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Schlagwort: Rezension

What Remains? – Folge 1 (2024)

What Remains? – Folge 1 (2024)

VAN ADAM – Das Leben

Externer Link: https://youtu.be/eFteHRfavi0?si=Q448xQXJqr91W8fg

Man nehme einen sowjetischen Liedermacher aus dem Widerstand, und lasse diesen die Bastille erstürmen. Chanson mit Agitpop, mit zwei Füßen in der Tradition der berühmtesten Barden, dem Volkslied und der Beschwingtheit des akustischen Punks und der Eckkneipe. Man möchte mit gröhlen , auf das Klavier klatschen und die Stühle scheppern lassen. Bittere Wahrheiten, die wir singen, wenn wir beim dritten Bier, nachts um Eins, melancholisch werden. Wer es poetisch, rau und ehrlich mag, dem seien die Jungs empfohlen. Die machen es gut, und ich will sie nicht mehr wissen. Der Fuß wippt im Takt. So ist das Leben.

Lara Hulo – Für Änni

Externer Link: https://youtu.be/K7ap1MUzOrI?si=XzQ9tCoClPO5MxXh

Eigentlich müsste sich Lara Hulo das nächste Jahr nur durch alle Festivals arbeiten, und dann dürfte das Ding schon laufen. Im Grunde droppt sie momentan im Monatsrhythmus einen großartigen Song nach dem anderen raus. Alles kantig, intensiv, sehr in einem Universum aus Liebe, Verlassen werden und Sehnsucht angesiedelt, mit der richtigen Mischung aus Zärtlichkeit, Trauer und Wut. Lara Hulo macht das alles sehr nahbar, sehr offen und ehrlich. Dadurch bekommen die Songs nicht nur durch ihre Stimme eine Rauheit, die gegen den Strich bürstet, sondern auch Refrains, die zum Mitsingen und Mitfühlen verführen. Festivals werden sich irgendwann mit ihr schmücken und das Publikum wird jeden Song auswendig können. Das wird passieren.

Liebestrunken – Ist auch okay

Externer Link: https://youtu.be/AnclERjtHqk?si=GCphmnxNRnVMdd-Z

Vor Ort sollen die ja das Ding der Stunde sein, und in Ihren Videos toben die Fans. Liebestrunken haben einen schönen Namen und einen Song voller leichtem Schmerz mit einem Rhythmus, der auf der Party gerne mal im Loop laufen darf. 2:30. Die Tendenz zur kurzen Version, um den Aufmerksamkeitspensum eines TikTok-Statements gerecht zu werden, zwingt zur ständigen Wiederholung. Liebestrunken scheinen das Replay eingeplant zu haben. Kann man nahtlos laufen lassen, mitsingen und sich wundern, wie man diese Lyrik mit dieser angenehmen Monotonie intonieren kann. Und trotzdem ein Banger. Macht Spaß. Tobt euch ruhig aus.

Rosmarin – Wie du da liegst

Externer Link: https://youtu.be/1YfKVvEc0_U?si=RF4Ke6QzwCMvLw1a

Unter uns: Ist das Disco? Das ist doch Disco. Rosmarin spielt mit den Elementen. Bleibt tanzbar mit deutscher Lyrik. Kommt einfach, hat die typischen Chöre, die funky Gitarre und das Publikum sitzt im plüschigen Orange. Das klingt nach den Siebzigern, als hätte Daft Punkt etwas ausgegraben und restauriert. Noch nie auf deutsch gehört, noch nie so ein bitteres Liebeslied im Boogie genossen, der eine Discokugel über sich schweben lassen will. Das Ding ist clubtauglich. Und klingt nach München, als die Stadt noch prägend war. Rosmarin machen was. Und das kommt so bekannt und beschwingt daher, dass man es einfach lieben muss.

Ness – Frag für ne Freundin

Externer Link: https://youtu.be/iB4OxqlpfAg?si=g01uQFiQCT27Am88

Manchmal kommt eines zum anderen. Folgt man Lara Hulo, dann muss man immer damit rechnen, dass irgendwann etwas in der Timeline steht, das bisher vollkommen unbekannt war. Ness hat hier einen Popsong geschnitzt, der wahrscheinlich bei den meisten Gelegenheiten den richtigen Beat hat und einen Flow, der sich zum Fahrradfahren, Boxen und Rennen eignet. Doch es sind die Lyrics, die mit Kraft, Lässigkeit und Sensibilität dem Werk seine Rundungen gibt. Was wirklich Spaß macht, das ist eine Sprache, die spielerisch dem treibenden Rhythmus einen Unterlage gibt. Ernst und Tanzbar. 

Scarrafoni – Next Time I‘ll Shoot

Externer Link: https://youtu.be/tMqSixLfkdY?si=1M8HF-dpVMS90WyW

Im deutschen Soul- und Funk-Universum dürfen sie schon mal einen Platz für Scarrafoni einrichten. Das, was man da hörte, könnte einige Remixer aufhorchen lassen. Die raue, stimmliche Bandbreite, der Teppich aus den richtigen Basstönen, Synthieklängen und Drums – all das mit dem bunten Cocktail und Tanzboden. Als hätten sie alles in der Bibliothek, was in den Clubs von England und Hamburg zwischen den 70 und den 90ern gespielt worden wäre. Das kommt leichtfüßig, gekonnt durch die Gänge. Jetzt könnt ihr die Laser, Lavalampen und Spiegel wieder im Keller montieren. Zeuchs für den Club und die lange Nacht. Nehmen wir mit. Und nebenbei: Es gibt von dem Song eine Art Acoustic Version, die ich haben will.

