Durchsuchen nach
Schlagwort: Liedermacher

Robert Carl Blank am 03.10.2025 im Mikado

Robert Carl Blank am 03.10.2025 im Mikado

Robert Carl Blank im Mikado am 03.10.2025
Robert Carl Blank im Mikado am 03.10.2025

Hamburger gelten als wortkarg. Aber das war er eigentlich gar nicht. Robert Carl  Blank trat im Mikado auf und brachte alles mit. Die Geschichten und die Songs aus jenen Jahren, die uns allen zu schaffen machten. 

Corona wird in den Geschichtsbüchern der kreativen Menschen auch noch viel später eine Zeit sein, die für Umbrüche und Neugestaltungen verantwortlich waren.  War er davor im Englischen beheimatet, und spielte mehrere Alben in dieser bevorzugten Sprache ein, so fand er während der dieser Zeit den Weg vom Singer-Songwriter zum Liedermacher. Es erschien danach, mit all den Stücken, die er in diesen Tagen schuf, sein erstes Album in deutsch. 

Beinahe hätte ich nun das Wort Muttersprache verwendet, doch so einfach ist die Geschichte nicht.  Es liegt an ihm, sie zu erzählen. 

Mit Wurzeln in Tschechien gilt seine Liebe dem Osten Europas, auch wenn er Plattdeutsch „snakkt“ und den Blues und Folk, damit Americana in all seine Songs einfließen lässt. Seine Worte passen dazu. Nutzen die Erzählweise, den Schwung und die zurückhaltende Melancholie, die dieser Richtung innen wohnen kann. 

Alles ein bißchen Straße, Roadmovie, der Weg, die Veränderung und die Erinnerung an die Spaziergänge, der Ruhe und dem Hoffen auf etwas, was danach kommt. Er schreibt, so erzählt er, seine Lieder gerne unterwegs, an anderen Orten, weniger daheim, vielmehr dort, wo eben kein Alltag ist. Merkt man ihnen an. Mit klarer, kräftiger Stimme sind sie immer ein Aufbruch, ein Mut machen oder ein Blick auf die positiven Momente.

Robert Carl Blank nutzt dabei ein reiches Instrumentarium. Gitarren, drei, davon eine Steelguitar, sowie ein Banjo. Alleine auf der Bühne, nur er und seine Lyrik, gekleidet in der traditionellen, amerikanischen Musik, reiht er sich ein, in die verschwundene Kunst des Liedermachens, die etwas aus der Sicht geraten ist. 

Feilt heute jemand an Zeilen und Strophen in Deutsch, dann findet sich das stärker in anderen Genres. Sich auf Konstantin Wecker zu beziehen – und sei es nur, wenn es um die Bedeutung der eigenen Lyrik geht – verweist auf große Vorbilder und eine Ahnung, wohin die Reise gehen kann. 

So transportiert ein Text von ihm auch mal das Gefühl und nicht die Logik, um sich dann der vielfältigen Interpretation zu öffnen. Wie so oft geht es auch dabei um den Weg, die Beobachtungen, das was am Straßenrand passiert und mit dem Herzen gesehen wird.

Er macht das mit gekonnter Beschränkung auf das notwendige, und lässiger Spielfreude. Zeigt viel Übung im Setzen der wichtigsten Punkte und Melodien, bringt damit das Publikum schon nach kurzer Zeit zum Mitsingen.

Das will etwas heißen. Respekt davor, und Hochachtung, dass es funktioniert und klappt. Etwas, was man den Hamburgern natürlich auch unterstellt: Wenn sie etwas sagen, dann ist es so knapp, dass es nur aufrichtig und ehrlich sein kann. Soviel Nähe war spürbar, das macht den Charme. Und gelingt ihm mit beneidenswerter Selbstironie. 

Der Abend war rund. Wurde unplugged beendet, also ohne Strom. Wirkte dann erstaunlich ruhig, privat und wie ein Abschiedsgruß. Den man gerne mitnahm.

