Durchsuchen nach
Tag: Soul

Lake Street Dive (Support: Alisa Amador) im Rockefeller, Oslo am 14.02.2025

Lake Street Dive (Support: Alisa Amador) im Rockefeller, Oslo am 14.02.2025

Lake Street Dive im Rockefeller, 14.02.2025

Valentinstag. Luftballons und Blumensträuße waren in der ganzen Stadt unterwegs. Und vor dem Sentrum mal wieder eine gigantische Schlange für Father John Misty.  

Bei Lake Street Dive im Rockefeller schien es nicht so drängelnd. Aber das sollte sich ändern.

Ich hatte ihn bisher noch nie erlebt. Dieser ,nennen wir ihn mal, Taylor Swift-Effekt. Wenn junge Frauen, den Song mit voller Begeisterung und Lautstärke mitsingen, der Bühne entgegen schreien, sich freuen, nach vorne deuten und fast die Musik übertönen. Lake Street Dive also. Wieder etwas gelernt.

Die Überraschung des Abends war – ohne Zweifel und ohne, das jemand widersprechen kann – Alisa Amador. Die mit einer Handvoll Stücke, einem minimalen Synthesizer und einer Bassistin – während sie selbst Gitarre spielte und sang – das Publikum, und damit meine ich alle, dazu brachte sich einfach so ihn sie zu verlieben. Das ging so schnell und rasch, mit einfachen Worten und Charme. Nicht wissend wie einem geschah.

Alisa Amador im Rockefeller, Oslo, 14.02.2025

Zu einem Teil englisch, zum anderen spanisch, bot sie einen gelassenen Folkpop an. Und alle nahmen ihn dankbar ein. Melodien, die griffig genug waren, um sie wieder zu hören. Wieder zu hören. Und wieder zu hören.

Ganz klarer Höhepunkt: Der Gesang, der plötzlich von ihrer Begleiterin übernommen wurde. Fast gleichwertig. So das die Verwunderung zum Applaus wurde. Aber der Wunsch blieb: Man möchte mehr davon. Alisa Amador war als Support nur ein wunderschöner Moment. 

Lake Street Dive räumten die Bühne so leer, dass kein Monitor, keine Lampen, keine weiteren Boxen zu sehen waren. Die Location war im Grunde geräumt. Ein Gitarrist, ein Keyboard-Spieler, Drums, eine Bassistin und die Sängerin Rachael Price. Das war schon faszinierend leer und weitläufig. 

Im Grunde eine Country-orientierte Band, die mit Jazz und Soul  Einflüssen eine Art Westcoast-Sound spielt, der mit Blues flirtet und seine Herkunft eben in Nashville hat. Das funktioniert bereits seit Jahren so gut, dass die Diskografie umfangreich und die Gefolgschaft treu ist. 

Das ist tanzbar, eingängig und in jeder Beziehung professionell und mit leichter Feder so gestaltet, dass es angenehm und eingängig bleibt. 

In all den Jahren hat sich ein Repertoire angesammelt, das in der Halle in den ersten Sekunden erkannt und verstanden wurde. Es wurde mitgesungen, getanzt, gefeiert. Lake Street Dive schaffen es, ihre wichtigen Botschaften in einer zeitlosen Musik zu packen, die alles mitnimmt, was um und seit den 70er geschah. 

Die schönsten Momente und damit Höhepunkt der Show, waren genau jene drei Songs, bei denen sie sich umeinander scharrten, das Mikrofon teilten, und ohne Drums oder breiten, fetten Keyboard-Parts, – die sie locker können – das minimierten, was sie ausmachte: Die Liebe zum Soul und den Folksongs der Cowboys. Die kräftige Stimme von Rachael Price, das Stehbass von Bridget Kearny, sowie Akie Bearmiss, an einem Minikeyboard, das sich in eine Mundharmonika wandelt und nicht zu vergessen Mike Calabrese allein Perkussiv – das war erdverbunden, nah, live und großartig.

Und jetzt nochmal zum Anfang: Die Zugabe, angefangen mit dem alten Soul-Klassiker von Darly Hall und John Oates „Rich Girl“ war der Punkt, an dem sowieso alle tanzten. Aber die Begeisterung rechts von mir, war ansteckend und faszinierend. Hey, das ist eine wunderbare Zeit, in der Frauen die Musik prägen, ihre Songs finden und sie Wort für Wort auswendig können. Zähle mir die Superstars der aktuellen Charts auf und wir landen genau bei solchen Szenen, die von einer kraftvollen Identifikation und Selbstbestimmung erzählen. 

