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Tag: Kulturraum

Apollo Ghosts (Support: Lambs & Wolves) im NUN, Kulturraum, Karlsruhe am 29.03.2025

Apollo Ghosts (Support: Lambs & Wolves) im NUN, Kulturraum, Karlsruhe am 29.03.2025

Apollo Ghosts im NUN Kulturra

Es mag der Tag kommen, an dem wir alle zurückschauen und sagen, ja, wir haben die damals im NUN gesehen. Man kennt das. Dann waren es 300 Personen, die dabei waren. Auf der kleinen Deutschlandtournee der Apollo Ghosts. Bei ihrem Abstecher in Karlsruhe.

Obwohl das NUN nur um die 60 Leute fasst.

So wird das vielleicht sein. Denn sie haben das Zeug dazu.

Die Apollo Ghosts waren im NUN. Und als Support brachten sie freundlicherweise Lambs & Wolves mit. Eine Americana Band aus Freiburg. Wo die Melancholie anfängt, die Jukebox alle Hits schon gespielt hat und die letzten Gäste an der Bar einfach nicht heimgehen wollen, da ungefähr fängt der Abend mit Lambs & Wolves an.

Immer dort, wo Country eine Wärme entwickelt, und zum langsamen, engen Tanz auffordert, ist seine Nähe zum Blues am Besten spürbar. Und genau dort leiteten Lambs & Wolves den Abend ein. Mit der ruhigen, poetischen Spur, die vom Keyboard getragen, von der Lap-Steel-Guitar beantwortet und in Harmonie mit dem Stehbass funktionierte. Zu fünft auf der Bühne, durch Gitarre und Schlagzeug verstärkt, pflegten sie eine klare Songstruktur. Das war mit vielem vergleichbar. Aber brauchte vor allem den Bezug zu großen Namen nicht zu scheuen.

Lambs & Wolves im NUN Kulturraum 29.03.2025

Lamb & Wolves brachten die Authentizität, einer vergessenen Stätte mit sich. Und wiesen dabei den Weg in die Weite, die Ruhe und die lange Straße. Überraschend sie in Freiburg zu sehen – hätte man sie doch auch in einer Kleinstadt jenseits vom Rio Grande vermuten können. Wo die Sonne dunkelrot untergeht und alle Klischees eine angenehme Begleitmusik benötigen. Großes Material. Wenn es neben „ The Devil in the Orchard“ noch mehr Alben gibt, dann will ich sie alle.

Die Apollo Ghost, 4 Musiker aus Vancouver, sind im besten Sinne eine Gitarren-Band. Begleitet von einem Schlagzeuger, entwickeln sie den Drive der Achtziger, die melodiöse Form der Neunziger, die Bereitschaft alles zu vermischen aus den letzten zwanzigen Jahren. Und  vor allem die Kunst der kurzen, prägnanten Popsongs. Etwas was man mal vom Punk gelernt hatte und allen Enkeln weiter gab.

Apollo Ghosts im NUN Kulturraum am 29.03.2025

Apollo Ghosts sind die Freigeister der schnellen Melodien. Rhythmen, die nicht nur den Leadsänger zum Tanzen brachten. Man mag sich fragen, wie hitverdächtig ein Song eigentlich werden muss, um endlich dort zu landen, wo er hingehört. Apollo Ghosts spielten die Songs, die man endlich in den Reels auf Instagram hören will. Und kommen dabei mit einer Leichtfüßigkeit daher, die seinesgleichen sucht. 

Man kennt prägnante Klassiker, die aus markanten Riffs gestalteten wurden. Soundelemente, die man nicht vergessen kann. Apollo Ghosts bewiesen, unter begeistertem Jubel, dass sie sie alle können. Alle Tricks, alle Tipps, präsentiert mit einem Charme, dier sie  zum Rollenmodell für alle unabhängigen Gitarrenbands machen könnten. Die Songs waren schnell, rund, ausgefeilt und funktionsfähig. Gemacht für den Tanzboden, wie auch für Urlaubsfahrten, in denen man sie – Haare im Wind und so – einfach mitsingen will. Es war Pop, wie Pop sein kann und sein sollte. Clever, kurzweilig, und keinesfalls dramatisch, sondern immer auf den Punkt. Und dabei einfach ehrlich mit zwei Gitarren, einem Bass und einem Schlagzeug.

