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Schlagwort: RocknRoll

Lawrence (Support: Dylan Chambers)  im LKA, Longhorn, Stuttgart am 08.11.2025

Lawrence (Support: Dylan Chambers)  im LKA, Longhorn, Stuttgart am 08.11.2025

Lawrence im Longhorn in Stuttgart am 08.11.2025
Lawrence im Longhorn in Stuttgart am 08.11.2025

Jemand besseren als Dylan Chambers hätten sie für diesen Job wahrscheinlich nicht finden können. Lawrence traten im LKA-Longhorn auf. Dylan Chambers absolvierte seinen dritten Auftritt in Deutschland und überraschte wahrscheinlich alle. 

Das LKA Longhorn hat schon einige Jahre hinter sich. Von seiner einstigen Bestimmung, die auch für den Namen sorgte, ist nicht mehr viel zu sehen. 

Einst die längste Westerntheke diesseits von allem was sich amerikanisch nennt, hat es sich zu einer Veranstaltungslocation für alles und jeden gemausert. So sah ich in den letzten 30 (oder 40?) Jahren dort u.a. Michelle Shocked, Alex Clare, Tom Odell, aber auch Asaf Avidan. 

Mittlerweile ist die Theke nicht mehr ganz so lange, die Pokertische, die einst im Raum standen, sind wahrscheinlich schon vor vielen Jahren im Speermüll gelandet und es dürfen Wetten darauf angenommen werden: Square Dance Abende finden hier schon lange nicht mehr statt.

Das LKA Longhorn liegt etwas abseits von dem Zentrum Stuttgarts. Eingeklemmt zwischen Büros, Lagerhäuser, einer Schnellstraße, sowie religiöse Zentren und Discounter, ist es atmosphärisch im Stadtrandklima. Hat dadurch aber sicher ein bißchen Narrenfreiheit bezüglich der Lautstärke. 

Lawrence sind eine jener Namen und Gruppen, die man das ganze Jahr erwähnen kann, aber keiner kennt sie. In Amerika mittlerweile in den wichtigsten Talkshows zu Gast, ist es hierzulande noch schwer Tonträger jenseits vom Streamingformat zu finden. 

Dann kommt man zum LKA und die Schlange ist 100 Meter lang, die Leute tragen die T-Shirts der aktuellen Tour und kennen die Songs auswendig.

Das ist der Vorteil für all jene, die an den strategischen Konzertpunkten wohnen. Städte mit einem Flughafen. Orte, die eine schnelle Verbindung zur nächstgrößere Stadt anbieten. Tatsächlich waren Lawrence schon regelmäßig in Stuttgart zu Gast.

Dylan Chambers im Longhorn in Stuttgart am 08.11.2025
Dylan Chambers im Longhorn in Stuttgart am 08.11.2025

Doch zuerst: Dylan Chambers. Der Mann, der zu dritt auf der Bühne auftauchte. Einen Bassisten und einen Schlagzeuger anbei, und den Saal zum rocken brachte. Er nahm das Ding an, wandelte es in einer erstaunlichen Geschwindigkeit und ieferte alles mit, was man an Funk, Bluesrock und Rock’n’Roll brauchte. Dabei ausgestattet mit einem selbstbewußten Charme, der einfing, was einzufangen war.

Er hatte die Riffs großer Funklegenden genauso im Gepäck, wie die Standards des Rhythm’n’Blues. 

Und das so, als wären sie gerade aus der Jukebox in New Orleans entsprungen. Ein Glücksgriff für Lawrence.  Schließlich brachte er das Longhorn innerhalb kurzer Zeit zum Mitsingen, tanzen und swingen. 

Als ob er mit seinem Instrument schlafen und aufwachen würde, lieferte er sich mit seinem Bassisten die harmonischsten Duelle und Solis, die in der knappen Zeit möglich waren. Wie gesagt, Vorband, Job, und diesen vollkommen – mit unbändiger Freude und Einfallsreichtum – erfüllt. 

Zuvor hatte ich Lawrence in Rotterdam auf dem North-Sea-Jazzfest gesehen. In einem komprimierten Programm, gebündelt und gestrafft auf Festivalgröße. Nicht mit einer Vorband gerechnet. Und am Schluss (in Stuttgart) das Gefühl gehabt, ich hätte zwei große Bands gesehen.

Lawrence im Longhorn in Stuttgart am 08.11.2025
Lawrence im Longhorn in Stuttgart am 08.11.2025

Für Lawrence war es der richtige Opener am richtigen Ort. Die Erwartungshaltungen sind seit dem letzten Album „Family Business“ gewachsen. Angeführt von den Geschwistern Lawrence (Gracie und Clyde) klettern sie momentan in Amerika in der Beliebtheit, befinden sich gerade am höchsten Punkt in ihrer Karriere und es ist kein Ende in Sicht. Eine Grammy-Nominierung für „Something in the Water (acoustic)“ wurde gerade verkündet.