Für den letzten Abend in Oslo genau das richtig. Ist schon sehr cool hier in Oslo. Kann man lassen.

Externer Link: Alisa Amador –https://alisaamador.com/

Externer Link: Lake Street Dive – https://www.lakestreetdive.com/

Externer Link: Rockefeller – https://www.rockefeller.no/

Sandie Wollasch im Laden Zwei, am 08.02.2025

Sandie Wollasch im Laden Zwei, am 08.02.2025

Wir sind schon fast darüber weg. Manche vergessen es schneller. Die Welt bewegt sich im Augenblick sehr geschwind und tagtäglich verändern sich genau die Dinge, an deren Normalität wir glaubten.

Während der Corona-Zeit gab es verschiedene Ideen und Initiativen. Einige dieser Ideen habe ich mir selbst auf die To-Do-Liste geschrieben, um sie noch mal näher zu betrachte. Interviews zu starten und sie hier zu verewigen. Was auf der To-Do-Liste steht, das verschwindet natürlich nicht, aber manches andere drängt sich in den Vordergrund. Daher noch mal ein paar Worte zum Laden zwei und Sandie Wollasch.

Auf YouTube finden sich Konzerte, die im Laden Zwei genau zu jener Zeit stattfanden, in denen eigentlich keine Konzerte möglich waren. #loveistheanswerMusik aus der Ladenecke (Externer Link: https://youtube.com/@loveistheanswer1803) war dabei ein Format, dass es bis auf 37 Folgen brachte, und regelmäßig andere Gäste aus der Region vorstellte. Die Videos sind weiterhin auf YouTube, zeigen kleine, intime Darbietungen im Rahmen eines Ladengeschäftes und erinnern immer ein bißchen, was die Enge, aber auch die Qualität anbelangt, an die Tiny Desk Concerts von NPR. Diese haben es in letzter Zeit zur Berühmtheit gebracht, waren aber qualitativ auch schon zu jenen Zeiten wegweisend, als große Stars unerreichbar waren.

Im Laden Zwei am Gutenbergplatz war der Rahmen für das Konzert mit Sandie Wollasch ähnlich angelegt wie bei jenen, die in den Videos zu betrachten sind. Allein, es gab nun Publikum, und wegen dem Andrang, zwei Konzerte hintereinander. Das war dem Publikum geschuldet, denn dieses wechselt dann.

Wenn man den Rahmen erwähnt, dann geht es um einen fast familiären Kreis, in dem sich Bekannte, andere KünstlerInnen und FreundInnen, sowie einfach von der Neugierde angezogene treffen.

Sandie Wollasch zeichnet dabei eine Professionalität aus, die auf jeder Art Bühne mit Sicherheit ihren Platz findet. Begleitet von drei Musikern, die ihr in Virtousität und lässiger Improvisationlust ihr in nichts nach standen, fanden sich Blues, Jazz und Soul zu einer facettenreichen Stunde. 

Klaus Wagenleiter an den Keyboards,Decebal Badila – Gitarre- und Guido Jöris -Drums – bewiesen auf beengtem Raum, dass sie wahrscheinlich auch im Fahrstuhl Großes leisten könnten.

Klaus Wagenleiter, Decebal Badila, Guido Jöris im Laden zwei

Eigentlich war es das Vorkonzert zu einer morgigen Videopremiere (Sonntag, den 09.02.2025 um 9:00 Uhr). Illustriert von Ilona Trimbacher wird der Song „And he could kiss“ vorgestellt. (Externer Link: https://youtu.be/xk49vA1khnk?si=ROAMLDxecy8VsIY9)

Dieser und auch die weiteren Songs, die sie im Kontext präsentierte, gleichen Klassikern des Genres. Jenes Gefühl, das einen Song zum Teil des eigenen Lebens machen möchte. 

Große Namen möchten einem einfallen. Es wäre ein Leichtes sie aufzuzählen und Sandie Wollasch und ihre Band mit einzureihen. Ganz fair wäre es jedoch nicht.  Das eigene Material, und ihr sehr klarer Ausdruck, sowie die Farbigkeit aus den verschiedenen Bereichen des Vokal Jazz zu interpretieren – das bedeutet eigentlich eher, dass Vergleiche nicht gescheut werden müssen, aber auch gar nicht mehr notwendig sind.

