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Monat: November 2024

Nina Caroline – NUN Kulturraum, 23.11.2024

Nina Caroline – NUN Kulturraum, 23.11.2024

Keine Ahnung, ob ich es schon mal erwähnt habe: Das NUN ist Nachbarschaft, das liegt quasi um die Ecke rum, und ich gehe auf die Konzerte, wann immer ich kann. Und: Ich höre mir definitiv nichts vorher an. Mache keine YouTube-Recherche und schaue selten bis gar nicht in die Instagram-Profile der Künstler. 

Dazunoch: Hut-Konzerte hatte ich bisher im NUN immer verpasst. Warum? Weil es dazu schlicht keine Tickets im Shop gibt. Soll heißen, Hutkonzerte sind umsonst, und am Schluss schmeißt man in den Hut das, was einem der Abend wert war. 

Manche Locations machen das gerne an den eher unattraktiven Abenden, das NUN verzaubert einem damit den Samstagabend. Und das sollte man den Veranstaltern hoch anrechnen.

Denn tatsächlich ist ein Hutkonzert keine Aussage zur Qualität, sondern eher ein Experiment um jungen Künstlern eine Bühne zu bieten. Und: Wenn es stimmt, dass dieses das erste Konzert von Nina Caroline als Headliner war, dann hat sie es mehr als gekonnt gemeistert. Und es war, wie erwähnt, ein Hutkonzert!

Nina Caroline ist eine junge Singer-/Songwriterin aus Frankfurt am Main, die begleitet von einem Gitarristen/Bassisten, ihre Songs mit einer Klarheit und stimmlichen Reinheit vortrug, die schlichtweg überzeugte. Sie erzählte von Liebe, dem Verlassenwerden, den Irrtümern, die damit verbunden sind, und erzeugt eine Nähe, die sie mit ihrem Charme zu einem fragilen Kunstwerk aus Text und Musik formte.

Die Nachvollziehbarkeit der Geschichten, die sie in ihrem Repertoire verwob, machte es dem Publikum leicht ihr zu folgen und in den Räumlichkeiten, die das NUN anbietet, jene Atmosphäre zu erzeugen, die Publikum und Künstlerin für einen schönen, kleinen Zeitraum verbindet. 

Das Überraschendste des Abends war nun eher die Tatsache, dass ihr Name noch nicht die vermuteten Bekanntheitsgrad hat. Und über allem noch der Moment lag, in dem man dachte, dass man einen neuen Namen auf der Liste hat und nächstes Jahr bestimmt noch mehr hört und überhaupt, das kann doch nicht mehr lange dauern?

Nina Caroline schreibt, nach eigenen Aussagen, seit dem achten oder neunten Lebensjahr Songs, und so überrascht es nicht, dass ihre Werke, vorgetragen in einem kleinen Rahmen und Arrangement, schon den Schliff haben, der sie rund wirken lässt und tauglich für ein Bandprojekt. Das man ihr wünschen möchte. 

Um ein Fazit zu ziehen, und etwas lehrreiches hinter her zu schieben: Abende, wie jener mit Nina Caroline sind natürlich der Grund, warum ich mir vorher keine Videos anschauen muss, denn am Schluss bin ich so positiv überrascht, dass ich es eher bedauere keine Tonträger mit heim nehmen können. Dafür wird Nina Caroline demnächst in der zweiten Folge  von „What Remains?“ auftauchen, dem Blick auf all jene, von denen es noch keine Tonträger gibt.

No Sugar, No Cream – Laden Zwei, 23.11.2024

No Sugar, No Cream – Laden Zwei, 23.11.2024

Um „No Sugar, No Cream“ vorzustellen, muss ich erstmal gestehen, dass ich in all den Jahren, die ich nicht in Karlsruhe lebte, viel verpasst habe. Im Fall von „No Sugar, No Cream“ definitiv zuviel. 

Mittlerweile schaut die Band auf eine lange Geschichte und insgesamt vier Alben zurück, von denen ich gerade mal ein einziges kenne („Future, Exhale“), das ich eher zufällig im Musikhaus Schlaile sah. Der Kauf war dann auch eine Überraschungsgeschichte. Denn es war vor allem das Label „Americana Band aus Karlsruhe“, das mich anzog.  

„Americana“, das ist ja dieses weit gegriffene Genre, das irgendwie aus Folk, alternativem Country und den Nebenflüssen besteht. Namen wie Cowboy Junkies, Lone Justice, Tindersticks und Lambchop fallen da ein. Und all das trifft es, aber auch wieder nicht.

