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Schlagwort: Alte Hackerei

Meinung zu „Gehts noch, Karlsruhe?“

Meinung zu „Gehts noch, Karlsruhe?“

Gehts noch Karlsruhe?
Gehts noch Karlsruhe?

Einführung

Das Thema klingt abstrakt, die Situation überspitzt und die Argumentation überrascht. Karlsruhe hat sicherlich mehr Probleme als nur die Club- und Eventkultur. Eine Kürzung um weniger als 10%  in diesem Bereich scheint dabei marginal und vertretbar. 

Der Haushalt für das nächste Jahr sieht im Bereich der Kulturförderung eine pauschale Reduzierung vor. Eine ausführliche Aufstellung der Mittel und weiteres Material zum Thema findet sich auf der Seite https://gehtsnochkarlsruhe.de/ .

Faktisch wäre damit der Komplex erklärt und aufgezeigt. Einzelne Location empfinden die Situation, je nach ihrer Finanzierung, different. Treffen tut es alle. In verschiedenen Artikel versuchten die „Badischen Neuesten Nachrichten“ die Lage für einzelne Einrichtungen dar zu stellen. Es gab dabei Aufstellungen  über die individuellen Ausgaben, ein Hinweis auf die Engpässe, die Variablen, die teilweise noch zum Jahresbeginn unkalkulierbar bleiben und einen groben Überblick über die Szene in Karlsruhe.

Das Problem muss allerdings im Kontext der zur Zeit stattfindenden Entwicklungen gesehen werden. Dafür ist es notwendig etwas weiter auszuholen. 

Karlsruhe hat eine sehr reiche – in manchen Punkten auch einzigartige und –  gepflegte Kultur an Livelocations. Es gibt ein kollegiales, fast familiäres Nebeneinander der Veranstaltungsorte, die gerne auch übergreifend und gemeinsam operieren. Je nach Größe mancher Events wird auf die Option zurückgegriffen, eine Veranstaltung zu verlegen oder weiter zu reichen. Das macht Karlsruhe sehr flexibel und attraktiv für seine Gäste. 

Städte in der Größenordnung Karlsruhes werden gerne von Bands mitgenommen, sind aber nicht der Anziehungspunkt für internationaler Superstars. Hier rangieren Berlin, Hamburg, München und Köln in wechselnder Rangfolge auf den ersten Plätzen. In Städten wie Karlsruhe ist es daher notwendig, eine kleine, flexible Szene aufrecht zu halten. Diese macht die Stadt für den Zuzug, den Studenten, aber auch Touristen attraktiv. 

Eine lebendige Konzertszene belebt Stadtviertel, lässt im Umfeld Lokale, Restaurants, Hotels entstehen und vermeidet Ghettosituation. Stadtteile werden dadurch als lebendig wahrgenommen und wandeln sich nicht in reine Schlafstätten. Live-Events binden Menschen an ihr Viertel und beleben die Nachbarschafts- und Vereinsstruktur aktiv.

Soll heißen: Die Arbeit an einer lebendigen Kulturszene ist ein wertvolles Gut, das eine Stadt der Größe Karlsruhes auf der Habenseite verbuchen kann. Es ist stellt keine Ausgabe dar, deren Gewinn nicht berechenbar ist.

Mit ein bißchen Vorstellungskraft, darf man gerne davon ausgehen, was die Kaiserpassage ohne den Jazzclub, der Werderplatz ohne das KOHi, der Schlachthof ohne die Alte Hackerei, das Substage und das Tollhaus wäre. 

Die Anziehungskraft des Schlachthofs, die gemeinsame Identifikation mit dem zur Verfügung gestellten Raum, ergibt sich aus der Möglichkeit, den Bereich Tag und Nacht zu nutzen. Also Arbeit und Freizeit in Einklang zu bringen.


Eine solche, einzelne Institution – wenn sie sich etabliert hat –  und zum Anziehungspunkt für Auswärtige und Einheimische geworden ist, in Frage zu stellen, in dem man die Existenz mancher Lokalitäten bedroht, ist auch eine Variante sich selbst (als Stadt)  in Schieflage zu bringen.

Es dauert Jahrzehnte eine lebendige Kulturszene aufzubauen

Wichtig ist dabei zu bedenken: Die meisten Kulturstätten, die aufgrund eines privaten Einsatzes, meist ohne Entgelt, aufgebaut und geführt werden, haben lange Jahre und Durststrecken hinter sich. Eine Basis und ein Publikum als Fundament zu finden, bedarf viel Kommunikation, Einfühlungsvermögen und die entsprechende Sensibilität, für das was funktioniert und genau hier passt.

Wenn es heute einen Unterstützerkreis gibt, die Publikumszahlen nach Corona wieder ein interessantes Niveau erreichen, dann verbergen sich dahinter Jahre, teilweise Jahrzehnte an mühevolle Arbeit Kultur zu etablieren und einem Publikum nahezubringen. 

Dieses gilt – ohne Ausnahme – für jeden Veranstaltungsort. Alle haben mit Fingerspitzengefühl bewiesen, dass sie es geschafft haben, einen Bereich zu schaffen, der charakterlich in sein Umfeld passt, sich arrangiert und einem Genre und ganzen Generationen an MusikerInnen eine Heimat zu bieten.

Es ist nahezu unmöglich innerhalb eines Jahres so etwas in diesem Kultur-Bereich zu etablieren. Es bedarf Vertrauen, Erfahrung, einem Netzwerk im Hintergrund und ein Umgang mit den Kreativen, der sich über diesen Zeitraum aufbaut.

