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Tag: Tempel

Carrousel im Tempel, Karlsruhe am 26.04.2025

Carrousel im Tempel, Karlsruhe am 26.04.2025

Carrousel im Tempel Karlsruhe am 26.04.2025

Es ist die scheinbare Leichtfüßigkeit, mit der es Carrousel gelingt, den neuen französischen Chanson zu repräsentieren. Carrousel touren seit vielen Jahren um alle Stätten herum, die ich regelmäßig besuche. Und auch wenn ich glaubte, dass wir uns demnächst begegnen – ich also das Glück habe – sie zu sehen, gelang es mir bisher noch nie.

In vielen kleineren und größeren Städten haben sie sich mittlerweile ein Publikum erobert. Verständlich. In ihren Melodien und Arrangements, die eine große Verbundenheit mit der französischen Tradition der klaren Struktur und griffigen Songs aufweisen, bewegen sie sich auf die Erwartungen zu. 

Zu dritt auf der Bühne, als Kern Sophie Burande und Léonard Gogniat, sowie verstärkt mit einem Schlagzeuger, formen sie aus Gewohntem und Neuem eine Mischung, die genau den Momenten entspricht, die ein Sommertag in Frankreich mit sich bringen kann. 

Im Tempel war der Zustrom noch etwas zurückhaltend, der Saal jedoch verständlicherweise unbestuhlt. Denn Carrousel wollten, und konnten alle zum Tanzen auffordern. Ihr Spiel bezog die Anwesenden mit ein, band sie in die Texte, forderten den Chorus, und schließlich selbst ein Mitwirken über verteilte Spieluhren. 

Im Detail, und Verlauf des ganzen Konzertes, bewiesen sie sich als Multiinstrumentalisten. Vor allem Sophie Burande zeigte, dass das wohl typischste Instrument, das mit Frankreich verbunden wird – das Akkordeon – integraler Bestandteil ihrer Songs ist. Neben der Trompete, dem Xylophon (hochkant, mit aufrecht erhobenen Armen spielend) und der Melodica. 

Dabei sprang sie, tanzte, über die Bühne, ins Publikum, in der Mitte des Publikums. Carrousel  brachten eine beachtliche Menge eingängiger Werke mit, die haften bleiben und schon im Vorfeld so bekannt vorkommen, dass man sich wundert. Es gibt wenige Bands, die den Charme der französischen Musik so gekonnt  und schwungvoll präsentieren. Zu loben bleibt dabei die Energie, der Einsatz, sowie die Ausdruckskraft der Darbietung. Carrousel erfüllen die Ansprüche, die man mit ihnen verbindet. Dennoch gelingt es ihnen, die Einflüsse aktueller Richtungen, ganz nebenbei einfließen zu lassen. So war es ganz und gar nicht verwunderlich, dass sich in der neuesten Single leichte Rap-Einflüsse finden. Die aber vollkommen homogen erschien, und genau da hin gehörten.

Möchte man den Abend in einem Abschnitt umreißen, so bleibt ein zufriedenes, begeistertes Publikum zurück, das eine weitere Zugabe forderte, eine Band, die mit einem guten Händchen für ausgefeilte Songs die Herzen eroberte und ein Selfie mit allen, dass im Tourbuch Zuspruch erhielt. Eigentlich steht schon fest, dass sie wiederkommen werden, wahrscheinlich wieder mit einem Bündel Material, dass man sofort mitsingen kann. Ist so. Wird so. Können sie.

Externer Link: Carrousel – https://www.carrousel-musique.com/

Externer Link: Tempel –https://www.kulturzentrum-tempel.de/

Alina Sebastian (Support: Selina Cifric) im Tempel, Karlsruhe, am 15.03.2025

Alina Sebastian (Support: Selina Cifric) im Tempel, Karlsruhe, am 15.03.2025

Alina Sebastian und Band im Tempel in Karlsruhe am 15.03.205

Als ich vor einigen Wochen im eisigen Oslo einen Country Act im Rockefeller erlebte, war ich überrascht über die vielen Cowboy-Hüte und enganliegende Hemden. Überhaupt über den ernst gemeinten Versuch, das ganze Event authentisch zu erleben.