Und genau das führt uns dazu, dass wir irgendwann sagen werden, damals im NUN, da waren wir dabei und haben sie gehört. Den nur in den kleinen Clubs wird das Große geboren. Jenes, das dann irgendwann mal überall auftaucht. Nur nicht mehr dort, wo es mal begonnen hat.

Externer Link: Lambs & Wolves – https://www.lambsandwolvesband.com/

Externer Link: Apollo Ghosts –https://www.apolloghosts.com/

Externer Link: : NUN –https://nun.cafe/

Stina Holmquist im NUN Kulturaum, Karlsruhe, am 08.03.2025

Stina Holmquist im NUN Kulturaum, Karlsruhe, am 08.03.2025

Stina Holmquist im NUN Kutlurraum, in Karlsruhe, 08.03.2025

Er war fast ausverkauft. Der NUN Kulturraum hatte ungewöhnlich viel Publikum empfangen. Vertreten waren alle Altersklassen. Etwas, was für das NUN spricht, aber auch für Stina Holmquist, die mit ihrer Band im NUN gastierte. Beinahe war auch die Bühne zu klein im Anbetracht der fünfköpfigen Gruppe. Sängerin Stina Holmquist trat für ihrer ersten „Broken Glass“ Tour in voller Besetzung vor ihr Publikum: Drums – Lasse Holmquist, Bass  – Joshua Mandlburger, Gitarre – Tarik Mujadizic, Synths und Trombone (!) – Paul Sabel. 

Stina, selbst am Keyboard, und verantwortlich für alle Songs, bewegte sich dabei stilsicher in einem Umfeld aus komplexen Pop-Harmonien. Kleine Geschichten, Anekdoten und Elemente aus dem Leben einer jungen Frau, die mit einer gekonnten Mischung aus Dramatik und Leichtigkeit davon erzählt. In den besten Momenten verträumte Songstrukturen, die aufbrechen für Stürme und entschlossene Abgesänge. 

Eingeleitet von einem klaren, akzentuiertem Gitarrenspiel, weiten Keyboardbögen, und tanzbaren Ableitungen. Mittelpunkt, und im klaren Focus, der englischsprachige Gesang von Stina Holmquist. In einer Bandbreite, die Elektro-, Dreampop und ähnliche Spielarten vereinnahmen möchte. Ungeahnt leichtfüßig und tanzbar zum Ende hin, verspielt und verwinkelt im Songwriting.

Spannend, und auf jeden Fall erwähnenswert ist der sporadische Einsatz der Posaune, der überraschend im Hintergrund für eine dichte Atmosphäre sorgte, Die Dramaturgie der Songs gewann dadurch, wurde unterlegt, aufbereitet, und, alles in allem, komplexer.

Überhaupt wurde den einzelnen Instrumenten in einer angenehmen Art und Weise viel Raum für Einleitungen, und Betonungen gelassen. Der Sound, und das muss man auch dem NUN in seiner Größe zugute halten, war sauber, klar und von den einzelnen Künstlerinnen getragen. Stina Holmquists Songs beinhalten Steigerungen und eine klares Drehbuch, das sie in eine befreiende, exzessive Höhe führen kann. 

Im Zusammenhang wäre es leicht möglich, eine Menge Namen zu nennen, die im Einfluss geltend gemacht werden könnten. Es hat sich viel getan in den letzten Jahren, und im Stil sind Songs heute verletzlicher und kantiger geworden. So findet sich auch bei Stina Holmquist viel von dem, was man heute so jenseits des Mainstreams verorten will, obwohl es genau dort  schon ist. Soll heißen, wenn heutzutage die Stimme in Höhen hinaustreibt, in kurzen Schreien sich etabliert, und davon abgleitet, dann ist das durchaus ein Zitat, aber auch eine Eigenständigkeit, die gefällt, weil sie die Entwicklung abbildet. Und die Fähigkeiten, die heute den Pop herausragend machen können. Aber das nur mal so. Weil es gefiel. In der Dramatik, Zusammensetzung und dem Ergebnis.

Zwei Zugaben, und das Publikum stand sowieso schon – hätte also gut und gerne noch weitere Stücke genossen. Insofern gehe ich von einem Wiedersehen aus und freue mich.

Stina Holmquist hatte eine EP im Gepäck -„It dances on the windowsill“, die einen guten Überblick über ihr Schaffen liefert. Aber man darf vor allem auf jene Songs gespannt sein, die sich noch nirgendwo außer in ihrem Live Programm finden.  April hat sie gesagt. Im April gibt es etwas, auf das man achten sollte. Also.

