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Tag: Norwegen

Mildfire (Support: Antoní) im NUN, Kulturraum, in Karlsruhe am 21.03.2025

Mildfire (Support: Antoní) im NUN, Kulturraum, in Karlsruhe am 21.03.2025

Wenn der Support Act damit angekündigt wird, dass man an einem Abend eigentlich in den Genuss zweier Konzerte kommt, dann spiegelt genau das die freundliche Atmosphäre des NUN wieder. 

Antoní ist eine junge Songwriterin aus Leipzig, die allein mit Ihrer Gitarre und ihrer Stimme, den Abend einleitete. Kleine Anekdoten, vieldeutige Titel und Geschichten, die persönlich, anrührend und auch mit einem Schmunzeln vorgetragen wurden. Beziehungen, Kanufahrten, Videodrehs mit historischem Material. Was sie dazwischen erzählte, trug und belebte die ruhigen Stücke, boten Ihnen Raum und Kontext. 

Ihren Gitarrenspiel war variantenreich, an sich schon eine Erzählung und melodiös genug, um auch alleine zu funktionieren. 

Es ist vielleicht zu betonen, dass viele KünstlerInnen, so auch Antoní ihre Stücke in einer stark abgespeckten, akustischen Version anboten. Ihre CD, und ihre LP, die demnächst rauskommt, bieten das gesamte Spektrum an, in dem die Stücke aufgenommen werden konnten. Eine Menge Instrumente, die ich aus dem Gedächtnis nicht aufzählen kann.

Wie auch immer – tatsächlich funktionierte die ruhige, besonnene und vereinfachte Instrumentierung runter gestrippte Variante ausgesprochen gut und zeichnete sie aus. Umrundet vom Publikum, nur Stimme und Gitarre, so klar und durchsichtig um sich in einzelne Melodien zu verlieben. Sie fand ihr Publikum, und ganz ehrlich: Ich bin gespannt auf das Vinyl-Album.

Mildfire im Kulturraum Nun, in Karlsruhe am 21.03.2025

Mildfire sind das poppige Kunstlied oder der künstlerischer Pop. Als Duo, Multinstrumental, ausgestattet mit Keyboard, Synthesizer, Cello, Mandoline, Ukulele und Effekten jeder Art, präsentierten sie frickelige, kleinteilige Songs. Die sich noch dazu beliebig zu bedienen schienen. Folk-Pop,Pop-Folk, Minimal und Electro und dennoch irgendwo in den Jahren davor oder ganz weit weg beheimatet.

Schon weil sie aus Norwegen kommen, hätte ich sie im Visier haben müssen. Der Norweger, so lehrte man mich, fährt am Wochenende auf eine Hütte. Eine Hütte oder seine Hütte. Auf jeden Fall in eine Einsamkeit, in der der See vor der Tür liegt, man von niemanden gestört wird, und Wälder und Bären und Elche und Schnee und Eis die Umgebung darstellen.

Man kann sich gut vorstellen, wie in einem solchen Umfeld Songs entstehen. Die beinhalten dann  Teile, Experimente, und Effekte. Auf die man viel Zeit verwendet. Und die dann einen Hang zum Individuellen und Außergewöhnlichen haben. Mildfire könnte man Postpop nennen. Denn sie haben alles aufgesaugt, was der Pop an Harmonien und griffigen Akkorden bietet, um es dann zu zerlegen, zu dramatisieren, auf einen ernsten Boden zu legen. Nur um es mit einem charmanten Lächeln zu den griffigen Akkorden, den schönen Refrains und einfachen Melodien zurück zu führen.

Im NUN traten sie in Strümpfen auf, schon um nicht nur mit den Fingern, sondern mit all ihren Zehen, den Klängen, die sie irgendwo hineingewoben hatten, eine berechtigte Chance zu geben. Die wahre Kunst, also das was übrig bliebt, war dann, aus all diesem etwas zu machen, dass im Klangebilde eine Einheit darstellte, die homogen, schmeichelnd ihren Weg in die Ohren und Herzen und das Publikum fand. Mildfire waren eine dieser Gruppen, die dem NUN seit Jahren  Wunsch waren, und sie passten daher wie eingenäht und logisch in das Programm. Musste ja so kommen. War ja klar. Warum nicht gleich so? Und warum zogen hier Jahre übers Land? 

Mildfire könnte man in dem sehr authentischen Nordicana Umfeld als die Variante sehen, die Genres durchbrechen, trotzdem Pop, sein will und auf den eigenen Weg und die ganz klare Instrumentierung beharrt. Mag man, weil Eigenständigkeit immer belohnt wird, weil das Cello ein berührendes Instrument ist, und Mitsingen bei kurzen verständlichen Refrains natürlich alle einbindet. 

Mildfire boten eine Show voll Charme, Wärme und kleinen Kunstwerken, die mehrmals gehört werden wollen, um alle Details zu durchschauen. War schon clever.