Soweit sind wir noch nicht. Country in Deutschland ist geprägt von Gunter Gabriel, Ronny und Truck Stop. Eine ganze Richtung, die einen sehr gemütlichen Ruf geniesst. 

Währenddessen jedoch passieren verschiedene Dinge: In der Heimat des Country gibt es Crossover-Versuche, die ausgesprochen populär sind und sicherlich Puristen irritieren. Country in Verbindung mit RnB, Country mit Hip Hop, Countryalben von Beyonce oder sehr moderne, Linedance-orientierte Stücke von Dasha und CeCe Frey. Das sieht nach einer Renaissance aus. 

Gleichzeitig etabliert sich in Europa eine Americana-Bewegung, die stark im skandinavischen Raum vertreten ist als Nordicana, aber auch in Deutschland immer mehr Zuspruch erhält. Im Augenblick emanzipiert sich der europäische Country von seinen amerikanischen Vorbildern. Die Bewegung orientiert sich an einem ursprünglichen, oft mit dem Folk verbundenen Spielarten.

Und was dabei herauskommt, das kann großartig sein. Doch der Reihe nach. 

Alina Sebastian spielte im Tempel.Im Vorprogramm leistete sie sich einen rauen, kantige Rohdiamanten. Selina Cifrik hat die Stimme, und die Energie große Dinge zu verkünden. Ihre Songs wirken ungeschliffen, rau, nahe und im guten Sinne wie Punk. Machen Songwriterinnen Punk, dann müssen sie sich wie Selina Cifrik anhören, die ungehemmt und angstfrei die Dinge angeht. Entschlossen, es zu rocken. 

Bewaffnet mit einer Gitarre stemmte sie ihre Songs wuchtig vor dem Publikum. Überraschte mit ihrem natürlichen Charme, der so einnehmend war, dass sie es sich als Vorgruppe erlauben konnte, das Publikum beim zweiten Stück zum Mitsingen aufzufordern. Mutig. Und das steht über allem, der Kraft, der rauchigen, knarzigen Stimme, die in ihren Tonarten sowohl Verletzlichkeit wie Wut präsentieren mag und der Botschaft an das Gute in uns. Das sind die großen Themen, so lässig und leicht präsentiert, dass man ihr Respekt zollen muss. Wird man noch von hören.

Dass Alina Sebastian sich jede Vorgruppe leisten kann, bewies sie kurz darauf mit ihrer Band. Es bereitet Hoffnung und Freude für das ganze Genre, jemanden zu sehen, die alle Gradwanderungen zwischen Rock und Pop mit Charme und Virtuosität meistert. Sie schließt da an, wo die großen Namen der europäischen Countrybands ihre Grenze an Deutschland festlegen möchten. Soll heißen: Wir haben hier eine Band, die mit allen Wassern gewaschen ist, die die Richtung rocken und tanzbar machen kann. Ganz wie man möchte. 

Weil Country immer noch etwa ist, dass man erklären, verteidigen und beim Plattenhändler unterm Tisch suchen muss, war der Tempel luftig besucht. Platz genug für beinharte Fans und solche, die es werden wollen. Aber die Bandbreite, die Alina mit ihrer Band vorlegte, dürfte überrascht haben. Anklänge an die luftigen Klänge der frühen Siebziger-Helden, die den Country als Abwechslung einfließen ließen, harte und vermischte Melodien, die im Gewitter der Instrumente, an die bluesigen Stoner unserer Tage erinnern und poppigen, und dennoch traurigen Balladen der großen Chanteusen des Country. Es ist der Band hoch anzurechnen, dass sie das alles wagt, aber auch kann. 

