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Schlagwort: Ragnar Olafsson

Árstíðir in der kleinen Kirche, Karlsruhe am 3.12.2025 (ein NUN-Konzert)

Árstíðir in der kleinen Kirche, Karlsruhe am 3.12.2025 (ein NUN-Konzert)

Aristdir in der Kleinen Kirche in Karlsruhe (ein NUN-Konzert) am 3.12.2025
Aristdir in der Kleinen Kirche in Karlsruhe (ein NUN-Konzert) am 3.12.2025

Verlässt das NUN seine Räume, dann hat das gute Gründe. Arstidirs letztes Konzert im NUN zeigte schon, dass der Andrang beträchtlich war. So war es nicht verwunderlich, eine Stunde vor dem Konzert in der kleinen Kirche in der Kaiserstraße Menschen, die bis zur Mitte der Fußgängerzone standen, anzutreffen.

Die kleine Kirche, ursprünglich aus dem Jahr 1722 – in der heutigen Form fertig gestellt 1776 -ist das älteste Gotteshaus der Stadt und gehört damit zu den Gebäuden, die noch aus der Zeit der Gründung stammen. Ihre Größe und der historische Erhalt des Platzes, an dem sie etwas zurückgesetzt in der Innenstadt Raum für Ruhe bietet, macht sie zu einem Schmuckstück in der eher geschäftigen Einkaufszone um den Marktplatz.

Konzerte in ihrem hell ausgestatteten, zurückhaltend geschmückten Innenraum gehören daher zu den kammermusikalischen Ereignissen, sind gut besucht und finden fast regelmäßig statt. Ungewöhnlicher ist dennoch das Gastspiel einer isländischen Band, die in einem Zwischenbereich aus rockigen Anklängen, Wurzeln in der heimischen Volksmusik und vielstimmigen Acapellagesang angesiedelt ist.

Aristdir in der Kleinen Kirche in Karlsruhe (ein NUN-Konzert) am 3.12.2025
Aristdir in der Kleinen Kirche in Karlsruhe (ein NUN-Konzert) am 3.12.2025

Früh war abzusehen, dass das Konzert ausverkauft sein würde, hatten Arstidir doch schon bei ihrem letztjährigen Gastspiel überzeugt. In schlichtem Weiß gehalten, rücksichtsvoll ausgeleuchtet, bot ihnen der Altarbereich die Möglichkeit dieses ein weiteres Mal zu vollbringen und ihren Sound zu entfalten.

Es gehört zu den geschätzten Eigenheiten Islands, eine Musiktradition entwickelt zu haben, die vor allem den mehrstimmigen Gesang in der Gemeinschaft zu einer Kunstform machte. Innerhalb der Bevölkerung gepflegt, und im familiären und Freundeskreis als Bestandteil der Treffen und Feste erhalten, gehört es zum Repertoire der Gruppe. 

Arstidir beherrschen die Rhythmen, lassen viele Einflüsse in ihren Stücken zu, aber es gehört eindeutig zu den schönsten und gefühlvollsten Momenten, wenn sie den Bühnenbereich verlassen und sich ohne Instrumente vor ihr Publikum stellen. Hier zeigt sich, welch gute Wahl die  Location des Abends war. Wie sehr sich eine kleine, geschichtsträchtige Kirche für die Werke einer weit gereisten Band anbietet.

Die aktuelle Tour nennt sich „Vetrasól“, und kann aus dem isländisch mit „Wintersonnenwende“ übersetzt werden. Dieses ist – so erklärte Ragnar Olafsson (Klavier, Gesang) – der kürzeste Tag im Jahr, ein Zeitraum, in dem die Dunkelheit überwiegt, aber gleichzeitig ihr Höhepunkt ist und damit der Beginn für den Wiedereintreffen des Lichtes.

Die Kontraste Islands, die überschaubare Bevölkerungszahl, die harten Winter und der Wechsel zwischen Sonne und Dunkel, sind sicherlich auch ein Grund, warum der Hang zur Dramatik in ihrem Liedgut stark verankert ist. Die Band kokettiert damit, erwähnte es schmunzelnd, aber wußte damit auch den Hall und Möglichkeiten des sakralen Gebäudes zu nutzen. 

Begleitet von den beiden Mitspielern an Cello und Geige, unterstrich Arstidir  (neben Ragnar Olafsson gehören auch Daníel Auðunsson -Gitarre Gesang und Gunnar Már Jakobsson – Gitarre, Baritongitarre, Gesang – zur Stammbesetzung) das Variantenreichtum ihrer Musik.

Im Gitarrenspiel gekonnt,  waren – wie auch in der kammermusikalischen Begleitung –  Bezüge zur Klassik, aber auch verwandten Spielweisen aus anderen Regionen erkennbar. Mit klarer Stimme, aber in ganz unterschiedlichen Tonlagen, vermittelten sie Weite und die passende Atmosphäre zur kühlen Jahreszeit. Transportierten damit ihr Publikum in die kleinen Kirche an ganz andere Orte. 

Faszinierend – trotz dem Einsatz von Trommeln und der rhythmischen, durchaus schwungvollen Interpretation –  war die  feierliche, fast sakrale Grundstimmung. Wie geschaffen für den Rahmen, der in einer ruhigen Adventszeit einen Höhepunkt darstellte. 

Aristdir in der Kleinen Kirche in Karlsruhe (ein NUN-Konzert) am 3.12.2025
Aristdir in der Kleinen Kirche in Karlsruhe (ein NUN-Konzert) am 3.12.2025

Arstidir sind damit eine Band, zu deren Vermögen es gehört, die Moderne mit den bestehenden Traditionen fliessend zu verbinden. In einer Harmonie zu präsentieren, die den Kirchenraum mit all der Höhe und den Möglichkeiten, die er beinhaltet,  ausfüllte. 

In Erinnerungen bleiben wird, wie sie inmitten des Kirchenschiffs, zwischen den Bänken der Anwesenden ohne Instrumente und elektronischer Unterstützung, ein fest verankertes Trinklied aus dem Isländischen besangen. Aber auch, wie sie aus dem Publikum einen Chor bildeten, der in in einer Variante des Kanon – zweigeteilt nach den Bänken –  ihre Stimmen begleiteten. Als wäre es ein fein justiertes Instrument, das sie gerade, spontan geformt haben. 

Arstidir sind nicht das Jahresabschlusskonzert des NUN – es folgen noch ein paar – aber mit Sicherheit eines, das in dieser Kombination im Gedächtnis verankert sein wird.

Externe Links

Árstíðir – https://arstidir.com/

NUN – https://nun.cafe/

Die kleine Kirche – https://www.stadtkirche-karlsruhe.de/unsere-kirchen/kleine-kirche/