Laden zwei: Musik aus der Ladenecke #38 (mit Sandie Wollasch, Rolf Ableiter, Jochen Seiterle und Sandrine Neye)

Man möchte nichts Gutes über die Coronazeit sagen. Und dennoch gibt es Projekte, die vielleicht ohne diese einschneidende Phase nie entstanden wären.
Der Laden Zwei von Manuela Seith geniesst schon seit einiger Zeit einen guten Ruf. Das ist unter anderem dem Engagement und der Leidenschaft für die Projekte rund um den Gutenbergplatz zu verdanken.
In jener Phase, die dazu führte, dass wir uns alle abkapselten, die Kontakte einschränkten und versuchten andere nicht anzustecken, waren bestimmte Bevölkerungsgruppen auch von ihren Möglichkeiten des Broterwerbs abgeschnitten.
KünstlerInnen konnten Vorhaben nicht mehr beenden, Konzerte konnten nicht mehr stattfinden und die Möglichkeiten für Auftritte waren nicht nur eingeschränkt, sie waren oftmals gar nicht mehr vorhanden. Nie waren Live-Übertragungen, Videokonferenzen und ähnliche Lösungen wichtiger.
Es war faszinierend, wie schnell sich ein Land auf die neue Situation versuchte einzustellen. Es war genau in diesem Zeitraum, als die Konzerte im Laden Zwei unter dem Titel „Musik aus der LadenEcke“ sich schließlich auf YouTube etablierten und einen eigenen Kanal bekamen.
Noch heute finden sich dort 37 Konzerte unter der Moderation von Sandie Wollasch und Rolf Ableiter. Das Ambiente war so einfach wie genial. Man nutzte für diese Events, die komplett ohne Publikum, aber mit dem richtigen technischen Equipment stattfanden, den Laden Zwei in der Goethestraße und stellte das Ergebnis auf YouTube den Interessierten zur Verfügung.
Der Rahmen war immer gleich: Ein Sofa, zwei Gastgeber – Sandie und Rolf – und mindestens ein musikalischer Gast. Die beiden, die durch die kurzen Konzerte führten, weisen jeweils für sich eine lange Karriere in verschiedenen eigenen Programmen und als Gastmusiker vor, so daß die Gäste und Gästinnen illustren und spannend waren.
37 aufgezeichnete Konzerte sind ein Schatz, der hoffentlich noch lange zur Verfügung steht. Umso spannender war es, wie und ob das Konzept auch mit Publikum funktioniert und ob es eine Chance zur Fortführung hat.
Der Abstand zu Corona scheint uns groß, und fast möchte man es als vergangenes, historisches Ereignis abtun, an dem wir alle teilnahmen. Doch mit der Nummer 38 der Reihe, in der gleichen, intimen Atmosphäre des Ladens, kamen noch mal die Erinnerungen auf. Abstandhalten. Das hieß es auch für die Protagonisten bei den Videos. Ein Sofa stand im Zentrum jeden Konzerts. Auf dem schließlich ein Gast Platz nehmen konnte, und auch hier ging es um Zentimeter und Einhaltung der Obergrenzen.

Sandie Wollasch und Rolf Ableiter luden noch einmal ein. Fast fühlte es sich an, wie ein Abschluss und die Beendigung einer wichtigen, und erfolgreichen Reihe. Ein kleines, familiäres Treffen vor langen Reihen T-Shirts, abermals auf dem Sofa, aber dieses Mal mit einem Publikum, das begeistert teilnahm.
Als Gäste kamen Sandrine Neye und Jochen Seiterle. Sie eine aufstrebende Singer-SongwriterIn, die bisher verschiedenen Jazz-Formationen ihre Stimme leihte, er ein Gitarrist, der sich mühelos im Umfeld aus Chanson, Jazz und Americana bewegt.
Wärend Jochen Seiterle, von dessen Serge Gainsbourg-Interpretationen geschwärmt wurde, die dunkle Seite eines Nick Caves ebenso bravourös mit Sandie in einer eigenen Version von „Where the wild roses grow“ beleuchtete – war es bei Sandrine Neye vor allem die warme Stimme und das gefühlvolle, lyrische Bild, dass sie auf ihren ersten eigenen Songs zum Tragen brachte.
Rolf Ableiters Karriere als Field Commander C, der in verschiedenen Formationen Cohen-Songs in der ganzen Republik, spielt, ist bekannt, und so war es nur folgerichtig, dass er (neben eigenen Werken) auch in diesem Rahmen eine Cohen-Nummer vortrug.
Was „Musik in der Ladenecke“ auszeichnete und auch dieses Mal ein wichtiges Element war, ist vor allem die Authentizität und Nähe, die diese intime Atmosphäre ausstrahlte. Kein großes Equipment, alles begrenzt und vereinfacht. Fast unplugged, und im Stil und Vermögen auch genau dort angesiedelt, offenbart es die Fähigkeiten der Beteiligten. Zur Improvisation, zur Leidenschaft und zur Freude. Vor allem auch der Anwesenden.
Wenn Sandie Wollasch und Sandrine Neye zu einem Standard von Whitney Houston im Duett sangen, dann offenbarten sich verschieden Dinge: Zum Einen die Begeisterung, die Sängerinnen für die Leistung der großen Soulinterpretin empfinden, aber auch wie farbig und vorsichtig man sich dem Song annähern kann. Um dann etwas Neues, ebenso Großartiges daraus zu entwickeln.
Die Coronazeit ist vorbei. Ein jeder von Ihnen hat nun neue Projekte vor sich, so daß man nicht nur gespannt sein darf auf Rolf Ableiters neues Album, das einige vergessene Songs, die zur falschen Zeit (wieder Corona) veröffentlicht wurden, neu arrangiert. Sondern das man auch das Konzert mit Sandie Wollasch nächste Woche im Tollhaus, am 11.09., wieder mit Sandrine , als Highlight entgegensehen kann. Und wenn Jochen Seiterle nochmal irgendwo Monsieur Gainsbourg interpretieren möchte, dann wäre das natürlich auch mehr als willkommen.

Alles in allem, um ein Fazit anzufügen: Im Laden Zwei hat sich eine Konzertreihe etabliert, die ein Tiny-Desk-Format an den Gutenbergplatz brachte. Es gibt keinen Anlass mehr dafür – und das ist gut – , auch der Aufwand darf nicht unterschätzt werden – der Laden muss quasi einmal pro Event – ausgeräumt werden, aber das Format hätte es irgendwie verdient in die Zukunft gerettet zu werden. Vor allem: Sandie und Rolf sind wirklich ein eingespieltes Team. Sie sollten es unbedingt noch einmal machen.