Clubbesitzer, ehemalige, aber auch gegenwärtige, die das Thema stemmen wollten, können davon ein Lied singen. Was heute verschwindet, das wird für die nächsten Jahre nicht wieder auftauchen oder erneuert werden können. 

Der Schaden, der durch verschwundene Kultur, entsteht, wird beträchtlich sein. Wenn sich Restaurants und Lokale im Umfeld von Kulturstätten ansiedeln, dann mag das zufällig wirken, aber die Beziehungen sind bei genauer Betrachtung erkennbar. Die Schließung einer solchen Stätte wird unwillkürlich – fast ohne Verzug – auch zu einer merklichen Veränderung der Gastronomie führen. Im schlimmsten Fall zu einer Verödung.

Der Werderplatz und das KOHI

Als Beispiel sei der Werderplatz genannt. Ein Sorgenkind der Stadt. Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Versuche die Attraktivität zu erhöhen, mit Verboten, Verwarnungen, Einsätze und auch Hilfsangebote. Die zunehmende Erhöhung der  Attraktivität durch Biergärten, Lokalitäten, Kulturangebote haben den Werderplatz mittlerweile wieder zu einem Anziehungspunkt gemacht, der auch für Außenstehende und über die Grenzen der Stadt interessant ist. Das KOHI in der Mitte des Platzes ist mittlerweile bei aufstrebenden MusikerInnen und KünstlerInnen, aber auch als Galerie ein Begriff. Es wird geschätzt, gelobt und mit Preisen erwähnt. In seinem Umfeld legen DJs in den umliegend Lokalen auf, haben sich Events auf dem Platz etabliert, fungiert mittlerweile eine lebendige Szene.

Das NUN in der Oststadt

Das NUN in der Oststadt erfüllt ähnliche Zwecke. Es bietet einen kleinen experimentellen Rahmen für ruhige, zumeist akustische Konzert in einer Atmosphäre, die in dieser Form einmalig ist. 

Ist damit ein Ort, der vor allem für ruhige, junge Künstler aus aller Welt zu einem Begriff wurde. 

Etwas wie das NUN, das immer noch- nach Jahren – als geschätzter Geheimtipp fungiert, arbeitet ausschließlich auf einer Vereinsbasis, die vom Aufwand nahe an der Selbstausbeutung ist. Niemand wird bezahlt, alles, was dort – in einer freundlichen, zuvorkommenden Atmosphäre – geschieht, passiert freiwillig. Abends, nach dem jeweiligen Broterwerb der Mitglieder! 

Es belebt die Oststadt, stärkt ihre Position als kulturell interessanter Ort und hilft bei der Attraktivität für alle Bewohner des Stadtteils.

Die Coronajahre

Doch die Thematik ist noch um einiges größer: Die Coronajahre waren für die Kulturbranche ein Fiasko und führten vielerorts zum Zweifel an der Sinnhaftigkeit   – daran sich von seiner Leidenschaft zu ernähren. 

Die Situation wurde, trotz versuchter Unterstützung, teilweise prekär und unverhältnismäßig hart. Man merkt es auch, dass – obwohl wir uns heute alle so fühlen, als ob das weit in die Vergangenheit liegt – es für Künstlerinnen sich so verhält, dass dasThema nach wie vor präsent ist. Es hat Einzug gefunden hat in Songs, Bücher und Bilder. 

Die Coronajahre waren ein Einschnitt. Manche fanden da nicht mehr raus. Das Publikum brauchte sehr lange, um wieder wie gewohnt in Konzerte zu gehen. Einige machen das bis heute nicht mehr.

Die Coronajahre sind in der Biografie vieler KünsterlerInnen verlustbehaftete Einschnitte, die noch lange, auch weit über die Zeit hinaus, spürbar sein werden. Den Faden wieder aufzunehmen, den Anschluss wieder zu finden, das war und ist nicht einfach. Bands hatten sich aufgelöst, Veröffentlichungen floppten, weil Tourneen nicht stattfinden konnten und manche InterpretInnen verloren ihre Stimme und fanden sie nicht wieder.

Nach den Coronajahren sind vor allem die kleinen Clubs und Locations sozusagen Auffangstationen, um Schritte in die Normalität zu wagen. Für Künstlerinnen wurde es unfassbar wichtig, eine Vielfalt an Auftrittsorten zu haben, die sie wieder nutzen konnten. Es ist den meisten eben nicht vergönnt Hallen zu füllen, sie müssen Orte finden, an denen sie die Näherung ans Publikum wieder testen, ausprobieren und sich finden konnten.

Aber auch das Publikum brauchte  – und braucht immer noch – diese sanfte Hinführung zu einem normalen Weiterführen des Kulturbetriebes. Das Thema ist fragil, aber noch immer scheuen Menschen große Ansammlungen und größere Hallen wegen der durchaus berechtigten Gefahr vor infektiösen Krankheiten. Normalität wieder zu lernen, diesem auch eine Basis zu geben und eine Plattform zu schaffen, auf der sich KünstlerInnen erproben testen und wiederfinden können, ist auch eine Aufgabe der kleinen, mutigen Orte.

Streamingdienste !

Gleichzeitig boomten Streamingdienste. Der Tonträgermarkt (CDs und Vinyl-Veröffentlichungen) dagegen brach fast komplett weg. Für KünstlerInnen, die sich auf dem Weg befinden, und noch nicht die erhoffte Popularität erreicht haben, ist der monatliche Erlös aus Streamingdiensten nicht ausreichend, um ein Leben zu finanzieren. 

