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Tag: Hamburg

Zwei Crowdfunding-Projekte: Amber and the Moon (Zweites Album)  & Miu (Album: 10 Times around the sun)

Zwei Crowdfunding-Projekte: Amber and the Moon (Zweites Album)  & Miu (Album: 10 Times around the sun)

Crowdfunding Projekte: Miu und Amber and the Moon

Ausnahmsweise dreht es sich nun weder um ein Konzert, noch um ein Album, das mir zum Zeitpunkt des Artikels schon vorliegt. Es geht um die Finanzierbarkeit der Kunst. Vor allem wie sich Einzelne daran beteiligen können, dass Musik entsteht, bestehen bleibt und sich verbreiten kann.

Gerade junge, unbekannte KünstlerInnen, aber vor allem Bands, die unabhängig von Labels eine Möglichkeit suchen, ihre Songs zu produzieren, benötigen Unterstützung. Die Vorfinanzierung eines Albums, wenn möglichst professionell mit Gastmusikern, Tontechnikern und überhaupt handwerklich versierten Leuten aus allen Bereichen gearbeitet werden soll, ist einer der schwierigsten Bereiche.

Ganz abgesehen davon, dass unabhängige KünstlerInnen, sich heute mit viel mehr Themen beschäftigen müssen als ihre Kolleginnen vor 30-40 Jahren, darf man sich Kosten und den Aufwand für ein neues Album in der preislichen Kategorie eines Kleinwagens vorstellen.

Um den heutigen Aufwand in einigen Stichworten aufzuzählen: Unabhängig, also ohne Label, vielleicht auch ohne Booking-Agentur und Management zu arbeiten, bedeutet

  • Webseite
  • Vertreten auf den großen Social Media Plattformen
  • Booking, also Auftrittsmöglichkeiten suchen, optional in ganz Deutschland mit örtlichen Veranstaltern zu schreiben, zu reden, zu telefonieren
  • Plakate, designen, drucken, zur Verfügung stellen (nicht immer, nicht überall, oft)
  • Aufkleber, designen, drucken, zur Verfügung stellen (meist kostenlos, oft als Goodies)
  • Streamingplattformen (Material zur Verfügung stellen, auch zum Download, möglichst alle)
  • Videos, Bildmaterial erstellen (Fotos und Videos von Konzerten, möglichst oft, möglichst überall)
  • Interviews, Kontakte zur Presse, Rezensionsexemplare verschicken
  • Flyer
  • Album einspielen, Songs schreiben, proben, proben, Studio, aufnehmen, mischen etc.
  • Album in verschiedenen Formaten produzieren, verkaufen, Merch, Logistik
  • Tour (Tourbus, Planung, Ausführung etc.)

Usw.

Das ist nur der überschaubare Teil, den ich sehe. Bei jedem dieser Punkte handelt es sich um eine Dienstleitung, die für manche Menschen in Teilaspekten einen Job darstellt. Es handelt sich dabei oft um Spezialisierungen, die Fachwissen, Know-How und Vernetzung verlangen. Will jemand sich in seinem Leben hauptsächlich mit Songschreiben und Musikmachen beschäftigen, dann bleibt angesichts der Masse an Arbeit wenig Zeit dafür. Will man diese Themen outsourcen, dann geht es ums Geld.

Darum Crowdfunding. Mit Crowdfunding können wir z.b. Alben vorfinanzieren. Das heißt, wir kaufen das Album in verschiedenen Formaten schon vor seinem Entstehen. Können aber selbstverständlich auch andere Möglichkeiten, die uns die Künstlerinnen anbieten, im Rahmen der Finanzierung nutzen. Je nach Höhe des Engagements und was im Finanzierungsplan als Ausgleich für die Zahlung möglich ist. Das Prinzip des Crowdfunding ist eine Beteiligung an einem Projekt, von dem Einzelne überzeugt sind, und zu dessen Verwirklichung man beitragen will. Es findet in der Regel immer ein Ausgleich statt, der eine exklusiven Charakter hat.  Schaut euch die beiden Projekte bitte an. Vielleicht ist etwas für euch dabei.

Zu den Bands bzw. KünstlerInnen:

Amber and the Moon

Amber and the moon sind eine junge Band aus Hamburg, die sich derzeit in der Endphase ihres Crowdfundings befinden.  Über sie hatte ich hier schon mehrmals berichtet (Konzert und Interview). Möchte man ein Genre bemühen, dann nutzen die KollegInnen gerne den Begriff Indie-Folk. Das hat mit dem entspannten, gitarrenbasierten Sound von Amber and die Moon zu tun, die ein sehr ruhiges, relaxtes Songwriting mit angenehmen Melodien pflegen.  

Ihre erste Platte ist ein Kleinod und schön produziertes Exemplar einer jungen, sympathischen Band, die viel vorhat, und eine Menge Potential hat. Wer mehr hören möchte, findet Soundproben in den bekannten Plattformen und sollte sie nutzen. Eine Band, die mir seit Jahren am Herzen liegt, und bei denen ich sowieso immer denke, wie ich sie vielleicht noch ein bißchen mehr unterstützen könnte.