Externer Link: Mildfire –linktr.ee/Mildfireofficial

Externer Link: Antoní- https://linktr.ee/antonimusic_

Externer Link: NUN http://Nun.cafe

Plattenladen in Bergen: Apollon

Plattenladen in Bergen: Apollon

Externer Link: https://apollon.no/

Adresse: Nygårdsgaten 2A, 5015 Bergen, Norwegen

Für gebrauchte Platten gibt es in Bergen verschiedene Adressen. Allerdings waren es die Öffnungszeiten, die nicht ganz in die Tagesplanung passten. Anders sah es bei Apollon aus. Apollon hat von morgens um 10:00 bis morgens am nächsten Tag um 0:30 offen.

Das Konzept von Apollon ist bemerkenswert. Tagsüber ein normaler Plattenladen, spezialisiert auf Neuheiten. Nachts jedoch eher eine Bar, die gut gefüllt ihre Gäste neben den Plattenregale bedient. Platten kann man weiterhin kaufen, doch der Barbetrieb ist vorherrschend. 

Apollon führt auf den ersten Blick ein gepflegtes Sortiment Pop/Rock, hat aber auch eine breite Sammlung Heavy Metal, Hip-Hop und Electronic. Was nicht sofort auffällt und ich nachts beim ersten Besuch fast übersehen habe, war der große Anteil norwegischer Musik aller Richtungen, der sich in Schubladen unterhalb von Pop und Rock verbarg. Lokale MusikerInnen haben eine eigene Schublade, in der ich zum Beispiel „Embla & the Karidotter“ fand. 

Aber auch Silja Sol, deren Auftritt ich vor einigen Tagen verpasste.

Apollon ist ausgesprochen gut ausgestattet, die wichtigsten Veröffentlichungen sind in Fächern rund um die Bar und oberhalb der Platten eingeordnet. Auch Jazz ist im hinteren Bereich präsent und ebenfalls ausgewiesen ist der Norsk-Anteil.  Ich hatte es in einem anderen Bericht schon erwähnt: Skandinavischer, aber vor allem auch norwegischer, Jazz hat in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen. Doch – bedingt durch das umtriebige ACT-Label – ist der Bezug in Deutschland nicht sonderlich schwer. Die Platten sind gut vertreten, leicht auffindbar, und in jedem gepflegten Handel erhältlich.

Die Idee, eine Plattenhandlung an eine Bar zu koppeln, ist verführerisch. Tagsüber und nachts schienen beide Konzepte voneinander zu profitieren. Zugegeben, wenn die Bar voll ist, dann übersieht man so manches. Aber atmosphärisch absolut eine Empfehlung. 

Plattenläden in Oslo – 2ter Teil

Plattenläden in Oslo – 2ter Teil

Neseblod Records

Schweigaards Gate 56

Externer Link: https://neseblodrecords.bigcartel.com/

Neseblod Record Store, Oslo,2025

Wenn man es nicht übertreiben will, und auch verspricht, nichts internationales zu kaufen – sich nur auf die lokalen Acts zu konzentrieren – dann darf Neseblod Records nicht dazwischen kommen. 

Neseblod Records ist legendär, wichtig und einen Besuch wert. Es gibt Stimmen, die besagen, das genauso ein Plattenladen aussehen muss. Klein, eher eng, vollgestopft bis zur letzten Ecke, mit einem Keller der Katakomben gleicht. 

Die Grundfarbe der T-Shirts, die überall hängen, der Tasche und überhaupt allem ist schwarz. Und das aus gutem Grund. Neseblod ist ein Tempel und Museum, aber auch eine wichtige Anlaufstelle, für alle, die die härtere Gangart mögen. Metal in allen Spielarten, Punk, Hardcore, sowie alles außen rum und mittendrin, ist der Schwerpunkt.

Die Platten stehen gepresst in den Regalen, die Kassetten und CDs klettern zur Decke hoch, und dazwischen finden sich Bücher über obskure Punkfanzines, der Geschichte des Metals allgemein, des Death- und Blackmetals sowieso und T-Shirts, T-Shirts, TS-Shirts. 

Natürlich sind alle großen Namen vertreten, und man muss in den Keller runter, weil da unten ein Thron aus Stein steht, komische Bereiche mit abgesperrten Gittertüren sind, Schilder, die auf Black-Metal verweisen, und Spuren eines Brandes zu sehen sind.

Neseblod Record Store, Oslo, 2025 Basement

Es geht das Gerücht um, das Neseblod abgebrannt sei. Das Internet erzählt davon. Tatsächlich, so der Besitzer ist das ein Jahr her, und es ging nur um den Keller. Als ich letztes Mal darin war, wurde im Keller noch gearbeitet. Es sieht nicht viel anders aus, aber die Arbeiten scheinen beendet. Man muss Zeit mitnehmen, die Muse sich tief einzugraben, und sollte Kenntnis von der Sache haben. 

Mitgenommen habe ich eine Platte von den Cramps. Damit natürlich meinen eigenen Schwur gebrochen. Die Cramps sind definitiv nicht regional, aber mindestens so legendär wie der Laden und, verflixt, ich vermisse sie immer wieder.