Die Erträge sind in den seltensten Fällen ausreichend zu nennen. Oft erfüllen diese Plattformen maximal einen Werbeeffekt, aber zum Erhalt einer Kultur leisten sie in der Regel nichts. 

MusikerInnen finanzieren sich über Auftritte bzw. über den sogenannten Merch-Verkauf (T-Shirts, Tonträger etc.) , der bei Auftritten möglich ist. 

Auftritte, verbunden mit Merch, sind die Haupteinahmequellen vieler Bands und Solo-KünstlerInnen. Selbst wenn ihre Namen ausgesprochen bekannt sind, kann man sagen: Wer in den Karlsruher Clubs und Auftrittsorten unterwegs, finanziert sich in der Regel genau über diese Optionen. Und nicht über die Klicks bei Spotify und Konsorten.

Fällt nur einer dieser Auftrittsorte weg – und das ist keine gewagte Rechnung – kann man pauschal sagen, dass ca. 75 MusikerInnen und Bands im Jahr weniger in Karlsruhe auftreten werden.

Das mag wenig erscheinen. Ist aber sehr niedrig angesetzt. 

Das gilt für all jene jungen Gruppen, die sich augenblicklich noch in einen Tourbus setzen, teilweise stundenlange Fahrten auf sich nehmen und davon ausgehen, dass es sich für sie lohnen könnte, in unserer Stadt aufzutreten. Setzt sich dieser Trend zur Kürzung der Kulturförderung durch, dann müssen wir damit rechnen, dass Karlsruhe unattraktiver wird für besuchende KünstlerInnen, weil weniger davon leben können. Aber auch, weil Karlsruhe nicht mehr soviel zu bieten hat. 

Ich sprach nur von einem Auftrittsort. Die Zahl lässt sich locker fortführen und um jeden weiteren, sterbenden Auftrittsort nach oben fortsetzen.

Die Einschnitte betreffen dann nicht nur Clubs, Locations, Auftrittsorte und die begleitende Gastronomie, sondern und vor allem aufstrebende, hoffnungsvolle Talente.

Wenn es unattraktiv wird, sich in diesem Metier auszuprobieren, werden erstmal regionale Bands verschwinden und sterben, aber selbstverständlich ist Karlsruhe nur eine von vielen Gemeinden, die auf diese Weise versucht Geld zu sparen. Die Kultur – weil scheinbar nicht wirklich gewinnbringend für eine Region (und sicherlich in der Lage von sich selbst zu leben) – ist immer einer der Posten, den man gerne beschneidet. 

Aber es macht einen Beruf, der eher Berufung ist – denn er ist selten mit materiellen Anreizen verbunden – zunehmend unattraktiv und führt damit zu einem Flaschenhalseffekt. Am Schluss werden eben nur noch jene bleiben, die tendenziell doch von den Streamingdiensten leben können. Das sind dann nicht die jungen, experimentellen, wagemutigen KünstlerInnen, sondern ganz klar chartsorientiere ,Marketing-erprobte und KI-generierte, sowie videotaugliche Stücke, die einen Kompromiss in Sachen Geschmack darstellen. 

Was Musik für Karlsruhe bedeuten könnte

Für die Städte wie Karlsruhe würde es bedeuten: Eine Verödung der Kulturlandschaft, Einbußen in den begleitenden Lokalitäten, Plätze und Stadtteile, die darunter leiden werden, sowie eine zunehmende Anonymisierung in der Kulturszene und das über Jahrzehnte hinaus.

Es ist die Entscheidung, die momentan noch gefällt werden kann, die aber in ihren Folgen scheinbar nicht richtig eingeschätzt wird. Es wäre an der Zeit, das Karlsruhe seine Musikszene als Kapital erkennt, dass über die Stadtgrenzen hinaus Potential zur Profilierung hat.

Karlsruhe hat eine lebendige, fruchtbare Szene und es wäre an der Zeit, dass man stolz darauf ist. Es ist etwas, mit dem sich zu werben lohnt, denn es bringt weit mehr Kapital in die Stadt und in das Umfeld der Örtlichkeiten als man auf dem ersten Blick sieht. 

Karlsruhe hat es über viele Jahre versäumt, seine Geschichte der populären Musik aufzuarbeiten und zu pflegen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es sich um Versäumnisse handelt, deren Aufarbeitung erst mal zeigen, wo Karlsruhe noch Optionen hat, seine Vorteile für Investoren, Studenten und Touristen zu zeigen. Das darf nicht einfach so zerstört werden.

Interview: Amber & the Moon

Interview: Amber & the Moon

Amber & the Moon waren mit Rhonda als deren Support auf der Tour. Amber & the Moon sind eine relativ junge Band, die ich bereits das zweite Mal in dieser Kombination erlebte. Für Rhonda war es bedauerlicherweise die Abschiedstournee. Für Amber & the Moon die Möglichkeit sich einem größeren Publikum bekannt zu machen. Vor allem in Regionen, in denen sie in der Regel nicht unterwegs sind. Ihr Auftritt fand in der Alten Hackerei statt. Für Rhonda schon eine bekannte Location, für Amber & the Moon ein neuer Ort. Sie wurden begeistert gefeiert, hatten ihre Chance charmant genutzt und sind sicherlich wieder gerne gesehen. Ich hatte kurz vorher die Möglichkeit eines Gespräches mit Ronja Pöhlmann (Gitarre, Gesang) und Jonathan Riedel (Bassgitarre und Gitarre, Gesang), und sprachen dabei über die Herkunft des Bandnamens, die bisherige und die kommende Platte, wie präsent eine Band allgemein sein muss. (Rhonda/ Support: Amber & The Moon in der alten Hackerei 27.11.2024)

… über den Namen Amber & the Moon

Jazznrhythm: Wenn ihr möchtet, dürft ihr einfach mal erklären, woher der Name Amber & the Moon kommt.