Externer Link: Stina Holmquist https://www.stinaholmquist.de/

Externer Link: NUN Kulturraum https://nun.cafe/

Julie Kuhl im NUN, Kulturraum in Karlsruhe, 01.02.2025

Julie Kuhl im NUN, Kulturraum in Karlsruhe, 01.02.2025

Februar. Es ist ein schwieriges Jahr. Der Januar hat schon geliefert. Und uns alle atemlos gemacht. Wir beobachten noch, und beginnen uns erst langsam damit anzufreunden, was noch vor uns liegt. Der Februar hat alle Chancen den Januar zu übertrumpfen. Und er macht das gut. Auftakt im NUN, am 01.02. Im NUN hat die Konzertsaison wieder begonnen. Es ist das zweite Konzert im neuen Jahr, und alles fühlt sich noch frisch an.

Julie Kuhl gehört zu jenen Talenten, die mein Vertrauen in das Booking des NUNs stärken. Jung, charmant, auf der Bühne einer Location, die alles nahbar macht und es mit der Rücksicht des Publikums in ein Erlebnis wandelt.

Mit Ihrem Bruder Lasse Kuhl  (Gitarre/Bass/Vocals), verstärkt mit Drummer Felix Lothwesen und sie selbst an Keyboard und Gitarre, teilte sich das Set in zwei Teile. Zum einen in eine rhythmische, Keyboard- und Drumlastige, aber durchaus zurückhaltenden, Stunde, zum Anderen, nach einer Pause in eine – fast unplugged und vornehmlich akustische – Variante ihrer Songs. Den letzten Teil bestritten sie ohne den Drummer. Auch um die Möglichkeiten des NUNs voll auszuschöpfen.

Immer wenn irgendjemand auf dieser Welt sagt, dass nichts Neues, Schönes und Angenehmes in der Musik mehr gibt, geschieht ein Wunder, das uns eines Besseren belehrt und Musikerinnen wie Julie Kuhl hervorbringt. Man mag es fast nicht glauben, wenn Sie von früher spricht, und dabei Songs spielt, die scheinbar perfekt und ausgereift aus einer Phase stammen, in der sie wohl 12 oder 14 Jahre alt war. 

Mit einer erstaunlich, in ihren Facetten beruhigenden, Stimme,  modulierte sie Ihre Songs zu relaxten Pop-Erzählungen. Melodiöses Material, dass sich vor allem im zweiten Set, reduziert auf den Kern, in vollem Glanz zeigen konnte. 

Julie Kuhl, die ihren Abend mit einem frischen, einnehmenden Charme moderierte, präsentierte ein komplexes Songwriting, das verhaltene Anklänge an vieles bot, aber vor allem liebenswertes Liedgut präsentierte. Vieles, was man Wiederhören möchte, davon einiges, was man Wiederhören wird. 

Im zweiten Set, das abwechselnd von ihr alleine, aber auch mit ihrem Bruder zusammen präsentiert wurde, war das NUN wieder das, was es immer wieder gerne sein kann und darf: Ein Ort für sehr persönliche und intime Momente, in denen man den Eindruck hat, die Musik sei nur einem selbst gewidmet. 

Julie Kuhl, die ausschließlich englisch singt, hat eine berührende Stimme, die in ihrem Ausdruck und der Betonung, eine Nahbarkeit erreicht, die man nicht unterbrechen möchte. Da liegt Kraft und Stärke drin. Eine Form von Soul, die nicht hervorbricht, aber schmeichelt, lockt und einnimmt.

Und somit blieb: Andächtige Ruhe und darauffolgende Begeisterung.  Die Zugabe blieb aus, was aber eher daran liegt, dass das zweite Set schon weit reichte und die Möglichkeiten der Bühne voll ausgeschöpft hatte.

Externer Link: Webseite Julie Kuhl: juliekuhl.com

Externer Link: Webseite NUN : nun.cafe

ÁRSTÍÐIR im NUN, Karlsruhe am 13.12.2024

ÁRSTÍÐIR im NUN, Karlsruhe am 13.12.2024

Es kann ja durchaus sein, dass man nur eine Insel nehmen muss, die mit ein paar wenigen Menschen besiedelt und dann abwartet. Vielleicht noch richtig unangenehmes Wetter dazu, das die kleinen Menschlein gehörig einschneit. Und einfriert. Am Schluss, wenn das Werk als gelungen betrachtet werden kann, ist noch Platz für ein paar Vulkane. Die dann ihr eigenes Süpplein köcheln.

