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Schlagwort: Das Vereinsheim

Das Vereinsheim im Tollhaus am 2.12.2025

Das Vereinsheim im Tollhaus am 2.12.2025

Das Vereinsheim mit Henny Herz am 02.12.2025 im Tollhaus, Karlsruhe
Das Vereinsheim mit Henny Herz am 02.12.2025 im Tollhaus, Karlsruhe

Eigentlich ein Projekt, dass man Gesamtkunstwerk nennen will. Das Vereinsheim gehört zu jenen Bands, die das Tollhaus zum Wohnzimmer und sich selbst zum Interieur machen. Seit 13 Jahren stellen die Musiker David Maier (Gesang), Nico Schnepf (Keyboards) und der „Visual Artist“ Rouven Eller ein Konzept auf die Beine, dass so ungewöhnlich wie flexibel ist.

Mit ständig wechselnden Gästen gestalten sie, immer zu ähnlichen Zeiten im Frühjahr wie Winter, eine kleine Reihe Konzerte, die sowohl in Mannheim, wie in Karlsruhe, aber auch Mainz, stattfinden. Was sich so unspektakuläre gibt, ist die Zusammenkunft der verschiedensten Musiker, die sich innerhalb kürzester Zeit – quasi von heute auf morgen -auf Arrangements und Spielweisen einigen, die es in dieser Kombination noch nicht gab. Sessions könnten es sein, Events sind es.

Schon im Aufbau, der sich von der regulären Bühne verabschiedet, und die Nähe zum Publikum sucht, unterscheidet sich die Konzertreihe von den üblichen Veranstaltungen. Eingebettet, quasi umgeben von den Menschen, die ihnen beiwohnen, befinden sich die Musiker in deren Mitte. Ausgelegte Teppiche, Lampenschirme, und dazwischen alle Mitglieder sitzend im Kreis – mit dem Rücken zu den Anwesenden – gestalten sie einen Abend, der die intime Atmosphäre zum Programm hat. 

Und dabei erstaunlich beschwingt mit einem satten Groove daherkommen kann.

Die Kombination macht neugierig, die Namen sowieso. Als Gäste waren dieses Mal Tomek Witiak an der Gitarre, David Mette an den Drums, Joel Fonsegriven am Bass, aber auch Bartleby Delicate, ein kraftvoller Singer-Songwriter mit ausdrucksstarker Stimme aus Luxemburg, sowie Henny Herz, eine junge Sängerin, die ihre eigenen Stücke vortrug, anwesend. 

Die charmante Lässigkeit der Präsentation, die David Maier als Gastgeber und Moderator des Abends bewies, ging einher mit dem breiten und fast nostalgischen Sound der Orgel, die Nico Schnepf bediente. So zurückgelehnt die Musiker in ihren Sesseln saßen, und das Publikum in der bestuhlten Halle lauschte – so rhythmisch, geradezu tanzbar konnte es werden. Das waren die coolsten Elemente des Jazz, ebenso vertreten, wie die relaxten Disco-Rhythmen, der frühen Souljahre.  Wo David Mette seine Vielseitigkeit am Schlagzeug bewies, ergänzte ihn Nico Schnepf mit einem verspielten Klang, der die Wärme der frühen Jahre vermitteln konnte.

Die Abende, die das Vereinsheim gestaltet, sind eingepackt in ein visuelles Lichtdesign, dass den kompletten Saal je nach Stimmung ausleuchtet, begleitet – dabei mit Bildern, Symbolen von allen Seiten flutet und ihn dadurch erweitert, begrenzt oder konzentriert. Je nach Song, je nach Farbe, nach Arrangement.

Die SängerInnen wechselten sich ab, hatten vor der ersten Pause jeweils ein Set mit 2-3 Songs, umgeben von einer sanften Art des poetischen Chansons, die humorvoll von David Maier vorgetragen wurde. Ein Spektrum zwischen Sommerregen und Klimakleber, mit viel Sinn fürs Detail und mutigen Ausflügen in alle möglichen musikalischen Anleihen. Hingebungsvoll in der Dramatik, leise und berührend an den ruhigen Stellen mit einer schmunzelnden Ironie im Detail.

Bartleby Delicate hatte dabei die Kraft und Entschlossenheit dem Karlsruher Publikum in Erinnerung zu bleiben. Geradezu klassisch war er – so berichtete er – es gewohnt, seine Aufnahmen zwar mit Band einzuspielen, aber auf der Bühne in der Regel alleine vorzutragen. Um so mehr genoss er die Vielfalt der Möglichkeiten, das versierte Spiel seiner Mitstreiter, und den vollen Umfang eines Sounds, der seinen Songs das richtige Fundament und viel Wirkung gaben. 

Seine melancholischen Rocksongs, die vor allem durch seine stimmliche Interpretation hervorstechen, bewiesen damit eine Qualität, die ein Wiedersehen nicht nur wünschenswert, sondern sicherlich möglich machen. Das Vereinsheim zeigte mit ihm, aber auch mit Henny Herz, und überhaupt allen anwesenden Künstlern einen guten Instinkt für ein gelungenes Zusammenspiel. 

Zugegeben: Henny Herz war sowieso mit ein Grund, das Konzert zu besuchen. Bisher nur bekannt durch ihr letztes Album, war ich gespannt auf ihren Auftritt. Das Vereinsheim schuf ihren Stücken dichte Räume, eine starke Dramatik und weite Landschaften. Henny Herz zeichnet sich durch eine sehr ruhige, zurückhaltende Instrumentierung aus, bewies aber mit „Weirdo“ und dem Hintergrund durch das Vereinsheim eine  spannende Richtung, die dem Blues eine tiefe Färbung verliehen.

Sie gehört mit ihren gesanglichen Möglichkeiten, der Modulation und Gestaltung ihrer Songs zu einer der interessantesten Interpretinnen im Songwriting-Genre. Ihre Songs, die sowohl zerbrechlich, geradezu berührend fragil wirken, mögen sich hin und wieder durchaus in eine rockige Richtung steigern, aber sind vor allem sehr gefühlvolle Erzählungen und Betrachtungen, die dem Abend viel gaben und damit die beste Wahl waren.

Die Kunst, eine solche Konzertreihe von einem Samstag auf einen Sonntagabend zu schaffen, mit Musikern, die aus allen Ecken der Republik anreisten, und damit den vorgetragen Stücken neues abzugewinnen – und ungehörte Fehler einfliessen zu lassen, die sowieso niemand bemerkt – machte allen Beteiligten spürbar Spaß. 

Ist das, was den Reiz ausmacht. Zum Wiederbesuch einlädt. Vielleicht schon für den nächsten Abend. Den jeder ist angeblich anders. 

So wie es aussah, kamen alle Besucherinnen wieder. Seit Jahren. Hat Gründe.

(Dieses war übrigens der 200ste Artikel auf Jazznrhythm.com)

Externe Links:

Henny Herzhttps://www.hennyherz.com

Bartleby Delicatehttps://www.bartlebydelicate.live

Das Vereinsheim https://www.dasvereinsheim.com

Das Tollhaushttps://www.tollhaus.de/