Miu

Miu, ebenfalls aus Hamburg, macht einen ausgesprochen professionellen und ansprechenden Retro-Soul. In Unterhaltungen bemerke ich selbst sehr oft, dass ich davon ausgehe, dass jeder schon mal von Nina Graf und ihr Band gehört haben musste. Zum einen ist sie eine sehr eigenständige Songwriterin, ausgestattet mit der richtigen Stimme und dem richtigen Gefühl und einem Herz für diese Art Musik, aber zum anderen ist sie jemand, die viel besser als ich beschreiben könnte, wie man in der Musik überleben kann und muss. In ihrem Crowdfunding geht es tatsächlich um ein Jubiläum, das sie mit ihrer Band feiert. Es geht um 10 Jahre Miu, und einem Album, das zu diesem Zweck erscheint. Miu gehört zu den spannendsten Persönlichkeiten in der Musikszene. Wie keine andere gewährt sie ein tiefe Transparenz in das, was es lebenswert, aber auch beschwerlich in dem Business macht. Und das alles, wie in ihrer Musik, mit Humor und Charme. Auch von ihr gibt es mehr als genug Soundproben, Material und wenn man sie mal kennen gelernt hat, dann ist es schwer an ihr vorbei zu kommen. Helft mit ihr neues Album auf die Welt zu bringen. Es lohnt sich.

Externer Link: Miu – https://miu-music.org/

Externer Link: Miu-Crowdfunding – https://www.startnext.com/10jahremiu

Externer Link: Amber and the moon –https://www.amberandthemoon.de/

Externer Link: Amber and the Moon – Crowdfunding – https://www.startnext.com/amberandthemoon

Mischpoke – live in der Providenzkirche, Heidelberg (02.11.2024)

Mischpoke – live in der Providenzkirche, Heidelberg (02.11.2024)

Die Mischpoke aus Hamburg lud zur ihrer eigenen Interpretation der Klezmermusik ein. Modern, aufgeschlossen, augenzwinkernd wiesen Sie daraufhin, dass es Klezmer 2.0 sein könnte, aber von Ihnen „Klezmer High Life“ genannt wird. Und sie gaben damit einen Weg vor, dem ihr Publikum gerne folgte.

Zum ersten Mal in Heidelberg, in der kleinen Kirche, die sich an die belebte Fußgängerzone schmiegt, zwischen Eis- und Outdoorläden. Hier taten die fünf MusikerInnen alles, um ihr Publikum auf eine kurzweilige Reise in die Möglichkeiten des Klezmer mit zu nehmen.

Die interessante und begeisternde Verquickung verschiedener Genres und Stilrichtungen beherrschen Mischpoke ohnegleichen. Immer dem Klezmer verbunden schleichen sich alle möglichen Klänge in ihre Konzerte, die sich im Jazz, Swing und Chanson ebenso finden könnten.

 Für Mischpoke, das bewiesen sie auch bei ihrem Konzert, scheint es hier keine Grenzen zu geben, die nicht für ein Crossover mit der jüdischen Tanzmusik überwunden werden können.

Klezmer ist schon immer eine Musik, die sich durch ihre Reise auszeichnet, die sie im Laufe der Jahrhunderte durch die verschiedensten Regionen unternahm. So ist es eigentlich nur folgerichtig, dass die Band mit einer ungebremsten Spielfreude drauf und dran ist, mit allen Regeln zu brechen.

Nehmen wir „Dona“ (nun „Dona Reloaded“): Wer es wagt, einen Gassenhauer der Liederbücher und Lagerfeuer, mit einem Rap zu verfeinern, und dabei trotzdem auf die eigentliche Geschichte zu verweisen, der geht schon ziemlich weit. Und das mit Bravour. In der Zusammensetzung aus Klarinette, Geige, Gitarre, Stehbass (gekonnt gespielt durch eine Vertretung für die erkrankte Bassistin) und, ebenfalls sehr ungewöhnlich, Flügel, bewiesen Mischpoke, das eigentlich fast alles geht, wenn man es nur kann. So vermischte sich der Sprechgesang mit dem Jiddischen, durchaus gewohntem und blieb in der Tragik transparent und ausgesprochen deutlich.

Hervorstechend waren dabei immer wieder die Eigenkompositionen, die einen Raum für Improvisationen ließen, der dem Jazz entsprach. Hier offenbarte sich wie vertraut ein neues Stück Klezmer klingen kann, wenn es die traditionellen Elemente nimmt, verfremdet, öffnet und der Spielfreude großen Raum lässt.

Die Providenzkirche ist ein sehr sakraler Ort. Der Auftritt fand vor dem geschmückten Altar statt, das Publikum saß auf Kirchenbänken. Klezmer ist jene Musik, die auf Hochzeiten gespielt wird, die leidenschaftlich schneller wird, und sich furios zu steigern versucht. In dem die Klarinette die Geige herausfordert, und der Gesang die Tanzenden antreiben kann. All das fand statt, und zum Schluss war das Publikum nicht nur geneigt, mit zu singen, sondern auch tanzend in die zweite Zugabe zu swingen. Sah durchaus so aus, als würde man Mischpoke aus Hamburg gerne wiedersehen.

Externer Link: https://mischpoke-hamburg.de