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Kategorie: Bands

Rhonda/ Support: Amber & The Moon in der alten Hackerei 27.11.2024

Rhonda/ Support: Amber & The Moon in der alten Hackerei 27.11.2024

Amber & The Moon in der alten Hackerei in Karlsruhe 27.11.2024

Die Location schien gewagt. Steht doch die „Alte Hackerei“ für Punk und alles, was außen rum fantastisch gedeiht. Amber & the Moon dagegen machen leises, ruhiges Liedgut, dass sie in die Nähe zum Folk bringt, aber dann doch wieder nicht, weil durchaus elektrisch. Man bricht sich die Zunge und den Daumen, wenn man sich heute über Genres unterhält. Das Gehirn mag sich verrenken, am Schluss bleibt nur zu sagen, dass es schon sehr viel intimer wirkt, wenn eine vierköpfige Band abgespeckt auf zwei Personen auf Tour geht Und die schaffen es in einer der härtesten Locations von Karlsruhe das Publikum zum Mitsingen bewegen.

Das nötigt Respekt ab. Ronja und Jonathan von Amber and the Moon sind fast traditionell mit Rhonda verbunden, waren sie doch schon vor einiger Zeit auf einer ähnlichen Tour als Vorband dabei. In einem Raum der nicht größer als ein durchschnittliches Wohnzimmer war erlebte ich sie damals in Bad Canstatt. Das Publikum bedrängt fast die Band, und das galt für Rhonda genauso wie auch Amber & the Moon. Umso schöner, dass man beidseitig gute Erinnerungen daran hat, denn es war ungefähr so, als befände man sich mit guten Freunden auf einer schönen Party.

Ähnlich in der alten Hackerei. Das die Vorweihnachtszeit angebrochen war, und außerdem ein Mittwochabend, all das mag mitgewirkt haben, aber unterm Strich muss man sagen, dass mit jedem Akkord, mit jeder glasklaren Zeile, die Anwesenden verharrten, lauschten und geneigt waren Amber & the Moon in das filigrane Gespinst ihrer Melodien zu folgen. Die alte Hackerei bot einen ungleich besseren Sound und eine richtige Bühne, die es für Amber & the Moon möglich machten, das Klangspektrum, und damit auch die leisen Töne, satter zu präsentieren. Etwas, was ihnen und ihren Werken gut tat, aber trotzdem dazu führt, dass man sich einfach mal die ganze Band wünscht. Wieviel mehr. Und überhaupt: Schon deswegen ist die bisher einzige Platte empfohlen.

Rhonda in der alten Hackerei, Karlsruhe, 27.11.2024

Zu Rhonda ist zu sagen, dass es ein schmerzlicher Abschied ist, wenn eine Band nochmal so rockig und fett seinen Abgang zelebriert. Schon nach wenigen Minuten war klar, dass man sie vermissen wird, diese wilde Kombination aus Blues, Rock, Soul und anderen Americana-Elementen, die da in Technicolor aufgefahren werden. Rhonda beackert ein in Deutschland eher unbekanntes Feld, in dem die grandiose Stimme von Milo einen Sound präsentiert, der so vertraut und doch so eigen wirkt. Ich kenne keine Band in diesem Land, die auch nur annähernd so unverkennbar im amerikanischen Songbook und den damit verbundenen Traditionen rumwühlt wie Rhonda.

Man möchte nicht meinen, dass alle aus unserer Ecke stammen, so lässig, so beflissen, so kenntnisreich präsentieren sie ein Image, das als zeitlos gelten mag, aber irgendwo in der Experimentierphase kurz nach dem Beat seinen Ursprung hat. Die Gitarren rein wie Stahl, die Orgel, als wäre nach den Sechzigern kein ähnliches Instrument mehr erfunden worden, und das Schlagzeug mit einer ungestümen Coolness, die zu langen Straßen passt.  Das ist eine hitverdächtige, immer gute Mischung, mit der man Klischees, Werbespots und Tarrantinofilme unterlegen kann. Warum zu Fux gehen die auseinander, wenn es so wirkt, als wäre dieses zauberhafte Gemisch schlicht nicht zu fälschen?