Ronja: Also Amber & the Moon ist mittlerweile eine vierköpfige Band und wir sind in Hamburg ansässig.

Ich komme eigentlich aus dem Süden Deutschlands, und bin vor fünf oder sechs Jahren nach Hamburg gezogen, um dort Musik zu machen und eine Band für mein Projekt zusammenzustellen. Doch leider bin ich bereits nach ein paar Monaten mitten in das Pandemie-Loch gefallen, gefolgt vom Lockdown. Und das muss ich ja nicht erklären. 

Jazznrhythm: Jaja, den Lockdown musst du nicht erklären. 

Ronja: Ich wollte nicht, dass mich das daran hindert, Musik zu machen. Ich habe in dieser Zeit den ersten Song namens “El Dorado” unter dem Namen Amber & the Moon veröffentlicht. 

Da war ich noch alleine, ohne Band, und habe mich zu Hause in die technische Seite der Musikproduktion eingearbeitet, und diesen Song solo veröffentlicht.

Da brauchte ich natürlich dennoch einen Namen, der irgendwie nach Band klingt. Weil ich wusste, ich veröffentliche den ersten Song jetzt zwar alleine, aber irgendwann darf man wieder in die Welt gehen und Menschen und Musiker:innen kennenlernen. Daraus sollte sich ja schließlich eine Band ergeben.

Letztendlich ist Amber & the Moon eine Metapher für meinen gefühlten Songwriting-Prozess. Amber, Bernstein und der Mond: Der Bernstein, der durch den Einfluss der Gezeiten erst nach mehreren Jahrzehnten an die Meeresoberfläche gespült wird.

Das ist eher so ein Sinnbild: Wenn ich merke, das irgendwas in mir gefühlsmäßig rumort, ist das meistens der Moment, in dem ich zur Gitarre greife und dann versuche, diese Emotionen herauszuarbeiten.

Dann wirble ich den Sand auf und gucke, was da eigentlich in mir schlummert. Am Ende hat man dann plötzlich einen neuen Song und vor allem neu gewonnene Klarheit.

… über das Songwriting

Jazznrhythm: Du schreibst alle Songs und komponierst die alle? 

Ronja: Genau. 

Jazznrhythm: Oder ist das irgendwie Co-Working ? 

Ronja: Ich schreibe die Songs zunächst alleine und irgendwann kommt der Moment, da ist die Idee weit genug. Dann teile ich diese Momentaufnahme mit der Band und setze mich dann meistens zuerst mit Jonathan zusammen und wir arbeiten die Gesangsharmonien gemeinsam aus.

Jonathan: Genau, früh zusammen, aber den Grundstein legst schon immer du.

Jazznrhythm: Und wenn du sagst fünfköpfige Band? 

Ronja: Vier. 

Jazznrhythm: Vier. Aber da ist dein Vater dabei, oder?

Ronja: Nee, nee. Mein Papa macht zwar auch Musik, aber mein Papa …..

Jazznrhythm: Irgendwie hatte ich gedacht, aber das Akkordeon ….wer spielt das Akkordeon noch?

Ronja: Achso, also mein Papa spielt Akkordeon auf einem Song auf dem ersten Album. 

Jazznrhythm: Genau. Ich hab’s mir vorhin nochmal angeguckt, weil ich es irgendwann mal bestellt habe. Ich habe es nicht mitgenommen in Bad Canstatt. Und habe mir dann hinterher gedacht, warum hab ich es  eigentlich nicht mitgenommen? Und dann doch bestellt bei dir.

Als ich das  durchgelesen habe, wer spielt da alles mit, habe ich mich sehr gefreut, dass ein Akkordeon dabei ist. Und dann habe ich mir gedacht, Pöhlmann? 

Ronja: Genau, kenne ich.

Jazznrhythm: Wer ist das? Da habe ich gedacht, ja, das wird er sein. 

Okay, er ist also nicht Mitglied der Band, aber hat das Akkordeon gespielt. 

Ronja: Ja, irgendwie hat das ganz gut gepasst. Ich dachte, das wäre ganz schön, das so zu vereinen. Ich bin in einem Haushalt groß geworden, in dem überall Musikinstrumente waren und das war, glaube ich, auf jeden Fall prägend.

Das war irgendwie so ein schöner Full-Circle-Moment. 

Jazznrhythm: Du spielst eine ganze Menge Instrumente, wenn ich das richtig gesehen habe.

Ronja: Hauptsächlich Gitarre. Aber im Studio passiert es des Öfteren, dass jeder mal zu unterschiedlichen Instrumenten greift. Je nachdem, was gebraucht wird – das Nötigste kriegt man als Instrument-Laie meistens schon irgendwie hin.

Jonathan: Auf jeden Fall.

… über die Verbindung zu Rhonda

Jazznrhythm: Und wie war jetzt die Connection zu Rhonda? Weil ihr seid jetzt zum zweiten Mal mit ihr auf Tour. Also gibt es ja da eine Verbindung. 

Ronja: Genau, Ben, Ben Schadow, der auch bei Rhonda produziert und Gitarre spielt, hat auch unsere Platte produziert und ist mittlerweile Teil der Band und spielt bei uns Bass.

Jazznrhythm: Er ist Teil der Band? 

Ronja: Ja.

