Black Sea Shipping Company im Mikado, 08.02.2025

Irgendwas ist in den letzten Jahren mit der Black Sea Shipping Company passiert. Ich kann mich vage an einen Auftritt vor dem Durlacher Schloss erinnern, als ich eine Klezmer-Band sah, die sehr traditionell und mit sehr viel Erklärungen ein wirklich gutes, aber sehr klares Klezmer-Set spielten.
Es ist viel Zeit vergangen, und ich muss zugeben, ich hatte kaum Gelegenheit mir weitere Konzerte von der Black Sea Shipping Company anzusehen, somit war das da nach Langem ein Wiedersehen, dass mich überraschte.
Auf der Bühne stand eine selbstbewußte Band, die schon im Vorfeld einen unbestuhlten Raum wollte, weil es war ja klar und überhaupt – es sollte getanzt werden. Sie kündigten an, dass sie das Ding durchziehen, ein Konzert ohne Pause. Wer Getränke holen will, soll sie sich jederzeit holen, sie würden nun da bleiben bis zum Ende. Jawoll.
Tatsächlich spielten sie über zwei Stunden. Und wer mehr als ein Konzert im Jahr besucht, wird wissen – es ist ungewöhnlich. Konzerte werden kürzer, Preise teuerer, Streaming frisst einfach alles auf. Hier war alles anders: Eine Band mit einer wuchtigen Spielfreude, zu einem Taschengeldpreis besuchbar, spielte um Seele und Teufel, mit einer ansteckenden Laune und gutem Gefühl für Stimmungen und Timing.
Klezmer ist eine Musik, die durch Kontinente und Zeiten wanderte. Sie war formbar, zeitnah, und wurde oft von Menschen gespielt, die sich in ganz anderen Orchestern ihren Lebensunterhalt verdienten. Klezmer wird und wurde auf Hochzeiten gespielt. Es war vollkommen klar, das Swing seinen Einzug in Klezmer fand. Es war logisch, das russische Einflüsse genauso vertreten waren, wie jene aus dem Balkan. Klezmer gehört dem fahrenden Volk ebenso wie dem seßhaften. Die Kompositionen zitierten und zitieren noch heute.
Und wer sich um die Zukunft des Klezmers Sorge machen möchte, sollte die Konzerte der Black Sea Shipping Company besuchen. Denn dort werden sie vertrieben. Hier geht es über in den Blues, den Rock‘n‘Roll, Swing sowieso und auch Bluegrass findet sich dort wieder. Die Musik franst lustvoll aus, zitiert, vereinnahmt, nimmt mit. Das Publikum tanzte und das war die Hauptsache.
Die Black Sea Shipping Company ist erwachsen geworden. Es wird nicht mehr erklärt, es wird gespielt. Die Menschen ging mit, nahmen alles auf, und liebten diesen Bastard, der sich aus allen populären Folkrichtungen das Beste raussuchte. Und, verflixt, es war ja immer noch Klezmer, auch wenn dazwischen Tom Waits gesungen wurde. Die Sprachen wechselten ebenso wie die Stimmen.
Fünf Musiker: Geige, Saxophon, Drums, Gitarre, Bass. Und wenn es ging, dann wurde mal alles durchgewechselt, eine Klarinette rausgeholt, das Banjo gestimmt, das Bass von einem anderen gespielt. Kein Scheu vor Experimenten, keine Angst vor Solis, und alles schnell, furios, aufregend, am Limit und mit einem guten Blick über das Chaos.
Das alles war mittlerweile so selbständig und frech, dass es nach einer Platte schreit. Wo sonst sollte soviel Kreativität sonst landen oder verewigt werden?
Zwei Stunden wirken ungewohnt lang. Und dennoch, hätten sie drei Stunden gespielt, dann hätte ihr Publikum halt 3 Stunden weiter getanzt. Alles drin.
Externer Link: Black Sea Shipping Company – blackseashippingcompany.de
Externer Link: Mikado – Mikadokultur.de