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Tag: Gitarre

Love‘n‘Joy im Kohi, Karlsruhe am 02.04.2025

Love‘n‘Joy im Kohi, Karlsruhe am 02.04.2025

Es wirkte sehr weit weg. Und ist dennoch vertraut wie eine Kindheitserinnerung. Love‘n‘Joy kommen in der klassischen Besetzung. So wurde der Rock‘n‘Roll erfunden. So ging es im Hardrock weiter. Gitarre, Schlagzeug, Bass. So minimal wie möglich, so effektiv wie nötig. Genau richtig für das Kohi. Ehrlich genug für den Club. 

Schlaghosen, gemusterte Hemden, lange Haare, den Blick auf die Gitarre, auf die Schuhe und auf den Boden. Und dazu das richtige Posing, die Gestik und den Sprung ins Publikum. 

Love‘n‘Joy sind das heimelige Gefühl, wieder dort angekommen zu sein, wo die Musik authentisch, die Riffs griffig und die Effekte gering waren. 

Der Name erinnert an den einen Sommer, den jeder von uns im Kopf hat. Die Tage im Frieden, den Morgen im Tau, die Nächte berauscht. Und dazu gerader, schörkelloser Hardrock, auf die Spitze getrieben, klar in der Aussage und liebenswert in seiner Ernsthaftigkeit. 

Love‘n‘Joy präsentierten sich mit Charme und Spielfreude. Ungeachtet dessen, dass die Band aus Kiew kommt. Alles ist ungewiss in diesen Tagen. Verbündete werden zu Gegner, und Gegner bleiben beständig. Die Ukraine befindet sich nach wie vor im Krieg. Überschattet alles. So hing die Flagge, jetzt am Ende der Tour am Mikrofonständer. Unterzeichnet von all denen, die auf den Frieden hoffen. Die den Krieg weder dort, noch vor irgendeiner anderen Haustür sehen wollen. Das Publikum in Europa hat unterschrieben, und die Fahne selbst wird nach Beendigung der Tour versteigert.

Love’n’Joy boten eine Zeitkapsel an. Sie zitierten die vergangenen Genres, spielten den Bass funky, die Gitarre auch mal verzerrt – mit Reminiszenzen an die psychedelischen Konzert ihrer Vorgänger, aber vor allem mit großer Lust und cleveren Tönen. An jenen Stellen, an denen sich auf anderen Konzerten zwanzig zusammengeschraubte Effektgeräte und 5 Gitarren befinden, zu denen im Wechsel gegriffen wird, legten sie den Hut nieder, die Jacke ab und blieben dabei. 

Es musste rocken, es musste vorangehen, es musste im Publikum neben der Luftgitarre gespielt werden. Und damit maximal bodenständig. Es ist der Hardrock in all seiner Unschuld. Irgendwo zwischen Jugendclub und Stadion. Gekonnt, um das Haus zu füllen. Mit einem Lächeln, das nahbar bleibt. 

Und damit klang alles erstaunlich frisch. Als wäre es gestern erfunden worden, mit Spaß im Proberaum geschliffen und nun dem Publikum präsentiert. So funktionierte das früher – und immer noch heute. Das Publikum tanzte, war begeistert, wurde mit einbezogen und am Schluss mit einem Spiel belohnt. 

Das Ende der Tour bedeutete auch ein bißchen Party. Merch-Verlosung. CDs wurden verschenkte, Geschichten erzählt und wie es auf guten Partys läuft, auch Selfies gemacht, um es ganz klar zu sagen, das gibt ein Wiedersehen. Im Frieden. Nach diesem ganzen Chaos. Hoffentlich.

Externer Link: Love‘n‘Joy (Beacons) –https://beacons.ai/lovenjoyband

Externer Link: Love‘n‘Joy (Instagram) – https://www.instagram.com/lovenjoyband/?hl=de

Externer Link: KOHI – https://kohi.de/

Sunswept Sunday im KOHI, am 26.03.2025

Sunswept Sunday im KOHI, am 26.03.2025

Gewohnt bin ich im KOHI die härtere Gangart. Wohl auch experimentell. Aber den Abend verbringt man -in der Regel – mit der Bierflasche in der Hand, stehend, vielleicht an der Wand gelehnt. Bereit den Kopf zu nicken, die Füße zu wippen, leicht angedeutet vielleicht die Luftgitarre zu spielen. All das eben.