Jazznrhythm: Das heißt, man sieht ihn auf jeden Fall, auch wenn Rhonda sich jetzt auflöst, in Zukunft wieder mit euch zusammen. 

Ronja: Genau.

Ronja: Ben hat zum Beispiel auch das Artwork von unserer Platte gemalt und ist kreativ sehr involviert.

Jazznrhythm: Stimmt. Die Platte ist jetzt von 2022? 

…über Vinyl

Jonathan: 23.

Ronja: Januar 23. 

Jazznrhythm: Macht ihr eine neue, eine weitere? 

Ronja: Ja, wir arbeiten gerade am zweiten Album. Heute spielen wir auch neue Songs, die noch nicht veröffentlicht sind.

Das soll auf jeden Fall nächstes Jahr erscheinen.

Jazznrhythm: Ihr seid ja noch recht am Anfang, wenn man das mal so sagen darf. Ihr habt jetzt schon eine Vinylplatte rausgebracht. Ihr habt sie dann noch in digitaler Form. Wie viele Vertriebswege muss man denn jetzt eigentlich beachten, wenn man jetzt so eine junge Band ist und damit startet?

Ronja: Das ist, glaube ich, total individuell. Also ich denke, jetzt rein finanziell gesehen, ist es natürlich ein Unterfangen zu sagen, man produziert heutzutage eine Vinylplatte. Da der digitale Weg ja durchaus das neue Medium ist.

Es geht uns aber allen so, dass wir es sehr schön finden, was in der Hand halten zu können, und es dadurch sehr viel mehr Wert hat. Für mich zumindest. Ich finde die bloße, wenn auch utopische, Vorstellung verrückt, dass das Internet plötzlich zusammen crasht und dadurch alle Platten weg sein könnten.

Jazznrhythm: Das freut mich natürlich sehr, weil ich speziell auf Vinylplatten stehe und die auch kaufe. Und wenn ihr eine zweite rausbringt und die auch wieder als Vinylplatte, finde ich das auch toll.

…über Social Media

Aber man macht sich schon so die Gedanken, wie geht das? Also ihr müsst auf Spotify präsent sein, ihr müsst Bandcamp haben, ihr müsst irgendwas mit Instagram wahrscheinlich auch noch machen.

Wie viel würdet ihr sagen, ist eigentlich der Einsatz für Marketing und einfach Social Media jetzt  für euch? 

Ronja: Du meinst jetzt Kapazitäten? 

Jazznrhythm: Kapazitätsmäßig, finanziell überhaupt nicht,  ich meine es kapazitätsmäßig. Ich merke es selber, ich muss momentan für die Webseite, die ich mache, auf der das Interview dann später enthalten ist … muss ich eigentlich jeden Tag irgend etwas machen.

Ich bin aber nur auf ein oder zwei Plattformen aktiv und sage mir, die anderen kann ich nicht bedienen, da gebe ich auf. Die Frage ist auch, wie viel seid ihr aktiv, was macht ihr?

Ronja: Also, Instagram, Facebook, YouTube, offiziell haben wir einen TikTok-Kanal, aber der ist gerade etwas inaktiv… Ich habe gerade nicht mal mehr die App auf dem Handy.

Sagen wir mal so, meine Online-Aktivitäten finden primär auf Instagram statt, aber natürlich auch auf unserer Website und unserem Newsletter.

Ich glaube, das Hauptding ist schon der Newsletter. Da versuche ich immer, eine persönlichere Komponente mit einzubringen. Das ist ein Medium, auf dem man noch Geschichten erzählen kann – was jetzt auf Social Media irgendwie ein bisschen untergeht, beziehungsweise ist dort die Aufmerksamkeitsspanne einfach nicht sehr groß.

Und ich finde dieser Newsletter ist ein ganz schöner Weg. So sammelt man auf Konzerten neue Kontakte, baut eine persönliche Bindung auf und kann sie weiterführen.

Und es gibt auch immer mal wieder Menschen, die dann auf den Newsletter reagieren. Dadurch, dass es diesen Raum zum Austausch gibt, mache ich es ganz gerne.

Social Media ist natürlich ermüdend. Wir sind da, aber man hat immer das Gefühl, man könnte viel mehr machen und macht zu wenig. Und es ist natürlich schwierig, wenn Online-Zahlen den scheinbaren Wert und die Qualität der Musik festlegen. 

Also, Festivals buchen dich oftmals nur, wenn du so und so viele Abonnent:innen hast. Das kann schon etwas ermüdend sein. 

Jonathan: Ich glaube, es gibt keine Grenze nach oben, wie viel Aufwand man reinsteckt.

Solange man noch Zeit hat, zwischendurch auch noch Musik aufzunehmen, glaube ich, kann man so viel machen, wie man schafft. 

Jazznrhythm: Ja, das ist eben der Gedanke. Gleichzeitig wollt ihr ja Musik aufnehmen, ihr wollt noch Songs schreiben.

…über die Elphilharmonie

Ich habe mitgekriegt, ihr habt Konzerte in der Elbphilharmonie gehabt, oder? 

Ronja: Eins, aber das war sehr schön. 

Jazznrhythm: Ja, aber, hey, die Elbphilharmonie sehe ich vielleicht einmal oder zweimal im Jahr, dann denke ich, wow, sie sind in der Elbphilharmonie gewesen. 

Ronja: Ja, das war schon sehr toll. Es war auch eine große Ehre dort zu spielen und es war wirklich besonders. Lustigerweise gab es auf der letzten Rhonda-Tour, bei der wir auch komplett dabei waren, einen Tourstopp in der Elbphilharmonie. Und bei dieser Konzertreihe, “Made In Hamburg”, sind keine Support-Acts erlaubt. Das heißt, das war auf der letzten Tour das einzige Konzert, bei dem wir nicht mitspielen durften und “nur” hinten in den Publikums-Reihen saßen.