Es bleibt ein eigener Ausdruck, eine eigene Erkennbarkeit und eine überaus charmante und gekonnte Interpretation der Werke. Lässt allemal Platz für die solistischen Leistungen der Band. Natürlich war die Stunde zu kurz, natürlich möchte man mehr hören, Termine vorbuchen, Tonträger mitnehmen, aber, um es kurz zu sagen, die Möglichkeit die solch ein Ladenkonzert bietet – nämlich quasi in der ersten Reihe zu sitzen – lässt dankbar genug sein.  

Unterm Strich war es ein sehr angenehmes, unaufgeregtes und freundliches Konzert, dass handwerklich und im Umfang ein begeistertes Publikum entließ. Sandie Wollasch hat den Soul und den Blues, aber auch die Fähigkeiten Material zu präsentieren, das einfach bleiben will. 

Externer Link: Laden Zwei- Ladenzwei.com

Externer Link: Sandie Wollasch – Sandiew.de

Rückblick: Charles Bradley 03.07.2013, Tollhaus Karlsruhe

Rückblick: Charles Bradley 03.07.2013, Tollhaus Karlsruhe

Im Zusammenhang mit Charles Bradley ist vieles zu erwähnen, aber vor allem Daptone Records. Daptone Records ist und war der richtige Plattenverlag zur richtigen Zeit. Immer ein bißchen mehr retro, ein bißchen mehr vintage, aber vor allem um einiges authentischer, was sich sonst in diesem Bereich tummeln möchte. Daptone Records scheinen ein wenig aus der Zeit gefallen. Mit all ihren Soul-Größen, die sich unter dem Dach versammeln, wirkt Daptone Records wie eine Plattenfirma, die die Zeit der großen Shows nochmal hochleben lassen will. Die Anfangsjahre des wilden Souls, als er unbereinigt, wild und schreiend, ungestüm und losgelassen über die Bühnen tobte. Alle Künstler, die Daptone Records in ihrem Portfolio haben,  haben eines gemeinsam: sie sind akribische und versierte Musiker, die kenntnisreich und mit viel Begeisterung eine Musik spielen, die auf die Bühnen gehört und daran erinnern, wo James Brown, Tina Turner und viele andere ihre Wurzeln und Heimat hatten.

Es gibt, ohne dass sie Daptone Records angehören, eine Menge Bands auf dieser Welt, die den Soul immer noch so spielen, dass er lautstark, bläserlastig und mit Vehemenz rüber kommt. Ohne Zweifel. Ihnen gebührt alles, vor allem Dank, dass sie daran festhalten, und sich nicht von aktuellen Strömungen so beeinflussen lassen, dass all dieses verschwinden könnte. Aber Daptone Records vereinigt die Konsequenz, dieses im Design, der Covergestaltung, der Shows, der Musik, der Philosophie und dem Zusammenspiel zu vereinigen. Somit ist Daptone Records auch immer ein Netzwerk aus Musikern, die sich gegenseitig unterstützen, obwohl sie eventuell als Solostars selbst Erfolge feiern. Die Menahan Street Band, die Charles Bradley auf den wichtigsten Veröffentlichungen begleitete, hat zum Beispiel eigene Platten, die auf jeden Fall hörenswert sind.

Charles Bradley, der wie eine der vielen Inkarnationen von James Brown wirkte, zeichnet eine unglaubliche Dankbarkeit aus. Seine Diskografie besteht offiziell – von den Samplern mal abgesehen – gerade mal aus vier Alben. Was nicht viel ist, für einen Künstler, dessen Wurzeln und Bewandtheit soweit zurückreichen. Aber wie viele talentierte Musiker verdiente er sich sein Geld über viele Jahre in Shows, die nicht seinen Namen, sondern den seines großen Vorbilds, hier James Brown, trugen.

Seine Bühnenpräsenz war daher eine Reminiszenz an all das was in den sechziger und frühen Siebziger Jahren wichtig war. Fette Bläser, ein charismatischer Frontmann, ein Auftritt, der schweißtreibend, ekstatisch und vor allem mit jedem Gefühl möglich war, das es offenbaren konnte.