Zur alten Hackerei: Es war damals, ehemals, als es mal sowas wie einen Hit gab („Camera“) als ich Rhonda zum erstenmal in der alten Hackerei sah, und dann wie gesagt in Bad Canstatt, wo ich quasi für Ben die Gitarre halten hätte können, so nahe war ich ihm. Wieviel ungezwungener, rauher und wilder war dieser letzte Gruß in dem Punkladen. Das wirkte genauso, als wären sie nun dort wo sie hingehörten. Rockig, fetzig, ausgelassen, nochmal, dieses mal, ein letztes Mal.

Die Hoffnung ist, dass jede Abschiedstournee irgendwann zu einer Réunion-Tour führt. Unbedingt, und ich würde viel dafür geben. Selbst Oasis haben das hinbekommen. Hat ja auch niemand dran geglaubt.

No Sugar, No Cream – Laden Zwei, 23.11.2024

No Sugar, No Cream – Laden Zwei, 23.11.2024

Um „No Sugar, No Cream“ vorzustellen, muss ich erstmal gestehen, dass ich in all den Jahren, die ich nicht in Karlsruhe lebte, viel verpasst habe. Im Fall von „No Sugar, No Cream“ definitiv zuviel. 

Mittlerweile schaut die Band auf eine lange Geschichte und insgesamt vier Alben zurück, von denen ich gerade mal ein einziges kenne („Future, Exhale“), das ich eher zufällig im Musikhaus Schlaile sah. Der Kauf war dann auch eine Überraschungsgeschichte. Denn es war vor allem das Label „Americana Band aus Karlsruhe“, das mich anzog.  

„Americana“, das ist ja dieses weit gegriffene Genre, das irgendwie aus Folk, alternativem Country und den Nebenflüssen besteht. Namen wie Cowboy Junkies, Lone Justice, Tindersticks und Lambchop fallen da ein. Und all das trifft es, aber auch wieder nicht.

Das schöne ist: „No Sugar, No Cream“ gehen damit so lässig und unbefangen um, als seien sie ausschließlich damit aufgewachsen, und bespielen diese Richtung mit einer Bravour, die an Fertigkeit und Können gegenüber den genannten Namen nicht zurück stecken muss. Doch im Gegensatz zu besagten Cowboy Junkies, Lambchop und Tindersticks, gelingt es ihnen auch, den Gang höher zu schalten, und das Thema so beschwingt anzugehen, dass es zum Tanze reizt.

Der Laden Zwei ist eine intime Angelegenheit, die in den Räumlichkeiten stattfindet, in denen normalerweise Mode und Accessoires verkauft werden. Die Theke wird beiseite geschoben, das Publikum kennt sich, die Atmosphäre ist sehr angenehm und familiär. Das Ganze wirkt, auch angesichts der erzählenden Songs, und den Stories dahinter, als verbringe man einen Abend unter Freunden, und staune über deren Können.

Die Versiertheit und Spielfreude der Musiker veredeln so etwas natürlich. Nachdem ich das Album gekauft und gehört hatte, war ich verwundert über die Qualität. Ich wußte zu dem Zeitpunkt noch nichts von den vier Alben insgesamt. Ich wußte im Grunde genommen gar nichts, suchte Informationen, schrieb sie an, wollte etwas über den nächsten Auftritt wissen und, ganz ehrlich, hätte sie am liebsten sofort interviewt. So wurde ich auf den Laden Zwei aufmerksam, den sie mir als nächsten Auftrittsort nannten.

Alles, was vom Sänger und Songschreiber Pete Jay Funk, zu den Songs erzählt wurde, drückte eine Verbundenheit zum Land, zur Ruhe und schwedischen Lebensweise aus. Ich war vor ein paar Wochen auch in den nordischen Gefilden, nicht Schweden, aber Norwegen, und könnte sie mir als begleitenden Soundtrack für die Reise vorstellen. Denn es passt: zu Holzhäuser, Veranden, Wälder, Herbst und Winter, sowie den ersten Sonnenstrahlen im Frühling. „No Sugar, no Cream“ haben den Sound, der zum Roadmovie oder zum Ausblick über das Tal einlädt.