So oder so ähnlich mag Island sein. Ungeachtet all der wunderbaren Landschaft, der Fjorde, seltsamen Vögeln und eben Lichter, die den Himmel zur Bühne machen. Und jetzt stellt sich jeder noch folgendes vor: Nachdem das alles Jahrhunderte vor sich hingebrodelt hat, wird es in Stücke gepresst, in Musik also (das ist hier gemeint) und ungefähr das könnte ÁRSTÍÐIR sein.

Fünf Musiker aus einem Land, in dem wahrscheinlich jeder irgendwie mit jedem verwandt ist. Traditionen daher immer in der Familie bleiben. Tradition ist der Gesang, vielstimmig, mit seltsamen Harmonien, aber auch mit einer Sprache, die uns so unbekannt scheint, als wäre sie samt ihrer Schrift aus dem Weltall gefallen. 

Meine erste Begegnung mit traditioneller, isländischer Musik war in den Achtzigern, als mir eine MusikKassette (90 Minuten) von dort zugesandt wurde, in der Menschen in eben jener Sprache in einer Art Chor sangen. Vollkommen unverständlich, und weit entfernt von Björk und Mezzaforte. Das waren so die bekannten Botschafter Islands waren. Wenn es um Musik ging. Mezzaforte hatte einen Hit (GardenParty). Björk wurde sowieso für alles geliebt.

ÁRSTÍÐIR im NUN war ungefähr so, als wären die Experten für Folk und Jazz übereingekommen, aus den Traditionen Islands nun das schönstmögliche zu formen, was überhaupt….

Ein kammermusikalisches Kleinod, das Staunen macht, angesichts der Professionalität, dem klar strukturierten Spiel und der Reinheit der Darbietung. Der Isländer, so lernte man, singt. In der Gruppe, mit vielen, gerne, oft, nicht immer so, wie wir es kennen – hier verstand ich – aber mit viel Liebe zum Detail und der Geschichte. Man möge entschuldigen, war eben für sich, siehe oben, die Vulkane das Wetter. Da war es schon mal möglich, dass sich anderes einschlich, aber jetzt, und das bewiesen ÁRSTÍÐIR, nehme man gerne und alles auf.

Es gibt Musikerinnen, die würden sich um manche zehn Sekunden, die da zu hören waren, reißen, so einfach wirkten die Titel, so komplex war der Aufbau. Und immer bedacht, wie ein stummer Drohnenflug, über Meer und Land, auf Schönheit und Harmonie. Es war ein Teil der Weihnachtstour. Nicht überraschend, wenn das Publikum andächtig, versunken und in Gedanken auf den Reisen beiwohnte. Die Spannbreite des Dargebotenen ging über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte. Dazwischen selbstkomponiertes, im acappela vorgetragenen Gesang aber auch Werke deren Ursprünge wahrscheinlich in den langen Wintern, den einsamen Hütten, und den heißen Quellen lagen. Und dann über die mündliche Übertragung zur Reife gelangten.

Wörter gab es mit dazu, für den Heimweg und die nächste Reise. „Hi!“, „Skøl“ und „Takk“. „Skøl“ kannte ich schon. Es war mal auf einer Flugreise, eingequetscht zwischen der halben Bevölkerung der Insel, das einzige Wort, das ich kontinuierlich während des Fluges hörte. Und zwar so oft, dass ich mir wirklich ernsthaft Sorgen machte.

„Takk“, was Danke heißt, ist das was ich dem NUN aussprechen müsste. Letztes Konzert in diesem Jahr. Krönender Abschluss, sozusagen. An Professionalität kaum zu überbieten. Ein märchenhaftes Gemälde, in dem sich Fabelwesen schlafend sammeln könnten. So ruhig, zurückgelehnt und doch mit einer Freude an der Location und für das Publikum. Klassisch für Momente auch nur ein Dialog aus Cello und Geige, bis wieder zwei Gitarren und das Keyboard die Führung übernahmen. 

Wie immer, und eigentlich dürfte ich es nicht jedesmal erwähnen, war es wieder eines der intimen, ruhigen Konzert im NUN, bei dem die Zeit fast vergessen wird und immer das Gefühl bleibt, dass man sich schon lange kennt, oder? Jetzt. Gerade. Wenn das doch so nahe ist, und das weiterträumen so leicht. Waren die gut. Respekt vor soviel Musikalität.