Das faszinierende an Alinas variantenreichem Gesang ist, wie schnell man vergisst, eben nicht in Nashville zu sein. Zugegeben, ich hatte weniger Nähe an den Ursprüngen erwartet, und war daher verliebt in das Banjo, aber auch in die mutige Einbindung des Instrumentes in einem der rhythmischsten Stücke des Abends. Sie spielten kein Bluegrass, kein Western Swing, aber waren so sehr an den modernen Versionen dieser Spielarten, dass es eine Freude war zu zu sehen. Viel Können, viel akkurates Setzen der Zitate und Liebe zum Ursprung der Richtung, so dass man von einer ernstzunehmenden, erstaunlich jungen Band sprechen kann, die hier in Deutschland etwas bewegen könnte.

Externer Link: Alina Sebastian https://www.alinasebastian.de/

Externer Link: Selina Cifric https://www.selinacifric.de/

Externer Link Tempel https://www.kulturzentrum-tempel.de/

Triosence im Tempel Karlsruhe, 31.01.2025

Triosence im Tempel Karlsruhe, 31.01.2025

Das Trio war schon immer eine klassische Jazzformation. Es gab und gibt auch Quartette. Aber kleine Bühnen, sowie enge Locations, doch vor allem die Möglichkeit drei Solisten einen angemessenen Raum zu lassen, das bietet ein Trio.

Triosence schwelgen im Guten, Reinen und Schönen. In ihren Melodien sind die Akzente klug gesetzt, dabei respektvoll im Umgang und harmonisch im Gesamtbild. Selbst wenn das Piano an der Ballade hängt, das Bass vorantreibt und das Schlagzeug lustvoll im Swing davon rollt. Es bleibt stimmig. Und dabei faszinierend angenehm und sauber.

Bernhard Schüler, als Komponist und Arrangeur der Stücke, berichtete dem Publikum im Tempel von den Hintergründen, der Kultur in Kassel und der Faszination für seinen Onkel. Dessen Werke von ihm  als Cover der Triosence-Alben verewigt wurden.

25 Jahre spielen die drei Musiker mittlerweile zusammen. Durchaus in wechselnder Besetzung, aber geprägt von Bernhard Schülers Kompositionen. Heute sind es also Bernhard Schüler am Piano und Omar Rodriguez Calvo am Bass, sowie Tobias Schulte an den Drums. 9 Alben haben sie bisher heraus gebracht. Ein Repertoire, dass reich an Geschichten und Eigenheiten ist. So sind ihre Stücke Beschreibungen der Landschaft, ihrer eigenen Beziehungen und werden damit zu Bildern. Zu kleinen Roadmovies. Zu an und abschwellenden Liebeserklärungen und ganz neuen Dingen, wenn sie sich in der Gruppendynamik oder mit einer Sängerin verändern.

Was auf einer Platte von Sara Gazareks Stimme begleitet wurde, ist nun instrumental. Wie alle Triosence-Stücke. Triosence bieten innerhalb von Schülers feinsinnigen Kompositionen, Raum für verspielte Jazzzitate, Abweichungen und einem Wiederkehren. Müßte ich jemanden erklären, was Jazz auch sein kann, wie Jazz Melodien erzeugen, verwandeln und Teilen erobern und zurück kehren kann, ich würde eine Triosence-Album auflegen. Und es wäre ein entspannter Abend, mit einem rhythmischen Nicken und ein Glas Wein..

Im Tempel war also der Genuß angesagt. Zurücklehnen, entspannen und fasziniert beobachten. Während die Lightshow geradezu zurückhaltend ausleuchtete und alles in allem Platz und Möglichkeiten für Erklärungen und Pausen blieb, wurde der Abschluss mit Standing Ovations und einer ausgedehnten Zugabe belohnt. Triosence überzeugten mit ihrer Interpretation und Auslegung der Möglichkeiten die zwischen Jazz und Neo-Klassik zu pendeln vermochten. Kompositionshandwerk vom Feinstern, und in der Kombination der Musiker mit humorvollen Aspekten, aber auch angenehmen Uptempo-Einflüssen verwoben. Und wenn sie jetzt nochmal 25 Jahre so weiter machen, dann werde ich das so lange wie möglich verfolgen, und immer wieder sehen.