Neben dem Schlagzeug (Frank Schäffner) , der Bassgitarre (Andreas Jüttner ) und natürlich dem Sänger (Peter Jay Funk) , ist vor allem die Geige (Heike Wendelin) ein hervorstechendes Instrument der Band, dass in den Kompositionen atmosphärisch zu begeistern weiß. 

Sollten alle Konzerte im Laden Zwei, in dem ich auch das erste Mal war, so sein, dann gibt es für mich ein kleines Juwel am Gutenbergplatz. Und ich werde noch oft dort auftauchen.

Moop Mama – Karlstorbahnhof 20.11.2024

Moop Mama – Karlstorbahnhof 20.11.2024

Man möchte es nicht mehr Brass-Revival nennen, aber es ist schon erstaunlich, wie sich die Landschaft in den letzten 10 Jahren geändert hat. Brass Bands, das waren mal die Bands aus dem Bierzelt oder eben in der Dixieland. Maschine Band, also etwas, das dem Sarg voraus ging. Irgendwie alles eher gemütlich und in der aktuellen Popmusik nicht so recht vorstellbar. 

Es war natürlich immer klar, dass die Besten der Guten aus Bayern kommen. Labrassbanda ging voran, aber dann ging es scheinbar Schlag auf Schlag. Heute gibt es die Meute, Make a Move, die Jazzrausch Bigband, aus Brasilien Techno Brass und in Frankreich LGMX. Wie die Verzahnungen dazwischen sind, wer wem voraus ging und was davon Avantgarde ist, das mag man von Fall zu Fall entscheiden. Tatsächlich gibt es Verzahnungen! Doch dazu später mehr. Und in all dem belegt Moop Mama einen besonderen Platz. Seit 2008 sind Moop Mama aktiv, und das als Hip-Hop-Rap-Brass Band. Anfangs mit dem Rapper Keno. Mittlerweile hat er das Mikrofon an Älice weitergegeben und es fällt schwer darüber nachzudenken, ob das jemals anders war.

Älice tobte im neuen Karlstorbahnhof über die Bühne, rappte, tanzte, hielt das Ding am Laufen. Frontfrau in allen Facetten, hatte sie das Publikum erstaunlich schnell im Griff und auch die alten Songs wirkten wie aus einem Guß. Moop Mama hat ein erstaunlich großes Oeuvre, das abgearbeitet werden will und dabei veritablen Hits, die zum Mitsingen einluden. Erwähnt seien hier „König der Stadtmitte“, „Liebe“, „Elefanten“ und „Alle Kinder“. Und das Publikum schien sie alle zu kennen.

Mittlerweile besteht die Menge der Studioalben aus – je nach Zählweise –  5, und die Livealben aus 2. Die Zählweise ergibt sich aus der Veröffentlichungspolitik des letzten Albums „Wieder laut“, das in zwei Ausgaben und Etappen erschien. Einmal, randvoll mit vielen Stickern bei der Vinyledition, als „Wieder laut 1“ und „Wieder laut 2“, sowie einer Zusammenfassung in einem Doppel-Album.

Ähnlich war es fast bei dem Livealbum, das es ebenfalls als 1 und 2 gibt. Älice ist eine Bereicherung, die Band hatte selten frischer, munterer und verspielter gewirkt. Sie wirbelt wie ein Cheerleader zu den Solos über die Bühne, immer auch Animateurin wie Blickfang, unterstützt die Drumbattles und beherrscht die Moves. Es wirkt so als hätte die Band sich radikal verjüngt.

Und nochmal zu Bayern und der Verzahnung. Wer sich heute die Biografie der Band ansieht, die Instagram-Profile durchklickt, wird feststellen, es gibt ganz wunderbare Verwicklungen in Richtung Glenn Miller und der Jazzrausch Bigband. Und die Jazzrausch Bigband kommt wie Moop Mama oder Labrassbanda aus Bayern. 