Ich weiß noch gut, wie wir da hinten saßen und ich mir vorgestellt habe, wie toll es sein müsste, irgendwann mal selber dort zu spielen. Es war reine Fantasie, entweder passiert es gar nicht oder vielleicht in zehn Jahren, wenn alles gut läuft.

Es war echt verrückt, dass ein Jahr später ein E-Mail von der Elbphi kommt à la “ Hey, wollte ihr da spielen?“ 

Jazznrhythm: Und war es schön voll?

Jonathan: Ja, auf jeden Fall. Wir hatten auch viele extra Leute auf der Bühne. Wir haben uns noch vergrößert. Wir hatten noch drei Streicher und einen Pianisten …

Jazznrhythm: …und davon gibt es jetzt keine Aufnahmen? Und die macht ihr jetzt nicht auf die nächste Platte drauf ? Oder sowas eben wie so einen Live-Mitschnitt ? So einen kleinen?

Ronja: Wollten wir ursprünglich. Tatsächlich wären da dann aber noch ganz viel versteckte Kosten angefallen. Das wäre dann zu teuer für uns geworden.

Der Plan für die zweite Platte ist nun, die Streicher:innen und den Pianisten auf jeden Fall aufzunehmen, weil dieses Konzert wirklich schön war und die Arrangements gibt es ja jetzt auch schon.

Jazznrhythm: Ja und ich kann mir vorstellen, dass es sehr, sehr gut passt. -In der Vorbereitung habe ich mir ja alles nochmal angehört.

… über das Genre Neo-Indie-Folk (usw.)

Wenn man jetzt eure Musik beschreiben müsste, fängt man natürlich erstmal wahrscheinlich mit dem Wort ruhig an.

Jonathan: Ja, wahrscheinlich.

Jazznrhythm: Bei Genre wüsste ich jetzt gar nicht, wie ich es bezeichnen würde. Wüsstet ihr es, wie ihr es bezeichnen würdet? 

Jonathan: Wissen? Ne, aber man kann sich immer irgendwas aus der Nase ziehen. 

Jazznrhythm: Aber irgendwie schreiben doch die ganzen Veranstalter irgendwelche Genres auf?

Ronja: Ja, Indie-Folk. 

Jazznrhythm: Oh, toll, gut.

Jonathan: Es geht meistens in die Folk-Richtung. Wobei ich dann immer empfinde, dass es zu elektronisch für Folk ist. Zu viele E-Gitarren für Folk, für meinen Begriff. 

Ronja: Aber vielleicht deshalb das Indie davor? 

Jonathan: Ja genau, das macht dann das Indie-Folk. 

Ronja: Oder Neo-Indie-Folk. 

Jazznrhythm: Neo-Indie-Folk. Okay, was immer das auch ist. Na gut, also prima.

… über Auftrittsmöglichkeiten und die kommende Tour (in Planung)

Jazznrhythm: Das Thema Auftrittsmöglichkeiten allgemein. Wie seht ihr das? Gibt es zu wenige? gibt es Zu Viele? Müßte für junge Künstler noch mehr getan werden?

Jonathan: Ja, ich meine, das schadet nie. Es ist auf jeden Fall so, dass es schwierig ist, vor allem für kleine Clubs.

Jazznrhythm. Also sagen wir es mal so, wir haben hier in Karlsruhe, glaube ich,  so 10, 12 Möglichkeiten aufzutreten. Die sind natürlich nach bestimmten Genres gegliedert und auch nach der Größe.

Und die haben jetzt schon das Problem, dass sie sich gegenseitig Konkurrenz machen. 

Jonathan: Ah, krass. Das ist ja auch gar nicht so wenig… 

Jazznrhythm: Ja, ja, genau. Also die versuchen alle natürlich Freitags und Samstags irgendwelche Artists ranzuholen, schaffen das auch ganz gut. Dann stehe ich auch als Besucher  vor der Situation und denke, oh Gott, da würde ich jetzt gerne hingehen. Und in einen bestimmten Club gehe ich dann eben nicht.

Aber wie ist es denn für euch? Ich sehe euch jetzt zum zweiten Mal hier in der baden-württembergischen Gegend. Ist das einfach eine Tour selber zu gestalten? Könntet ihr das alleine auch machen? 

Ronja: Das ist jetzt tatsächlich die Idee, wenn das Album dann im Herbst nächsten Jahres kommt, dass wir dann zum ersten Mal auf unsere eigene Tour gehen wollen. Und auch mit ganzer Band. Das hier ist jetzt die zweite Duo-Tour. Ich war einmal im Sommer noch Solo unterwegs. Eine eigene Tour zu buchen, ist finanziell auf jeden Fall nicht ohne. Man muss einen Tour-Bus mieten, Unterkünfte, Sprit. Da muss es sich schon irgendwie rechnen, damit eine Tour kein finanzielles Minus bedeutet. Und natürlich ist man in vielen Städten zum allerersten Mal – da weiß man oft nicht, wie viele Leute am Ende überhaupt kommen.

Deshalb ist es toll, in Gegenden zu spielen, in denen man merkt, es existiert eine gewisse Offenheit oder Dankbarkeit für Livemusik. Wenn Leute auch mal sagen: “hey, ich kenne die Band vielleicht nicht, aber ich gehe trotzdem hin und gucke mir das an.“

Jazznrhythm: Ich würde gerne mal die ganze Band sehen? 