Sunswept Sunday sind ein Jazz-Duo. Noch dazu eines, dass ausschließlich Stücke des legendären Duke Ellington spielt.

Nun war Duke Ellington ein Pianist. Und Bandleader. Ein Musiker und Komponist, der heute noch von Joe Jackson und Stevie Wonder verehrt wird. Um nur zwei zu nennen. Die Liste würde wahrscheinlich unendlich lang werden, wenn man seinen Einfluss und seine Inspiration für andere MusikerInnen abbilden müsste. 

Sunswept Sunday gehen die Geschichte anders an. Höchst orginell und spannend wagen sie sich in ihrer Zweierformation, mit ungewöhnlicher Instrumentierung und Ausrichtung an Nummern, die ehedem für Bands oder klassische Jazzformationen geschrieben wurden.

Dabei spielt Torsten Papenheim Gitarre, Melodica und eine kleine Menge Mini-Percussion-Instrumente, die ebenso aus der Küche , wie aus anderen Kulturkreisen stammen können. Daniel Kartmann möchte man fast traditionell nennen am Schlagzeug, wäre da nicht das dominierende Hackbrett und ähnliche Dinge, die ich nicht beim Namen kenne.

Heraus kommt eine fast träumerische und hin und wieder ausgesprochen bluesige Variante der alten Klassiker. Was sich dem Publikum auf diesem Wege anbot, war der Soundtrack für Roadmovies, die in Lousiana beginnen und im Mittleren Osten ihr Ende finden. Im KOHI boten sie eine Querschnitt ihrer Pandemie-LP „Halfway to Dawn“, die sowohl den Titel, der als Grundlage für ihren Namen dient, wie auch weitere Stücke, die aus der Bandleader Zeit von Duke Ellington enthält.

Die Popularität und Kenntnis in Bezug auf Duke Ellington mag durchaus nicht mehr aktuell sein, die Stücke von Sunswept Sunday boten hier jedoch den Ausweg. Auch ohne Kenntnis der farbigen Geschichte des großen Jazzmusikers war es möglich sich auf den melodiösen Sound einzulassen. 

Im Gitarrenspiel von Torsten Papenheim war alles zu erkennen: Ursprung und Bestimmung den Jazz. Die Wurzeln des Blues, der harten metallenen Delta-Variante, und die kunstvolle Bearbeitung, die er im Jazz erfuhr und wie er seine Wege in die aktuelle Moderne fand.

In der Bearbeitung mit Hackbrett und Melodica, einem vollkommen anderem Arrangement, als wie man es mit der Zeit und der Herkunft dieser Musik verband, war Raum für Details, die das Zeug hatten, die Stücke zu veredeln und etwas neues zu machen.

Nimmt man die guten Erklärungen von Torsten Papenheim weg, der immer wieder den Kontext beleuchtet, dann bleibt dennoch eine Musik, die fern ihrer schriftlichen Fixierung, eine ganz eigene Klangfarbe entwickelte. Jazz, traditionell, aber gleichzeitig staubig,und karg genug, um in der Zurückhaltung einen Weg auch denen zu zeigen, die eher kritisch damit umgehen möchten. Jazz aus den Clubs, den verrauchten Hallen, in die Sonne und auf die Straße. Faszinierend in der Umsetzung. 

Das Publikum schwieg, lauschte, und folgte der Reise.

Externer Link: Sunswept Sunday –http://www.danielkartmann.de/projekte/sunswept-sunday

Externer Link: Sunswept Sunday –https://torstenpapenheim.de/performing-projects/sunswept-sunday/

Externer Link: Kohi – https://kohi.de/

Ellen Sofie Hovland in der Kulturkirche Jakob, Oslo, 11.02.2025

Ellen Sofie Hovland in der Kulturkirche Jakob, Oslo, 11.02.2025

Ellen Sofie  Hovland in der Kulturkirche Jakob, Oslo, am 11.02.2025

Unweit vom Rockefella, das ich gestern besuchte, befindet sich die Kulturkirche Jakob. Die Kulturkirche ist, wie der Name schon andeutet, eine altes Sakralgebäude, das mittlerweile hauptsächlich für Konzerte genutzt wird. Die Kirchenfunktion erfüllt sie nicht mehr, Gottesdienste finden keine mehr statt. Zwar hat es nun ein Bar am Eingang, sowie im unteren Kellerbereich Toiletten und Garderobe, aber vieles blieb erhalten und wurde architektonisch nicht verändert. Die Toiletten sind, wie sich das gehört, mit Bandstickern vollgeklebt. Der Gang nach unten zeugt schon mit vielen Plakaten von der bisherigen Geschichte dieses Veranstaltungsortes.