The Bony King of nowhere – live im NUN 09.11.2024

The Bony King of nowhere – live im NUN 09.11.2024

Man kann es nur immer wieder sagen: Das „Nun“ (Externer Link: https://nun.cafe) in der Oststadt (Karlsruhe) hat ein glückliches Händchen was seine Bookings anbelangt. Ist direkte Nachbarschaft und eine ehemalige Eckkneipe. Nichts, was ins Auge fällt. Und Tagsüber eher unscheinbar.

Nach zwei Konzerten war mir klar, wann immer ich Zeit habe, werde ich dort vorbeigehen, und was immer mein Kalender zu lässt, wird mit Tickets fürs „Nun“ bedacht. Sie machen es einfach gut. Das Programm ist rund, stimmig und verlässlich. Das „Nun“ ist sowas wie das Wohnzimmer der hiesigen Konzert-Locations.

Das Publikum sitzt auf Stühlen, lehnt an der Wand oder macht es sich auf der Fensterbank bequem. Die Bar bietet genug Auswahl für einen gelungenen Abend, inklusive eines lokalen Craft-Beers, Pøbelbräu (Externer Link: https://www.poebelbräu.com) , das ich komischerweise nur dort bekomme. Und wenn ich zuviel davon trinke, dann dauert es vierzehn Tage bis die nächste Lieferung eingetroffen ist. Das sind die harten Zeiten. Aber darum geht es nicht.

„The Bony King of Nowhere“ traten auf. Und ich muss dazu sagen, ich habe es mir angewöhnt, vor einem Konzert im „Nun“ komplett auf die weitere Recherche zu verzichten. Ich gehe dahin ohne vorher YouTube, Spotify oder auch nur ChatGPT bemüht zu haben. Und dann, wie in diesem Fall, mit 3 Vinyl Platten der Band wieder heim. Die Konzerte im „Nun“ sind ausgesprochen günstig, die Preise oft weit unter 20 Euro. Aber, so wird es teuer.

Die klassische Besetzung: 2 Gitarren, davon eine logischerweise Bass, die andere E- und akustisch, und ein Schlagzeug. Der Vokal-Part oblag dem E-Gitarristen, soweit so normal, und was man hörte, das enthielt alle Farben, die die Palette bietet. Es fehlte nicht viel, um es sich all das größer vorzustellen, auf der Bühne, vor den Massen, in der Arena oder im TV. Es funktionierte, es wurde laut, es wurde furios, es war Rock’n’Roll, es wurde zu einem finalen Gewitter, und im nächsten Song zur Ballade. 

„The Bony King of Nowhere“ hatte all die Schlaksigkeit, die Lässigkeit, aber auch die Ernsthaftigkeit, die vonnöten war, um das Publikum davon zu überzeugen, dass sie gerade teilhaben an einer Entdeckung. 

Sofern sie die Band nicht schon vorher entdeckt hatten. 

Denn – wie gesagt – es gibt drei Alben, und noch zwei, drei CDs mehr. 

Fast anderthalb Stunden stand „The Bony King of Nowhere“ auf möglicherweise der kleinsten Bühne in Karlsruhe, wußten das Haus zu rocken, aber waren sichtlich überrascht, von der konzentrierten Ruhe der Anwesenden. Abende im „NUN“ gleichen den legendären MTV-unplugged Konzerten. Man ist sich nahe, lächelt glücklich und obwohl der Raum sehr begrenzt ist, lässt man der Band den Platz, den sie braucht. Den auch für die Band gibt es keinen weiteren Raum, zu dem sie fliehen kann. So standen „The Bony King of Nowhere“ zwischen dem Abschluss und der Zugabe, die pünktlich um 22:00 beendet sein muss, etwas unschlüssig im Publikum, bevor sie sich  mit dem einen, letzten Song unter Applaus verabschiedeten.

„The Bony King of Nowhere“ haben das Zeug zum Großen, zu Hallen, zu frenetischem Jubel und großen Touren. Da ist ein stimmiges Songwriting eine gute Grundlage, aber mehr noch das richtig Timing um den Lärm poetisch zum Höhepunkt zu formen. Sie können das.