Ronja: Ja, also wenn du Empfehlungen hast, ist das hier der offizielle Aufruf, dass die Clubs sich bei uns melden dürfen. 

Jonathan: Ja, genau so. 

Jazznrhythm: Okay, wie läuft das ab? Also die Clubs melden sich dann in der Regel bei euch oder ihr meldet euch bei den Clubs? Ich glaube, es gibt alle Möglichkeiten, oder?

Ronja: Ja, genau.

Jonathan: Aber ich würde sagen, wenn man jetzt eine Tour plant, dann ist die Chance höher, dass man sich bei den Clubs meldet oder wenn man mit jemandem zusammenarbeitet, der beim Booking helfen kann oder das macht, im besten Fall. Dann melden die sich bei den Clubs. Das ist noch besser.

Ronja: Beides existiert auf jeden Fall. Eine Tour muss die Band oder das Booking-Team auf jeden Fall selbst buchen. Zwischendrin kommen aber auch immer mal Konzertanfragen rein und es zeigt sich durchaus hin- und wieder, dass wir uns im norddeutschen Raum einen kleinen Namen gemacht haben. Dass Leute an einen denken, wie “ Hey, wir haben dieses kleine Festival oder wir haben einen Slot frei, habt ihr Lust zu spielen?“ Das passiert auf jeden Fall auch.

Aber die erste eigene Tour…das ist ja auf jeden Fall spannend. 

Jazznrhythm: Kann ich mir vorstellen.

Ronja: Wir müssen jetzt erst noch in die Planung gehen und gucken, was da so zusammenkommt. Sodass sich das irgendwie rentiert. 

Jazznrhythm: Dann kommt ihr als komplette Band?

Jonathan: Auf jeden Fall. Wenn wir es irgendwie schaffen, auf jeden Fall. So lautet der Plan. Wir wissen es natürlich nicht, aber aus anderen Projekten kennt man das schon, dass es öfter mal so ist, dass kleine Clubs sagen, oh, mit Schlagzeug, das ist schwierig, das ist immer eng oder so.

Aber das ist die Ausnahme. Der Plan ist auf jeden Fall Band. 

Jazznrhythm: Es ist tatsächlich so, dass wenn ich mir das überlege, in welchem Bereich das hier möglich wäre, dann sind es die kleinen Clubs.

Also in der Kombination, wie ihr momentan seid, kein Thema. Wäre kein Ding.

Aber wenn es dann, glaube ich, vier Leute auf der Bühne werden, dann fangen die schon langsam an, unruhig zu werden. Und wenn sie dann hören, Schlagzeug, dann sagen die sich, naja, dann müssen wir um 22 Uhr aufhören.

Ronja: Ich meine, mit unserer Musik ist es Gott sei Dank der Fall, dass die Songs in allen Formationen funktionieren. Also: Solo, zu zweit, zu dritt oder natürlich auch zu viert. 

Es ist aber noch mal gewaltiger, wenn man mit der ganzen Band auftreten kann. Wenn es dann vielleicht nicht nur ganz ruhig in die Indie-Folk Richtung geht, sondern man auch mal ein bisschen mehr Variationen hinsichtlich Dynamik hat und alles mehr Energie trägt. 

Jonathan: Ja, und wir sind zu viert näher am Album, natürlich. Auf dem Album ist ja auch die ganze Band.

Und wir haben auch einen ganz disziplinierten Schlagzeuger, der kann ganz sanft spielen, wenn er möchte.

Jazznrhythm: Okay, ich nehme es mit, ich trage es weiter. Ich sage es den Jungs. Der sanft spielende Schlagzeuger, der muss da natürlich dabei sein.

Ronja: Weiß nicht, ob er sich darüber freut, haha. 

Jonathan: Doch, das ist ein Kompliment, glaube ich.

Jazznrhythm: Sie ist noch nicht fertig, die Tour. Ihr seid noch in der Planung?

Ronja: Genau, wir gehen jetzt in die konkrete Planung. Wir haben jetzt ein paar Leute an Bord, die uns unterstützen wollen.

Ein paar Veranstalter:innen, die ein paar Kontakte haben.

Jazznrhythm: Aber ihr wisst noch nicht, ob ihr in den Süden kommt.

Ronja:  Hoffentlich schon, ja. Aber es ist natürlich ideal, wenn man Veranstaltungsorte findet, wo bereits ein gewisses Stammpublikum existiert, auf das wir uns ein bisschen verlassen können, sodass sicher genug Leute kommen. 

Jonathan: Ja, da ist man einfach angewiesen auf Veranstalter, auf örtliche Veranstalter und Clubbetreiber, die das Publikum einschätzen können. Das ist immer gut, wenn jemand sagen kann, ich weiß, hier gibt es Laufpublikum, die kommen immer.

Zum Beispiel, wenn man Glück hat. Da hat man ja keinen Einblick, man wohnt da ja nicht.

Ronja: Oder dass die Leute wissen, die Kuration des Club-Programms entspricht ihrem Musikgeschmack. Sodass Menschen einfach mal auf ein Konzert von Künstler:innen gehen, die sie noch nicht kennen, aber hoffentlich danach gerne mögen.

Jazznrhythm: Ich glaube, das wäre schon zu machen. Kennt ihr die alte Hackerei? Habt ihr schon mal irgendwas von der gehört? Habt ihr das Programm von denen gesehen? 

Ronja: Ja, wir haben gesehen, was draußen steht. Punkrock.

Jazznrhythm: Ja, genau. Es ist tatsächlich einer der härteren Läden hier. 