Externer Link:

https://www.robertcarlblank.de

Tonspur Nr. 12: Knut Kiesewetter „So sing‘ ich nur für dich“

Tonspur Nr. 12: Knut Kiesewetter „So sing‘ ich nur für dich“

Knut Kiesewetter - So sing‘ ich nur für dich

Titelliste:

  1. Annies Lied
  2. Ein Stück Holz
  3. Der Winter steht klirrend vorm Fenster
  4. Ein Fremder in der eignen Heimatstadt
  5. Willst du dein Herz mir schenken
  6. Wir Liebenden
  7. So sing ich nur für dich
  8. Der Lehrer
  9. Der Sommer geht über die Felder
  10. Öffne dein Fenster
  11. Mein Sinn ist mir vewirret
  12. Ich werde dich und uns‘re Zeit wohl nie vergessen

Die Wurzeln von Knut Kiesewetter lagen im Jazz. Trotzdem bewegte er sich zunehmenden, vom Jazz-Gesang, in die Interpretation amerikanisch orientierter Country- und Folksongs auf Deutsch. Im Grenzbereich zu den damals, in den Siebzigern, sehr populären Liedermachern, war Knut Kiesewetter schwer einzuordnen. In seiner späteren Phase war er mehr im Plattdeutschen daheim , und huldigte damit seine friesische Heimat.

Seine Stimme schien, durch das eher bass-orientierte Auftreten, passend für die Countrywelle. Es gab auch keine Scheu, die auch im Original teilweise sehr einfach gestrickten Texte, äquivalent ins Deutsche zu übersetzen bzw. ähnliches zu texten. Was Knut Kiesewetter auszeichnete, war eine einfühlsame, sehr glaubhafte Ehrlichkeit, so dass er trotz seines stabilen und geradem Auftreten, sehr gefühlvoll und sensibel wirkte. Er erzählte Geschichten, die in der nordischen Ebene angesiedelt waren. Die noch dazu mit dem Aufnahmeort „Friesenhof“ in ihrer Authenzität verstärkt wurden. 

Heute hat das Album einen nostalgischen, warmherzigen Bezug zu den Siebziger – in einer Tonlage, wie sie heute eher im Schlager vermutet wird. Trotzdem ist Knut Kiesewetter nahe beim irischen Folk und seinen Spielarten. In der, durchaus angenehmen Schlichtheit, kann man sagen, dass es musikalisch zwar nun aus der Zeit gefallen wirkt, aber Knut Kiesewetter es verdient hat, vor allem wegen seinem weiteren künstlerischen Gang, genauer betrachtet zu werden.

Tonspur ist eine kleine Reihe, die in kurzen und knappen Beschreibungen (maximal 200 Wörter) sich mit den Alben befasst, die ich im Laufe des Tages anhöre. Sie folgt damit keinem Genre und keiner Reihenfolge. Ist lediglich nummeriert

Paul Plut im Cafe NUN Kulturraum, Karlsruhe, am 17.01.2025

Paul Plut im Cafe NUN Kulturraum, Karlsruhe, am 17.01.2025

Eigenständiger wäre die Eröffnung des Konzertjahres im NUN kaum möglich gewesen. Eine herbe, melancholische Heimatliebe für die Steiermark zeichnet Paul Plut aus. Seine Werk, so mag man es nennen, ist gewürzt von Anekdoten. Kleine Geschichten über Schmerz, Verlust und einem dadaistischen Humor, der sich verführerisch einschleicht.

Zu Beginn archaisch, in der Fortführung theatralisch und vom Instrumentarium, wie auch dessen Nutzung, stark individualistisch. Paul Plut führte sein Publikum in die geheimnisvolle Welt österreichischer Kleinstädte, Berge und ihren Eigenheiten. Ein Instrument ist nur ein Instrument. Bis es genutzt wird. Alleine auf der Bühne, umgeben von Gitarren, einem Akkordeon, Kassetten, einer Orgel und der selbstgebauten Teufelsgeige, sowie einem Holzbrett, das sein vehementes Stampfen verstärkte, offenbarte er ein Sound-Spektrum, dass sich alles erlaubte und vieles wagte.

Es wurde verstärkt, verzerrt, harmoniert und in voller Liebe auch mal Hildegard Knef und zuletzt durchaus Rio Reiser interpretiert. Er lebt die Inbrunst der rauen Töne, ebenso wie die zerbrechliche Sprache der Chansons. Letztere lebt von den Kleinigkeiten des Weglassens, ersteres von der Kraft der ungehemmten Artikulation. Schwer zu fassen. Kaum möglich etwas herauszustellen.