Externer Link: Webseite der Band: Triosence.com

Externer Link: Webseite des Tempels: Kulturzentrum-Tempel.de

Lambert im Tempel, Karlsruhe, 28.11.2024

Lambert im Tempel, Karlsruhe, 28.11.2024

Lambert im Tempel, Karlsruhe, 28.11.2024

Also, über die Sache mit der Neo-Klassik müssen wir noch mal sprechen. Früher, so würden die altgedienten Sammler sagen, gab es ganze Labels, die bequemerweise  alles Jazz nannten – wahlweise New Jazz – und die Händler für Tonträger sortierten den Kram dann auch dort ein. Es gab und gibt auch noch heute „Neue Klassik“, aber das ist auch wieder etwas komplett anderes, und bezeichnet wahlweise auch nur Musik, die in den letzten hundert Jahren irgendwie klassischen Ansprüchen genügte.

„Neo Klassik“ könnte ein Phänomen der Streaming Zeit sein, in der wir uns gerade befinden, und für all jene die Zuflucht bedeuten, die Lounge und Ambient vielleicht doch etwas zu abgedroschen empfinden. Obwohl sich auch in diesen beiden Richtungen großartiges finden mag. Doch dazu komme ich wahrscheinlich zu einem angemesseneren Zeitpunkt, denn tatsächlich geht es hier um Lambert

Lambert ist so einer, der mit der Maske auf die Bühne kommt, wie vor ihm die Legenden aus einem ganz anderen Umfeld, sich an das Klavier setzt und vertrackte, verpuzzelte Melodien mit einer Detailtiefe spielt, von denen andere 20 Sekunden für ein ganzes Album nutzen möchten. Und wenn sich das Publikum sinnig und berührt zurücklehnt, weil all die Ansätze, Zitate und Feinheiten, doch schon irgendwie, aber auch nicht, mit der Klassik zu tun haben, dann fordert der Mann doch alle auf, mal ein bißchen mehr „Wow!“ und „Oh!“ zu rufen, an der Bar Getränke zu holen und überhaupt. Euphorie, Emotionen, Gläser an die Wand. Gut, letzteres hat er nicht gesagt.

Er weiß zu erzählen, er ist witzig, routiniert, fast schon ein Entertainer und dabei nahbar. Das wird honoriert. Spätestens als sein Schlagzeuger auf die Bühne kommt – Luca Marini, exzellenter Mann, nebenbei -nimmt das Tempo, etwas gemächlich, aber von Stück zu Stück, mehr zu. Ich habe ähnliches im Umfeld von Menschen erlebt, die Techno mit akustischen Instrumenten nachspielen. Erzähle mir keiner etwas von Neo-Klassik, wenn Lambert die Tasten mit dem Unterarm und dem Ellenbogen bedient. Dann klingt das eher so, als ob das Publikum gefälligst auf den Stühlen stehen soll, die Bühne brennen darf und wer tanzen will, sollte das verdammt nochmal tun. Er kann das alles.

Und das grandiose ist, selbst bei einer Verwandlung in einen alten Rock‘n‘Roller bleibt alles kunstfertig, setzt feine Akzente, ist sauber und mit viel Liebe für Kleinigkeiten, Möglichkeiten und Zitaten gespickt.

Ich gebe es zu, das Label „Neo-Klassik“ macht mich unruhig, weil es den Schirm zu weit aufspannt, jeden vereinnahmt, der mit einer klassischen Ausbildung Stücke verwandelt und modernisiert, und man bei Lambert sieht, dass ohne kontinuierliche Grenzüberschreitungen und dem Versuch Inspirationen aus anderen Welten zu bekommen, keine Größe und wirkliche Leistung möglich ist. Langer Satz? Ok, er kann es halt, und hebt sich damit aus der Masse der begabten Pianisten heraus, die ihren einzigen Trick gerne wiederholen. Die Vielfalt von Lamberts Spiel, die er in seinen Werken unterbringt, ist das Kapital, dem man stundenlang lauschen möchte.

Zwei Zugaben. Eine ohne Maske. Hey! Er hätte noch viel mehr machen können, und wir wären immer noch fasziniert gewesen. Er meinte, es ist Donnerstag, wir müssten ja alle morgen arbeiten. Mein Gott, wir wissen doch, dass das irgendwie geht.