Ronja: Da passen wir super rein. 

Jazznrhythm: Da passt ihr auf jeden Fall super rein. Das wird bestimmt gut. Aber Rhonda war schon mal da. 

Jonathan: Ja, die kennen das.

Jazznrhythm: Ich habe sie da schon mal gesehen. Und von daher, das wird funktionieren, das wird gut. 

Jonathan: Ich mach mir gar keine Sorgen. Das ist bis jetzt immer schön gewesen auf der Tour.

Und auf der letzten auch.

Jazznrhythm: Wunderbar. Perfekt. Ich danke euch.

Externer Link: amberandthemoon.de

Rhonda/ Support: Amber & The Moon in der alten Hackerei 27.11.2024

Rhonda/ Support: Amber & The Moon in der alten Hackerei 27.11.2024

Amber & The Moon in der alten Hackerei in Karlsruhe 27.11.2024

Die Location schien gewagt. Steht doch die „Alte Hackerei“ für Punk und alles, was außen rum fantastisch gedeiht. Amber & the Moon dagegen machen leises, ruhiges Liedgut, dass sie in die Nähe zum Folk bringt, aber dann doch wieder nicht, weil durchaus elektrisch. Man bricht sich die Zunge und den Daumen, wenn man sich heute über Genres unterhält. Das Gehirn mag sich verrenken, am Schluss bleibt nur zu sagen, dass es schon sehr viel intimer wirkt, wenn eine vierköpfige Band abgespeckt auf zwei Personen auf Tour geht Und die schaffen es in einer der härtesten Locations von Karlsruhe das Publikum zum Mitsingen bewegen.

Das nötigt Respekt ab. Ronja und Jonathan von Amber and the Moon sind fast traditionell mit Rhonda verbunden, waren sie doch schon vor einiger Zeit auf einer ähnlichen Tour als Vorband dabei. In einem Raum der nicht größer als ein durchschnittliches Wohnzimmer war erlebte ich sie damals in Bad Canstatt. Das Publikum bedrängt fast die Band, und das galt für Rhonda genauso wie auch Amber & the Moon. Umso schöner, dass man beidseitig gute Erinnerungen daran hat, denn es war ungefähr so, als befände man sich mit guten Freunden auf einer schönen Party.

Ähnlich in der alten Hackerei. Das die Vorweihnachtszeit angebrochen war, und außerdem ein Mittwochabend, all das mag mitgewirkt haben, aber unterm Strich muss man sagen, dass mit jedem Akkord, mit jeder glasklaren Zeile, die Anwesenden verharrten, lauschten und geneigt waren Amber & the Moon in das filigrane Gespinst ihrer Melodien zu folgen. Die alte Hackerei bot einen ungleich besseren Sound und eine richtige Bühne, die es für Amber & the Moon möglich machten, das Klangspektrum, und damit auch die leisen Töne, satter zu präsentieren. Etwas, was ihnen und ihren Werken gut tat, aber trotzdem dazu führt, dass man sich einfach mal die ganze Band wünscht. Wieviel mehr. Und überhaupt: Schon deswegen ist die bisher einzige Platte empfohlen.

Rhonda in der alten Hackerei, Karlsruhe, 27.11.2024

Zu Rhonda ist zu sagen, dass es ein schmerzlicher Abschied ist, wenn eine Band nochmal so rockig und fett seinen Abgang zelebriert. Schon nach wenigen Minuten war klar, dass man sie vermissen wird, diese wilde Kombination aus Blues, Rock, Soul und anderen Americana-Elementen, die da in Technicolor aufgefahren werden. Rhonda beackert ein in Deutschland eher unbekanntes Feld, in dem die grandiose Stimme von Milo einen Sound präsentiert, der so vertraut und doch so eigen wirkt. Ich kenne keine Band in diesem Land, die auch nur annähernd so unverkennbar im amerikanischen Songbook und den damit verbundenen Traditionen rumwühlt wie Rhonda.

Man möchte nicht meinen, dass alle aus unserer Ecke stammen, so lässig, so beflissen, so kenntnisreich präsentieren sie ein Image, das als zeitlos gelten mag, aber irgendwo in der Experimentierphase kurz nach dem Beat seinen Ursprung hat. Die Gitarren rein wie Stahl, die Orgel, als wäre nach den Sechzigern kein ähnliches Instrument mehr erfunden worden, und das Schlagzeug mit einer ungestümen Coolness, die zu langen Straßen passt.  Das ist eine hitverdächtige, immer gute Mischung, mit der man Klischees, Werbespots und Tarrantinofilme unterlegen kann. Warum zu Fux gehen die auseinander, wenn es so wirkt, als wäre dieses zauberhafte Gemisch schlicht nicht zu fälschen?

Zur alten Hackerei: Es war damals, ehemals, als es mal sowas wie einen Hit gab („Camera“) als ich Rhonda zum erstenmal in der alten Hackerei sah, und dann wie gesagt in Bad Canstatt, wo ich quasi für Ben die Gitarre halten hätte können, so nahe war ich ihm. Wieviel ungezwungener, rauher und wilder war dieser letzte Gruß in dem Punkladen. Das wirkte genauso, als wären sie nun dort wo sie hingehörten. Rockig, fetzig, ausgelassen, nochmal, dieses mal, ein letztes Mal.

Die Hoffnung ist, dass jede Abschiedstournee irgendwann zu einer Réunion-Tour führt. Unbedingt, und ich würde viel dafür geben. Selbst Oasis haben das hinbekommen. Hat ja auch niemand dran geglaubt.