In der Tradition mag man durchaus Liedermacher erkennen, die natürlich ihre Spuren in seinem Vortrag hinterlassen haben. Aber in der Konsequenz, in der er einfach die Möglichkeiten erweiterte, das musikalische Erbe bereit  ist, zu verfremden, in Stürmen und eigenen Kreationen zu verschmelzen, zeigt sich etwas, dass durchaus auch mal rauer, dreckiger, unerwartet sein konnte.

Blues ohne Blues zu sein, Punk ohne es Punk nennen zu wollen, Rock ohne Kraut, aber durch die Wucht, die lediglich eine Person erzeugen konnte, ein kammermusikalisches Ding. Mit dem Akkordeon in der Region angesiedelt. Im Text, schon durch Ausdruck und Stimmungsbild, mit der Heimat verhaftet. Angeblich verstehen ihn selbst die Menschen in Österreich nicht überall. Und das uns. In Deutschland. Im NUN, wo er begeistert gefeiert wurde. Zu zwei Zugaben aufgefordert und wenn es mehr gewesen wären, hätte auch niemand etwas dagegen gehabt.

Paul Plut komponiert für das Theater, beteiligt sich an Kunstaktionen, ist auch lyrisch beachtenswert und mit den Füßen und der Seele seinem Land verbunden. So kommt es zu einer Mischung, die dem Volkslied nahe, aber der modernen Interpretation näher ist. Wenn die Gitarre einem Orkan aus Verzerrung erliegt, dann hat die Kunst gewonnen, sich Raum geschaffen und das Werk eines Eigenbrödlers, der an alten Techniken festhält und sie in die Jetztzeit einführt, ihre Wiedererkennbarkeit erlangt. Wie bei anderen, große Künstlern, die ebenso neugierig verfremden und Technologien vermischen, bleibt auch hier das Gefühl des Happenings – der Einmaligkeit – erhalten. Eine Aktion. Eine Kunst. Das kann nicht weg, das ist gekommen um zu bleiben. Es bleibt auch die Gratwanderung zwischen Mut, Fluch und der spürbaren Sehnsucht nach der Heimat.

Dem NUN ist zu danken, dass sie Experimenten aufgeschlossen gegenüber sind. Als Eröffnung der Saison hat es die Erwartungen hochgesteckt.

Externer Link: https://paulplut.com/anfang

Externer Link: https://nun.cafe/

What Remains? – Folge 1 (2024)

What Remains? – Folge 1 (2024)

VAN ADAM – Das Leben

Externer Link: https://youtu.be/eFteHRfavi0?si=Q448xQXJqr91W8fg

Man nehme einen sowjetischen Liedermacher aus dem Widerstand, und lasse diesen die Bastille erstürmen. Chanson mit Agitpop, mit zwei Füßen in der Tradition der berühmtesten Barden, dem Volkslied und der Beschwingtheit des akustischen Punks und der Eckkneipe. Man möchte mit gröhlen , auf das Klavier klatschen und die Stühle scheppern lassen. Bittere Wahrheiten, die wir singen, wenn wir beim dritten Bier, nachts um Eins, melancholisch werden. Wer es poetisch, rau und ehrlich mag, dem seien die Jungs empfohlen. Die machen es gut, und ich will sie nicht mehr wissen. Der Fuß wippt im Takt. So ist das Leben.

Lara Hulo – Für Änni

Externer Link: https://youtu.be/K7ap1MUzOrI?si=XzQ9tCoClPO5MxXh

Eigentlich müsste sich Lara Hulo das nächste Jahr nur durch alle Festivals arbeiten, und dann dürfte das Ding schon laufen. Im Grunde droppt sie momentan im Monatsrhythmus einen großartigen Song nach dem anderen raus. Alles kantig, intensiv, sehr in einem Universum aus Liebe, Verlassen werden und Sehnsucht angesiedelt, mit der richtigen Mischung aus Zärtlichkeit, Trauer und Wut. Lara Hulo macht das alles sehr nahbar, sehr offen und ehrlich. Dadurch bekommen die Songs nicht nur durch ihre Stimme eine Rauheit, die gegen den Strich bürstet, sondern auch Refrains, die zum Mitsingen und Mitfühlen verführen. Festivals werden sich irgendwann mit ihr schmücken und das Publikum wird jeden Song auswendig können. Das wird passieren.