Ob ihr ein Faible für die Richtungen habt, die hier angeboten werden, oder nur mal reinschnuppern wollt – gönnt euch Neseblod. Es ist dunkel, es ist heimelig, es ist pure und wichtige Geschichte. Eine Lektion, die man in Oslo einfach mitnehmen muss.

Neseblod Record Store, Oslo 2025
Lake Street Dive (Support: Alisa Amador) im Rockefeller, Oslo am 14.02.2025

Lake Street Dive (Support: Alisa Amador) im Rockefeller, Oslo am 14.02.2025

Lake Street Dive im Rockefeller, 14.02.2025

Valentinstag. Luftballons und Blumensträuße waren in der ganzen Stadt unterwegs. Und vor dem Sentrum mal wieder eine gigantische Schlange für Father John Misty.  

Bei Lake Street Dive im Rockefeller schien es nicht so drängelnd. Aber das sollte sich ändern.

Ich hatte ihn bisher noch nie erlebt. Dieser ,nennen wir ihn mal, Taylor Swift-Effekt. Wenn junge Frauen, den Song mit voller Begeisterung und Lautstärke mitsingen, der Bühne entgegen schreien, sich freuen, nach vorne deuten und fast die Musik übertönen. Lake Street Dive also. Wieder etwas gelernt.

Die Überraschung des Abends war – ohne Zweifel und ohne, das jemand widersprechen kann – Alisa Amador. Die mit einer Handvoll Stücke, einem minimalen Synthesizer und einer Bassistin – während sie selbst Gitarre spielte und sang – das Publikum, und damit meine ich alle, dazu brachte sich einfach so ihn sie zu verlieben. Das ging so schnell und rasch, mit einfachen Worten und Charme. Nicht wissend wie einem geschah.

Alisa Amador im Rockefeller, Oslo, 14.02.2025

Zu einem Teil englisch, zum anderen spanisch, bot sie einen gelassenen Folkpop an. Und alle nahmen ihn dankbar ein. Melodien, die griffig genug waren, um sie wieder zu hören. Wieder zu hören. Und wieder zu hören.

Ganz klarer Höhepunkt: Der Gesang, der plötzlich von ihrer Begleiterin übernommen wurde. Fast gleichwertig. So das die Verwunderung zum Applaus wurde. Aber der Wunsch blieb: Man möchte mehr davon. Alisa Amador war als Support nur ein wunderschöner Moment. 

Lake Street Dive räumten die Bühne so leer, dass kein Monitor, keine Lampen, keine weiteren Boxen zu sehen waren. Die Location war im Grunde geräumt. Ein Gitarrist, ein Keyboard-Spieler, Drums, eine Bassistin und die Sängerin Rachael Price. Das war schon faszinierend leer und weitläufig. 

Im Grunde eine Country-orientierte Band, die mit Jazz und Soul  Einflüssen eine Art Westcoast-Sound spielt, der mit Blues flirtet und seine Herkunft eben in Nashville hat. Das funktioniert bereits seit Jahren so gut, dass die Diskografie umfangreich und die Gefolgschaft treu ist. 

Das ist tanzbar, eingängig und in jeder Beziehung professionell und mit leichter Feder so gestaltet, dass es angenehm und eingängig bleibt. 

In all den Jahren hat sich ein Repertoire angesammelt, das in der Halle in den ersten Sekunden erkannt und verstanden wurde. Es wurde mitgesungen, getanzt, gefeiert. Lake Street Dive schaffen es, ihre wichtigen Botschaften in einer zeitlosen Musik zu packen, die alles mitnimmt, was um und seit den 70er geschah. 

Die schönsten Momente und damit Höhepunkt der Show, waren genau jene drei Songs, bei denen sie sich umeinander scharrten, das Mikrofon teilten, und ohne Drums oder breiten, fetten Keyboard-Parts, – die sie locker können – das minimierten, was sie ausmachte: Die Liebe zum Soul und den Folksongs der Cowboys. Die kräftige Stimme von Rachael Price, das Stehbass von Bridget Kearny, sowie Akie Bearmiss, an einem Minikeyboard, das sich in eine Mundharmonika wandelt und nicht zu vergessen Mike Calabrese allein Perkussiv – das war erdverbunden, nah, live und großartig.

Und jetzt nochmal zum Anfang: Die Zugabe, angefangen mit dem alten Soul-Klassiker von Darly Hall und John Oates „Rich Girl“ war der Punkt, an dem sowieso alle tanzten. Aber die Begeisterung rechts von mir, war ansteckend und faszinierend. Hey, das ist eine wunderbare Zeit, in der Frauen die Musik prägen, ihre Songs finden und sie Wort für Wort auswendig können. Zähle mir die Superstars der aktuellen Charts auf und wir landen genau bei solchen Szenen, die von einer kraftvollen Identifikation und Selbstbestimmung erzählen. 

Für den letzten Abend in Oslo genau das richtig. Ist schon sehr cool hier in Oslo. Kann man lassen.

Externer Link: Alisa Amador –https://alisaamador.com/

Externer Link: Lake Street Dive – https://www.lakestreetdive.com/

Externer Link: Rockefeller – https://www.rockefeller.no/