Das schöne ist: „No Sugar, No Cream“ gehen damit so lässig und unbefangen um, als seien sie ausschließlich damit aufgewachsen, und bespielen diese Richtung mit einer Bravour, die an Fertigkeit und Können gegenüber den genannten Namen nicht zurück stecken muss. Doch im Gegensatz zu besagten Cowboy Junkies, Lambchop und Tindersticks, gelingt es ihnen auch, den Gang höher zu schalten, und das Thema so beschwingt anzugehen, dass es zum Tanze reizt.

Der Laden Zwei ist eine intime Angelegenheit, die in den Räumlichkeiten stattfindet, in denen normalerweise Mode und Accessoires verkauft werden. Die Theke wird beiseite geschoben, das Publikum kennt sich, die Atmosphäre ist sehr angenehm und familiär. Das Ganze wirkt, auch angesichts der erzählenden Songs, und den Stories dahinter, als verbringe man einen Abend unter Freunden, und staune über deren Können.

Die Versiertheit und Spielfreude der Musiker veredeln so etwas natürlich. Nachdem ich das Album gekauft und gehört hatte, war ich verwundert über die Qualität. Ich wußte zu dem Zeitpunkt noch nichts von den vier Alben insgesamt. Ich wußte im Grunde genommen gar nichts, suchte Informationen, schrieb sie an, wollte etwas über den nächsten Auftritt wissen und, ganz ehrlich, hätte sie am liebsten sofort interviewt. So wurde ich auf den Laden Zwei aufmerksam, den sie mir als nächsten Auftrittsort nannten.

Alles, was vom Sänger und Songschreiber Pete Jay Funk, zu den Songs erzählt wurde, drückte eine Verbundenheit zum Land, zur Ruhe und schwedischen Lebensweise aus. Ich war vor ein paar Wochen auch in den nordischen Gefilden, nicht Schweden, aber Norwegen, und könnte sie mir als begleitenden Soundtrack für die Reise vorstellen. Denn es passt: zu Holzhäuser, Veranden, Wälder, Herbst und Winter, sowie den ersten Sonnenstrahlen im Frühling. „No Sugar, no Cream“ haben den Sound, der zum Roadmovie oder zum Ausblick über das Tal einlädt.

Neben dem Schlagzeug (Frank Schäffner) , der Bassgitarre (Andreas Jüttner ) und natürlich dem Sänger (Peter Jay Funk) , ist vor allem die Geige (Heike Wendelin) ein hervorstechendes Instrument der Band, dass in den Kompositionen atmosphärisch zu begeistern weiß. 

Sollten alle Konzerte im Laden Zwei, in dem ich auch das erste Mal war, so sein, dann gibt es für mich ein kleines Juwel am Gutenbergplatz. Und ich werde noch oft dort auftauchen.

Moop Mama – Karlstorbahnhof 20.11.2024

Moop Mama – Karlstorbahnhof 20.11.2024

Man möchte es nicht mehr Brass-Revival nennen, aber es ist schon erstaunlich, wie sich die Landschaft in den letzten 10 Jahren geändert hat. Brass Bands, das waren mal die Bands aus dem Bierzelt oder eben in der Dixieland. Maschine Band, also etwas, das dem Sarg voraus ging. Irgendwie alles eher gemütlich und in der aktuellen Popmusik nicht so recht vorstellbar. 

Es war natürlich immer klar, dass die Besten der Guten aus Bayern kommen. Labrassbanda ging voran, aber dann ging es scheinbar Schlag auf Schlag. Heute gibt es die Meute, Make a Move, die Jazzrausch Bigband, aus Brasilien Techno Brass und in Frankreich LGMX. Wie die Verzahnungen dazwischen sind, wer wem voraus ging und was davon Avantgarde ist, das mag man von Fall zu Fall entscheiden. Tatsächlich gibt es Verzahnungen! Doch dazu später mehr. Und in all dem belegt Moop Mama einen besonderen Platz. Seit 2008 sind Moop Mama aktiv, und das als Hip-Hop-Rap-Brass Band. Anfangs mit dem Rapper Keno. Mittlerweile hat er das Mikrofon an Älice weitergegeben und es fällt schwer darüber nachzudenken, ob das jemals anders war.