Charles Bradley war ein sanfter Riese. Seine Stimme war gewaltig, laut, ungehemmt, mit allem was die Lunge hergab. Seine Ehrfurcht vor der späten Karriere war beeindruckend. Er liebte sein Publikum, und verstand es als seine Aufgabe möglichst viel zurück zu geben. Das sein Name, neben Sharon Jones, zu einem Zugpferd des Labels wurde, war nicht voraus zu sehen. Es begann alles sehr spät, und neuer Soul, auch R‘n‘B, erlebte zwar eine Retrophase, aber so richtig wild wagte sich niemand an die Geschichte.  Lee Fields, Sharon Jones und Charles Bradley kippten alles, kickten es beiseite und fuhren wieder die alten Shows auf. Gemeinsam, getrennt, was immer möglich war. 

Charles Bradley, der schon wegen seiner allumfassenden Armhaltung, „The Eagle“ genannt wurde, veranstaltete Zeitreisen, Rückholungen und eine Besinnung auf das, was man brauchte: Erdige Musiker, alte Orgeln, einen breiten Soundteppich und ein Publikum, das ihn frenetisch feierte. So war das damals im Tollhaus. Am Schluss wollte er alle umarmen, und, weiß Gott, es gibt nicht allzuviele Auftritte, die einem so in Erinnerung bleiben.

Millie Jackson – Live and uncensored

Millie Jackson – Live and uncensored

Empowerment, explicite Lyrics und die Rangelei mit der Zensur, all das scheint eher mit dem Rap aufgekommen zu sein. In einer Zeit, in der Veröffentlichungen mit diesen Begriffen ebenso von Frauen stammen können, wie von Männern, scheint das trotzdem alles noch recht modern und neu, dabei gab es Vorkämpferinnen, die in dem Zwischenbereich aus Soul, Funk und Disco ein Feld beackerten, dass Ihnen nicht nur Lob sondern auch Kritik einbrachte.

Millie Jackson (geb. 1944) wurde geschätzt für ihre deutliche Sprache, aber hatte ebenso oft damit zu kämpfen , dass ihre Cover zu anstößig, ihre Lyrics zu derbe und ihre Ansagen zu viel enthielten, was man so nicht auf der Bühne gewohnt war. Ihre Alben sind vorzugsweise Live Alben, in denen sie im Stil einer begabten Entertainerin ihre Botschaft in einer Art prähistorischen Rap mit einer weiblichen Sicht auf die Sexualität konfrontiert, die man auch im Soul- und Funkspektrum nicht gewohnt war. Auch im Funk herrschte die männliche Blickweise vor, und noch lange, auch im Old-School-Rap waren weibliche Protagonisten nur schönes Beiwerk.

Dabei hatte es schon lange vorher Millie Jackson gegeben, die die Bühne beherrschte, ihr Publikum begeistern konnte, und die Dinge bereits auf die Spitze trieb. So findet sich auf der Seite A (an die komischerweise direkt die Seite D anschließt) neben dem passenden „Do ya think I‘m sexy“ (im Original von Rod Stewart), eine „Phuck U Symphony“, die eigentlich nichts anderes enthält.

1979 war jene Zeit, in der z.B. auch Bette Midler, eine andere, große Dame, die es schaffte, mit scharfkantiger Lyrik für Aufsehen zu zeugen, aktiv war. Mit ihr wird Millie Jackson berechtigterweise auf dem Cover verglichen. Millie Jackson ist dabei vor allem eine Performerin, die es schafft, mit einem guten Gefühl für den Soul und den Funk, das Publikum in den Groove zu führen. Es folgt bereitwillig. Sie kann singen, sie beherrscht das Genre, und verwebt darin locker ihre Sicht der Dinge.

Ganz in den ausklingenden Siebzigern angesiedelt, ist der Funk fett orchestriert, der Synthie sporadisch im begleitenden Discorhyhtmus angesiedelt, und so glitzert und brodelt es vor sich hin. Es gibt klarer Platten und kernigere Aussagen von Millie Jackson, aber wer sie live als Entertainerin erleben will, und nochmal das Gefühl haben will, einem – aus heutiger Sicht – charmant-harmlosen sexuellen Revolution im Soul folgen zu wollen, dem sei das Album – wie eigentlich alles von Millie Jackson – empfohlen. 

Nach ihr kamen dann nur noch Salt‘n‘Pepa, TLC und Destinys Child und viele mehr. Gelernt haben sie natürlich alle von Millie Jackson.