Demnächst hat sich Heather Nova angekündigt. Und das wird bestimmt außergewöhnlich. An diesem Abend jedoch spielte Ellen Sofie Hovland, eine Songwriterin, die ihr neues Album vorstellte.

Ich muss gestehen, ich verstehe kein Wort norwegisch. Ich kann ein paar Sachen deuten, weil es Verwandtschaften bei einigen Ausdrücken gibt. Jedoch ich bin vollkommen unfähig, eine Rede zu verstehen, einen norwegischen Songtext zu erfassen oder auch nur am Rande zu erfahren, um was es geht.

Und Ellen Sofia Hovland textet, singt und verständigt sich auf norwegisch. Es war ein Experiment. Ich liess mir von Chat-GPT vorschlagen, was in Oslo aktuell interessant ist. Google übersetzte mir die Programmankündigung der Kulturkirche.

Doch ich schaute mir kein einziges Video von ihr vorher an, hörte keinen Song. Ich war einfach nur neugierig. Würde es funktionieren? Wie würde es funktionieren?

Der Raum war bestuhlt. Vor den Stufen zum Altar war ein Teppich ausgebreitet, darauf die Instrumente der Band, sowie die Mikrofone und einige Kerzenständer. Ellen Sofie Hovland wurde begleitet von einem Cellisten, einem Bassisten, sowie einem Gitarristen. Und man möge mir das verzeihen, aber so außergewöhnlich, wie sie waren – ich hatte Ihre Namen nicht verstanden. Wie gesagt, nicht ein Wort. 

An den Reaktionen des Publikums, dem Schmunzeln und Lachen, ihre Mimik, wenn sie erzählte, war abzulesen, dass vieles charmant, ansteckend und einnehmend war. Ohne etwas zu verstehen, war es dennoch sympathisch. In allem war ein ansteckender Enthusiasmus und eine Begeisterung im Zusammenspiel zu sehen. Das geht auch vollkommen ohne Worte.

Die Kulturkirche zeichnet sich durch angenehme Akustik aus. Gesang und Arrangements wußte sie klar zu vermitteln. Das kammermusikalische Spiel der Band unterstützte diesen reinen Klang. Hier und da flochten sich kleine Versatzstücke aus Jazz und Blues ein. Selten und bewusst eingesetzt. So dass es fast verspielte Anleihen waren. Allein die Stimmungen wurden dadurch unterstrichen. 

Keiner der Songs war mir vorher bekannt. Nichts davon hatte ich jemals zu vor gehört. Dennoch waren die Melodien so vertraut, so gefühlvoll komponiert, dass ich die Übersetzung nicht vermisste. Die Kompositionen trauten sich etwas, waren stark vom Folk beeinflusst, aber offen für Americana-Einflüsse und dem metallenen Klang der frühen Jazzgitarre eines Django Reinhardt.

Im Zusammenspiel steckte viel Erfahrung und Bewunderung für das Detail. Erwähnenswert: die herausragende Stellung des Cellos trug dazu bei, dass das Publikum angemessen und andächtig lauschte. 

So wie Ellen selbst sich zwei Background Stimmen (Sänger und Sängerin) zur Seite stellte, wurde später – kurz vor dem Finale – das Cello mit drei weiteren, jugendlichen Cellospielern für ein Stück verstärkt.

Wer Ellen Sofie Hovland nicht kennt, der sollte sich an ihr Werk ranwagen. Es funktioniert durchaus ohne Kenntnis der Sprache. Das macht es nicht nur liebenswert. In einer Kritik auf Amazon findet sich ein Satz, der bleibt: Es wird mit jedem anhören besser.

Der Kulturkirche sei dank für die Akustik und Inszenierung. Ein besonderer Ort.

Und, verflixt, ich war geneigt, die komplett Diskographie mitzunehmen. Aber, ich habe kein Vipps, und das ist das bargeldlose Zahlungsmittel, dass hierzulande jeder hat. 

Es war ein Abend für NorwegerInnen auf norwegisch. Nur verständlich, dass Merch daher auch mit dieser App verkauft wird. Haben ja alle. Nutzen ja alle.

Externer Link: Ellen Sofie Hovland – ellensofie.no

Externer Link: Kulturkirche Jakob – www.jakob.no