Sie kamen in gewohnt breiter Besetzung: Eine dreiköpfige Brass-Section, Vocals bei Gracie und Clyde (während er noch die Keyboards bedient), Schlagzeug, Bass, Gitarre und ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Denn die Bühne war voll, und gab sich im Gesamtbild als Büro mit Stühlen, Tischen, Utensilien, Telefon, Uhren und stilisierten Akten. Alles Teil der Show, alles eingebaut. 

Lawrence sind Profis. Daher war das, was sie ablieferten, wie immer eine, verwegene, wilde Mischung, aus Soul, Pop, Funk und Broadway. Sie nahmen die Bühne in ihrer Breite in Beschlag, boten eine gekonnte Choreographie, die Raum für alle und jeden liessen.

Lawrence können mittlerweile auf vier Alben zurückblicken. Das Material ist so vielfältig und breitgefächert, das Team so eingespielt, dass es ihnen möglich ist, spontan auf die Wünsche des Publikums zu reagieren. 

Die Gratwanderung zwischen der Pop-Ballade, der ausgelassenen Soulnummer und den Funk-Elementen, die ihnen den Spagat zwischen Rock und Discobestandteilen erlauben, beherrschen sie. Gracie wirbelte, im angedeuteten Business-Outfit über die Bühne, die Band begleitete sie mit klassischen Bläsersätzen, ungestümen Solis und einem guten Gefühl für Effekt und Einlagen.

Selbst, herunter gebrochen auf akustische Versionen, offenbarten die Songs ein gekonntes Gefühl für den Aufbau und Struktur, den ein Hit, ein Bestseller und ein erinnerungswürdiger Goldie haben sollte. 

Dass Lawrence ein gutes Händchen und Gefühl, aber auch eine versierte Ausbildung, haben, war daher nicht nur bei der Auswahl ihrer Vorband zu spüren, sondern auch in dem Aufbau der Show, sowie der Kommunikation mit dem Publikum.

Lawrence boten eine Show, mit einem Programm, das satt und fesch seine zwei Stunden erreichte – etwas, was nicht mehr allzu oft passiert. Zu erwarten ist: Nächstes Jahr muss man noch früher kommen, die Schlange vor der Tür wird wahrscheinlich die ganze Straße vom Longhorn einnehmen. Wenn der Laden dann nicht schon zu klein ist.

Externe Links:

Dylan Chambers https://www.dylanchambersmusic.com

Lawrencehttps://lawrencetheband.com

LKA Longhornhttps://lka-longhorn.de

Plattenläden in Den Haag (3): Bennies Fifties Den Haag

Plattenläden in Den Haag (3): Bennies Fifties Den Haag

Bennies Fifties Hague (Den Haag)
Bennies Fifties Hague (Den Haag)

Bennies Fifties Den Haag

Namensestraat 73, 2587 VX Den Haag (Externer Link: https://www.fiftiesstore.com/bennies-fifties)

Zu Bennies Fifties muss man zu allererst sagen: Das ist eigentlich kein Plattenladen. Das ist ein bunter Rausch, ein Museum, ein Ort, an dem man sich eine halbe Ewigkeit aufhalten kann und immer noch etwas entdeckt.

Den Haag ist bekannt für seine Gerichtsbarkeiten, seinem internationalen Strafvollzug und seinem Gefängnis. Unweit vom Gefängnis, auf dem Weg nach Scheveningen findet sich in Seitenstraße – in der man es nie vermutet hätte – die größte Sammlung Musikboxen, die ich bisher mit eigenen Augen gesehen habe. Bennies Fifties sieht schon von außen nicht nach einem Record-Store aus. Im Schaufenster findet sich Reklame aus den Fünfziger, Zapfsäulen und ähnliche Accessoires, die aber nicht alle in dem geschätzten Zeitrahmen beheimatet sind.

Das komplette Interieur des Ladens erinnert zwar an die Fünfziger, ist knallbunt und reicht von Klamotten, über Schilder und schlicht alles mögliche bis hin zu erstaunlichen Nerd-Utensilien, die man hier nicht vermutet hätte. Schwer einzuordnen, und der richtige Ort um Entdeckungen zu machen. Alles nicht so richtig zu fassen, und daher braucht es Zeit.

Das wichtigste für die Schallplattensammler: Bennies Fifties hat zu einem gigantischen Teil Neuware. Und hier geht es gnadenlos durch alle Genres, Stile und Veröffentlichungen. Vornehmlich Rock und Popmusik, aber auch Indie ist vertreten. Und zwar so dicht, so gepresst und in einer solchen Zahl, dass man die Fächer erstmal von einem Stoß Platten befreien muss. Man kommt sonst schlicht nicht durch. Mehr passt einfach nicht in die Boxen. Es macht auch Sinn, einfach mal nebendran zu schauen, denn hin und wieder liegt die komplette Discographie eines Künstlers einfach auf dem Boden oder in der Nähe. Dass ich Miley Cyrus hier kaufe, hätte ich nicht gedacht. Aber bei den aktuellen weiblichen Superstars ist es fast unmöglich bestimmte Ausgaben zu vernünftigen Preisen zu bekommen. Hier fand sich eine frühe Platte.