CeCe – All Boots

Externer Link: https://youtu.be/R-tFeXj7_K4?si=-SX6jY8Xk5QsbBTr

Die Ehe, die Country aktuell mit R’n’B eingeht, mag nicht jedem gefallen. Und wer Ausverkauf und Untergang schreit, dem ist nicht klar, dass Country schon immer etwas war, dass mit jeder erdenklichen Richtung eine Liaison einging. Insofern darf CeCe machen was sie will. Irgendwann war sie mal bei X-Factor, und vieles von dem, was sie in ihrem Video passiert, entspricht halt der Zeit, aber unterm Strich – fern von allen Traditionen – ist dieses Stückchen Musik so frech und gradlinig, dass es ungestört gefallen darf. Dem Genre tut das nur gut. Spannend wird es, wenn irgendwann der Line-Dance wieder auf die Dancefloors schwappt.

Was ist „What Remains?“

Diana Brown & Barrie K. Sharpe – „The black, the white, the yellow and the the Brown (And don‘t forget the redman)“

Diana Brown & Barrie K. Sharpe – „The black, the white, the yellow and the the Brown (And don‘t forget the redman)“

ACID JAZZ (U.K. 828304.1)

Das Genre Acid Jazz sorgte zu seiner Zeit durchaus für Verwirrung. Eigentlich ein Label, dass sich mit seiner Namensgebung an eine House-Richtung anlehnte. Aber ursprünglich so gut wie nichts mit House zu tun hatte. Acid war damals, im wahrsten Sinne in aller Munde, und eine Grundlage für die Rave-Bewegung wie auch für den zweiten Summer of Love in London. Die Definition von Acid-Jazz war nicht einfach, beschäftigte die Musikjournalisten, und von der besagten Label sah man das eher mit einem Schmunzeln als mit einem wirklichen Bemühen die Situation aufzuklären.

Geneigte Hörer sahen darin eine Auflockerung des Jazz hin zu einer durchaus tanzbaren Version. Ungeachtet der Tatsache, dass Funk, Soul, R’n’B-Einfluss so prägend waren, dass es sich bei manchen Stücken einfach nur um gute Wiedergänger vergangener Rhythmen handelte, die sauber eingespielt und modern aufgepeppt eben nichts anderes waren als Soul und Funk.

Das soll aber weder das Engagement, noch das musikalische Vermögen mancher Acid-Jazz-Bands schmälern. Großartige Künstler kamen dabei zusammen, die Situation war alles in allem erfrischend und befruchtend. Acid-Jazz kam damals nicht aus dem Nichts, denn schon ein Jahrzehnt davor hatte der sogenannte Pop-Jazz, der Bands wie Blue Rondo de la Turk, Carmel, Matt Bianco und Everything but the Girl dafür gesorgt, Jazz-Anleihen in den Clubs populär und tanzbar zu machen. 

Die Übergänge waren dabei fließender und wechselseitiger als man das damals sehen wollte. Die Acid-Jazz-Bands wie Galliano und Brand New Heavies sahen sich durchaus in der Tradition großer Soul- und Funkbands, aber ohne die Vorarbeit in den Achtzigern wäre es wohl nicht so populär gewesen. Es verwundert daher nicht, dass dort, wo heute noch Acid Jazz produziert wird (z.b. Italien) auch Matt Bianco in der aktuellen Inkarnation durchaus populär ist.

Typisch war für den Acid Jazz, dass eine Menge Bands einen Vertrag bekamen, die über ein einziges Release hinaus nicht weiter bekannt wurden. Diana Brown und Barrie K. Sharpe hatten nur diese eine Platte abgeliefert, die durchaus zu feiern ist, denn selten wurde die Essenz der ganzen Richtung so komprimiert auf Vinyl gepresst. Dort finden sich genau die Funkanteile und harmonischen Gesänge, verweise auf Rap und HipHop allgemein, dass man es als Statement und Grundlage für viele weitere Experimente erleben kann.

Die Maxi-Singles, die aus diesem Album herausflossen, waren sowohl im Zusammenhang mit dem später formulierten Neo-Soul wegweisend, haben aber bis heute eine angenehme Zeitlosigkeit, die durchaus tauglich für nette Lounge-Abend ist. 

Allem voran „The Masterplan (Ropeman Mix)“, dem Stück, dass das Album einleitet und mit „Colours (Black, White, Yellow, Brown, Red)“ und „Eating me alive!“ ein homogenes Gesamtwerk darstellt. Es gibt wahrscheinlich, verstreut auf verschiedenen Singles, einen Berg Remixes, die in jedem Detail eine sehr moderne Soul-Interpreation darstellen, die in dieser Weise einfach Teile eine herausragenden Produktion sind.

Es gibt im Acid Jazz einige hervorstechende Alben, die heute noch wegweisend und beispielhaft sind – Diana Brown & Barrie K. Sharpe hätten es verdient gehabt in dieser Liste aufgenommen zu werden. Das komplette Album ist rhythmisch so homogen, dass man es gerne und unbewacht vor Publikum abspielen kann, ohne die Tanzfläche endgültig zu veröden. Guter Stoff, und aufgrund seines Alters und wenigen Bekanntheit auch zu einem angenehmen Preis zu erwerben.

Externer Link 1: YouTube https://youtu.be/n6I0CtocnZ0?si=6mpyHOOKBlu22tau

Externer Link 2: Wikipedia (englisch) https://en.wikipedia.org/wiki/Diana_Brown_%26_Barrie_K._Sharpe