instrumentes. Ein beruhigender und tiefer Ton, der ihre Stimme unterstreicht und geradezu experimentell mit dem Spiel ihres Gitarristen korrespondiert. 

Das NUN und das KOHI haben gemeinsam geladen, und boten mit der Musik von Joanna Gemma Auguri ein kammermusikalisches Event. Nur sie und ihr Gitarrist saßen gemeinsam auf der kleinen Bühne.

Fast minimalistisch arrangiert schlichen sich die Stücke heran, steigerten sich in verspielte, aber immer noch ruhige Tüfteleien, Loop-Sequenzen und verhaltenen Verzerrungen. Da waren die Anspielungen auf Americana, die liegende Steelguitar, die Akzente setzte, jedoch auch  Gesang und Atemtechniken, sowie an Wölfe erinnernde Klagen.

Welches wohl das traurigste Stück sei? Wollte Joanna Gemma Auguri gerne von ihrem Publikum nach dem Konzert wissen.

Wenn die Rhythmik durchaus zu Steigerungen bereit war, – und hin und wieder das Akkordeon in düsterer Dramatik eskalierte – blieb es tendenziell melancholisch. 

Zeit genug, die Saiten einzeln klingen zu lassen und Bilder zu malen. Die Sehnsucht nach Freiheit. Und überhaupt alles, was in diesem Zusammenhang entstehen konnte. 

So war es, das Akkordeon. Ein sanftes Instrument, zurückhaltend gespielt, in einer dichten Atmosphäre verhaftet, und prägend für den ganzen Abend. Weit weg von all dem, was an Richtungen eingangs erwähnt wurde, aber immer noch nahe an der Straße, nahe am kantigen und liebevoll gespielt zu einem klaren, ausdrucksstarkem Gesang. 

Sehr gewagt und experimentell dennoch eingesetzt, in der kargen Instrumentierung. In der einzelne Töne die Stücke bestimmten und führten. Im Spektrum der beschriebenen Möglichkeiten, eine interessante, wohltuende Facette.

Und welches das traurigste Stück war, das hätte ich nicht bestimmen wollen. Es war immer das letzte, weil der Nachhall immer der intensivste war. Stark genug um die vorherigen Eindrücke zu verdrängen. Ich hätte es nicht sagen können.

Externer Link: Joanna Gemma Auguri – https://joannagemmaauguri.com

Externer Link: NUN – https://nun.cafe

Externer Link: Kohi – https://kohi.de