Liebestrunken – Ist auch okay

Externer Link: https://youtu.be/AnclERjtHqk?si=GCphmnxNRnVMdd-Z

Vor Ort sollen die ja das Ding der Stunde sein, und in Ihren Videos toben die Fans. Liebestrunken haben einen schönen Namen und einen Song voller leichtem Schmerz mit einem Rhythmus, der auf der Party gerne mal im Loop laufen darf. 2:30. Die Tendenz zur kurzen Version, um den Aufmerksamkeitspensum eines TikTok-Statements gerecht zu werden, zwingt zur ständigen Wiederholung. Liebestrunken scheinen das Replay eingeplant zu haben. Kann man nahtlos laufen lassen, mitsingen und sich wundern, wie man diese Lyrik mit dieser angenehmen Monotonie intonieren kann. Und trotzdem ein Banger. Macht Spaß. Tobt euch ruhig aus.

Rosmarin – Wie du da liegst

Externer Link: https://youtu.be/1YfKVvEc0_U?si=RF4Ke6QzwCMvLw1a

Unter uns: Ist das Disco? Das ist doch Disco. Rosmarin spielt mit den Elementen. Bleibt tanzbar mit deutscher Lyrik. Kommt einfach, hat die typischen Chöre, die funky Gitarre und das Publikum sitzt im plüschigen Orange. Das klingt nach den Siebzigern, als hätte Daft Punkt etwas ausgegraben und restauriert. Noch nie auf deutsch gehört, noch nie so ein bitteres Liebeslied im Boogie genossen, der eine Discokugel über sich schweben lassen will. Das Ding ist clubtauglich. Und klingt nach München, als die Stadt noch prägend war. Rosmarin machen was. Und das kommt so bekannt und beschwingt daher, dass man es einfach lieben muss.

Ness – Frag für ne Freundin

Externer Link: https://youtu.be/iB4OxqlpfAg?si=g01uQFiQCT27Am88

Manchmal kommt eines zum anderen. Folgt man Lara Hulo, dann muss man immer damit rechnen, dass irgendwann etwas in der Timeline steht, das bisher vollkommen unbekannt war. Ness hat hier einen Popsong geschnitzt, der wahrscheinlich bei den meisten Gelegenheiten den richtigen Beat hat und einen Flow, der sich zum Fahrradfahren, Boxen und Rennen eignet. Doch es sind die Lyrics, die mit Kraft, Lässigkeit und Sensibilität dem Werk seine Rundungen gibt. Was wirklich Spaß macht, das ist eine Sprache, die spielerisch dem treibenden Rhythmus einen Unterlage gibt. Ernst und Tanzbar. 

Scarrafoni – Next Time I‘ll Shoot

Externer Link: https://youtu.be/tMqSixLfkdY?si=1M8HF-dpVMS90WyW

Im deutschen Soul- und Funk-Universum dürfen sie schon mal einen Platz für Scarrafoni einrichten. Das, was man da hörte, könnte einige Remixer aufhorchen lassen. Die raue, stimmliche Bandbreite, der Teppich aus den richtigen Basstönen, Synthieklängen und Drums – all das mit dem bunten Cocktail und Tanzboden. Als hätten sie alles in der Bibliothek, was in den Clubs von England und Hamburg zwischen den 70 und den 90ern gespielt worden wäre. Das kommt leichtfüßig, gekonnt durch die Gänge. Jetzt könnt ihr die Laser, Lavalampen und Spiegel wieder im Keller montieren. Zeuchs für den Club und die lange Nacht. Nehmen wir mit. Und nebenbei: Es gibt von dem Song eine Art Acoustic Version, die ich haben will.

CeCe – All Boots

Externer Link: https://youtu.be/R-tFeXj7_K4?si=-SX6jY8Xk5QsbBTr

Die Ehe, die Country aktuell mit R’n’B eingeht, mag nicht jedem gefallen. Und wer Ausverkauf und Untergang schreit, dem ist nicht klar, dass Country schon immer etwas war, dass mit jeder erdenklichen Richtung eine Liaison einging. Insofern darf CeCe machen was sie will. Irgendwann war sie mal bei X-Factor, und vieles von dem, was sie in ihrem Video passiert, entspricht halt der Zeit, aber unterm Strich – fern von allen Traditionen – ist dieses Stückchen Musik so frech und gradlinig, dass es ungestört gefallen darf. Dem Genre tut das nur gut. Spannend wird es, wenn irgendwann der Line-Dance wieder auf die Dancefloors schwappt.

Was ist „What Remains?“