Bennies Fifties Hague (Den Haag)
Bennies Fifties Hague (Den Haag)

Es gibt auch eine Menge unsortierter Second Hand Scheiben in der 3 Euro Preislage, die aber mit viel Geduld betrachtet werden müssen. In der Mehrzahl handelt es sich eben um das, was liegen bleibt. Sampler, oder vergessene Helden der Schlagerära. Viel interessanter, und unerschöpflich dürften die Singles sein, die in einer unüberschaubaren, aber gut sortieren Weise fast jeden Namen anboten, der irgendwann mal wichtig war.

Vermutlich verpflichten die Musikboxen, die überall herumstehen, schon dazu. Allein die Musikboxen sind schon ein Besuch wert. Alle sind in einem vorzüglichen Zustand, angeschaltet und erstrahlen in den schönsten Farben.

Die Cramps fanden sich übrigens ebenfalls. Und ich hatte mir irgendwann mal geschworen, sie mitzunehmen, wenn ich eine Platte von ihnen finde. „Flamejob“ mag jetzt nicht das seltenste Exemplar sein, aber es sind die Cramps. Ich hätte es bereut, wenn ich sie nicht mitgenommen hätte.

Bennies Fifties Hague (Den Haag)
Bennies Fifties Hague (Den Haag)
Bennies Fifties Hague (Den Haag)
Bennies Fifties Hague (Den Haag)

Gekauft:

The Cramps – Flamejob

Miley Cyrus – Younger  Now

Gankino Circus im Kulturfenster Heidelberg, am 18.01.2025

Gankino Circus im Kulturfenster Heidelberg, am 18.01.2025

Gankino Circus im Kulturfenster in Heidelberg am 18.01.2025

Alles ganz anders. Die aktuelle Tour, die wild durch die Lande kreiselt, heißt „Das Gegenteil von Rock’n’Roll“. Die Recherche nennt sie eine Folkband aus Dietenhofen. Dazu später mehr. Zu Dietenhofen. Und nichts davon scheint einen Sinn zu ergeben, denn die Instrumentierung könnte eine Klezmer-, Cajun- und Polkaband hervorbringen. Doch auf der Bühne wackeln sie mit der Hüfte, spielen das Akkordeon wie ein Bass, die Gitarre schwelgt im Spanischen, die Klarinette im irischen und heraus kommt etwas amerikanisches. Und das ist doch Rock‘n‘Roll? 

Das Kulturfenster ist einer von den kleinen, versteckten Clubs, die im Hinterhof richtige, engagierte Arbeit für die Bühne leisten. Feine Bands, und andere Abende. Ein Stammpublikum, das sich kennt. Sowie ein helles, lichtes Ambiente mit viel Kunst an den Wänden und einen verglasten Vorbau. Wer sitzen will, darf sitzen. Die Hälfte des Raumes war bestuhlt. Sehr nahe, sehr offen. 

Gankino Circus kommen aus Dietenhofen. Nach dem ersten Song wußte es jeder, nach dem zweiten fühlte man sich heimisch, nach dem dritten erkannte sich wahrscheinlich mancher wieder. Alles scheint in dieser kleinen Region begründet, die aus altem und neuen Teil besteht und wohl irgendwie verantwortlich war für eine Band, die sich musikalisch überall einordnen könnte. Zwischen den Songs, fast schon komödiantische Kabinettstückchen, präsentierten Gankino Circus eine sehr dörfliche Idylle, die den üblichen Wahnsinn in sich trägt. Das dörfliche Gedächtnis, der Schaschlik-Charlie und was sonst noch das Herz schwer macht. Und die Heimat anziehend.

In ihren Arrangements jedoch kamen die verschiedensten Einflüsse, ohne überhaupt erwähnt zu werden, zum Tragen und mündeten immer wieder – sehr entschlossen und durchaus mit Zitaten bewaffnet – in einem amerikanischen Sound. Ganz und gar nicht das Gegenteil. Von Rock‘n‘Roll. 

Gankino Circus zogen ihr Ding durch. Sie rissen ihr sitzendes Publikum aus den Stühlen. Das Stehend war sowieso schwer zu halten. Sie rockten, sie schrammelten und wirbelten die Traditionen aus den verschiedensten Ländern in ihren Rhythmen. Das blieb eingängig, fast schon bekannt und mitsingen war gar nicht so schwer. Weil naheliegend. Gankino Circus machten Spaß, nahmen sich nicht ernst, hatten keine Scheu vor den Untiefen des Schlagers und Dietenhofen wurde quasi liebevoll geopfert. Am Schluss war es sowieso nur der Spiegel, in dem alle sich erkannten und befreit mitlachen konnten. Die Franken, also auch nicht anders. 

Es ist eine nicht zu unterschätzende Kunst, wenn Weltmusik so einfach und übergreifend, aber auch mitreißend präsentiert wird. So dass der Begriff gar nicht mehr auftaucht, weil ja alles nur eine große Gaudi ist. Und nichts anderes sollte es sein.

Externer Link: https://www.gankinocircus.de/

Externer Link: https://www.kulturfenster.de/