Älice tobte im neuen Karlstorbahnhof über die Bühne, rappte, tanzte, hielt das Ding am Laufen. Frontfrau in allen Facetten, hatte sie das Publikum erstaunlich schnell im Griff und auch die alten Songs wirkten wie aus einem Guß. Moop Mama hat ein erstaunlich großes Oeuvre, das abgearbeitet werden will und dabei veritablen Hits, die zum Mitsingen einluden. Erwähnt seien hier „König der Stadtmitte“, „Liebe“, „Elefanten“ und „Alle Kinder“. Und das Publikum schien sie alle zu kennen.

Mittlerweile besteht die Menge der Studioalben aus – je nach Zählweise –  5, und die Livealben aus 2. Die Zählweise ergibt sich aus der Veröffentlichungspolitik des letzten Albums „Wieder laut“, das in zwei Ausgaben und Etappen erschien. Einmal, randvoll mit vielen Stickern bei der Vinyledition, als „Wieder laut 1“ und „Wieder laut 2“, sowie einer Zusammenfassung in einem Doppel-Album.

Ähnlich war es fast bei dem Livealbum, das es ebenfalls als 1 und 2 gibt. Älice ist eine Bereicherung, die Band hatte selten frischer, munterer und verspielter gewirkt. Sie wirbelt wie ein Cheerleader zu den Solos über die Bühne, immer auch Animateurin wie Blickfang, unterstützt die Drumbattles und beherrscht die Moves. Es wirkt so als hätte die Band sich radikal verjüngt.

Und nochmal zu Bayern und der Verzahnung. Wer sich heute die Biografie der Band ansieht, die Instagram-Profile durchklickt, wird feststellen, es gibt ganz wunderbare Verwicklungen in Richtung Glenn Miller und der Jazzrausch Bigband. Und die Jazzrausch Bigband kommt wie Moop Mama oder Labrassbanda aus Bayern. 

Stoppok im Tollhaus – 10.11.2024

Stoppok im Tollhaus – 10.11.2024

Es ist eine Art Klassentreffen. Eine treue Gemeinde, die dem Ruf Folge leistet, die Songs auswendig kennt, mitsingt, und dafür sorgt, dass es von Beginn an einfach funktioniert. Seit 30 Jahren ist Stefan Stoppok nun unterwegs, und das zeigt sich vor allem auch daran, dass er – ganz Entertainer, ganz in seinem Element – sein Publikum im Griff hat. Und es ist tatsächlich sein Publikum, dass er mit heiserer Stimme durch das Programm führt.

Er hat eine neue Platte mitgebracht, „Teufelsküche“, dazu im Merch Kochschürzen und einen jungen Liedermacher aus Duisburg, Philipp Eisenblätter. Allgemein ist er als humorvoller Netzwerker bekannt. Der Musiker der Musiker. Die Inspiration für kommende und bereits vergangene Talente. So macht es Sinn, dass er neben den Klassikern wie „Dumpfbacke“, die vielstimmig bestätigt wurden, auch mal als Solonummer das eigentliche Duett mit Cäthe „Wer du wirklich bist“ darbot. Was erstaunlich gut funktionierte, selbst für diejenigen, die Cäthe stark vermissten.

Überhaupt – handelt es sich bei „Teufelsküche“  doch um das 20ste Album seiner Karriere – darf man nie vergessen, wieviele Musiker und Musikerinnen bereits seinen Weg gesäumt haben und ihn begleiteten. Die Liste der Namen scheint endlos, und irgendeinen davon kennt jede. Es sind zuviel bekannte.

Eigentlich, so könnte man sagen,  ist Stoppok ein Projekt, auch wenn an seiner Seite beständig immer wieder Reggie Worthy und Sebel stehen, die ihn seit Jahren begleiteten. Allein der Name des Schlagzeugers ging mir verloren. Pardon. Der war neu. 

Nach all dieser Zeit ist ein Konzert ein Heimspiel, wenn das Publikum all die Jahre gefolgt ist, das Alter teilt und die Songs auswendig kann. Der Bluesrock, der zumeist die Grundlage für Stoppoks Werk ist, ist solide, fest und stampfend, bleibt klassisch und virtuos, denn der Mann kann spielen. Er beherrscht die Saiten, macht die richtigen Witze über Trump und Putin, trägt den roten Anzug, als wäre dies Vegas, und die Sonnenbrille, wie das Grinsen, das zeigt, dass er einfach weiß, wo er ist, was er ist, und das Show mal wieder gut läuft. 

Das ist rund, das ist solide, und darf sich gerne wiederholen.