Durchsuchen nach
Schlagwort: Kammer-Pop

Paula Paula im NUN, Karlsruhe am 14.11.2025

Paula Paula im NUN, Karlsruhe am 14.11.2025

Paula Paula im NUN, Karlsruhe am 14.11.2025
Paula Paula im NUN, Karlsruhe am 14.11.2025

Ist das NUN ausverkauft, dann kann man von zwei Dingen ausgehen: Zum Einen: Die Band/MusikerInnen waren schon mal da. Zum Zweiten: Sie haben ihr Publikum gefunden und sind wieder zurückgekehrt.

Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe kleiner Clubs und Location ist es, Bands eine wachsende Basis zu verschaffen. Das Duo Paula Paula war zum zweiten Mal im NUN. Fast ein Heimspiel für Marlène Colle (Keyboard, Gitarre und Gesang) und Kristina Koropecki (Cello, Synthesizer, Banking Vocals). Daher ausverkauft. Was dann bedeutet, die Band sitzt fast in der Mitte des Publikums. Ist von diesem eingekreist, aber auch eingebettet. Wie ErzählerInnen im Kreis der Lauschenden.

Paula Paula bewegen sich in einem Terrain, das textlich sehr intensiv, und musikalisch sehr feinfühlig in der überraschenden Ruhe fast heimisch ist. Die Reduzierung auf Cello und Keyboard, sowie Gitarre bildeten damit das Fundament für eine fast transparente Instrumentierung. 

Sie schufen der Lyrik den entsprechenden Raum. 

Die Kunst des Liedermachens, des poetisch Liedes, das textliche Feinheiten nicht verbergen möchte – und dabei eine sehr deutschsprachige Kunst war – ist heute eingegangen in so viele Schreibweisen. Nennt sich dann Indie-Pop, Songwriting, kammermusikalischer Pop oder gar Neo-Klassik, wenn Piano und Cello einfliessen. 

Paula Paula zeigten auf, wie der Weg weitergeht. Durchaus politisch, durchaus feministisch, durchaus modern und voll im Leben, aber mit dem Bewusstsein, dass Texte bildhaft, intellektuell 

und vielschichtig sein können, spielten sie mit den Elementen aller genannten Genres. 

Variantenreich näherten sie sich dabei gedrehten Klischees, Stimmungsbilder und Themen, die bekannt, naheliegend, aber selten in solcher Poesie gekleidet waren. In einer schnelllebigen Zeit, die eine kurze Aufmerksamkeitsspanne feiert, ein gar mutiges Unterfangen. Wurde jedoch belohnt. Mit andächtiger Ruhe, zurückhaltender Atmosphäre und einem Publikum, dass sie begeistert zur Zugabe aufforderte.

Paula Paula gehören zu jenen KünstlerInnen, die einen eigenständigen Umgang mit Sprache und Komposition pflegen. Den mutigen Schritt der Verständlichkeit gehen, vor verletzlichen Bildern nicht zurückschrecken und eine Stimmung schaffen, die einen Umgang mit Melodie und dem Wort gewogen ist.

Paula Paula im NUN, Karlsruhe am 14.11.2025
Paula Paula im NUN, Karlsruhe am 14.11.2025

Im NUN daher am richtigen Ort, und in der Beschränkung auf einen fast akustischen Abend, gut gewählt. Angekündigt ist eine Rückkehr im nächsten Jahr, ungefähr um die selbe Zeit, allerdings an einem anderen Ort, in einem anderen Rahmen, aber mehr werde ich noch nicht verraten. Man sollte jedoch schon mal mit einem schwachen Stift einen ungefähren Eintrag in den Kalender machen. 

Paula Paula sind, und darauf legen sie Wert (darum wird es auch hier erwähnt) auf Bandcamp anzutreffen. Bandcamp ist die Alternative für all diejenigen, denen das Bezahlmodell der Streamingdienste ein Rätsel bleibt. Wo Spotify und Co. eine verwirrende, begrenzte Auszahlung nach Klicks und Hördauer fördert, ist Bandcamp der Platz, in dem die KünstlerInnen durch den Kauf ihrer Stücke (digital, Tonträger etc.) ein Maximum an möglichen Einnahmen haben plus der Möglichkeit für KundInnen den Preis ab einer bestimmten Höhe selbst zu bestimmen. Als Trinkgeld, als Dank, als Möglichkeit der Förderung. 

Im besten Fall fühlt man sich wie ein Mäzen, und das ist ja auch schon was.

Paula Paula gehören zu den Bands, die die Zeit und die Aufmerksamkeit verdient haben. Im wahrsten Sinne independent bei Gestaltung ihrer Shirts, Plattencover, der Verarbeitung und der Liebe zum Detail, und im besten Verständnis engagiert, nahe und freundlich genug, um sie nächstes Mal bestimmt zu einem der schnell ausverkauften Acts im NUN zu machen.

Externe Links:

Paula Paula Bandcamp – https://paulapaula.bandcamp.com/

Paula Paula Webseite –  https://www.paulapaulamusik.de/

NUN – https://nun.cafe/

Sophia Blenda und Pauls Jets im Kohi am 07.11.2025

Sophia Blenda und Pauls Jets im Kohi am 07.11.2025

Sophia Blenda im KOHI, Karlsruhe am 07.11.2025
Sophia Blenda im KOHI, Karlsruhe am 07.11.2025

Die Karlsruher Musikszene befindet sich in einer bedrohlichen Lage. Vor allem kleine Klubs, die ehrenamtlich und mit viel Engagement an dem Thema arbeiten, müssen aktuell ernsthaft um ihre Existenz bangen. 

In der Haushaltsdebatte von Karlsruhe wurden Kürzungen im Kulturetat beschlossen, die für alle Veranstaltungsorten zu empfindlichen Einsparungen führen werden. Im Rahmen der momentan Diskussion gibt es viel begleitendes Material in der örtlichen Presse, aber auch am 15.11. 2025 eine Demonstration auf dem Stephansplatz unter dem Motto: „Geht’s noch, Karlsruhe?“ (Eine Petition findet sich auf: https://gehtsnochkarlsruhe.de/)

Über ein Konzert zu sprechen, aber die momentane Situation zu verschweigen, macht wenig Sinn. Denn es sind genau diese kleinen, aber wichtigen Events, die dann verschwinden werden.

Die Musikszene in Karlsruhe ist breit gefächert. Aber jede Location hat – abhängig von der Örtlichkeit und dem Publikum – ein ganz eigenes Spektrum, dass es bedient. Bestimmte Genres funktionieren nur, wenn die Vorarbeit – die teilweise über Jahre gehen muss – geleistet wurde. Auch das KOHI ist daher etabliert, bekannt und wichtig, und eine Basis und Station für Bands und Talente, die aufstrebend, experimentell, auch mal laut und unter Umständen sperrig daher kommen. Die Toleranz, die das KOHI sich verdient hat, ist zum einen sein Kapital, wenn es darum geht, solche Acts und Namen überhaupt in die Stadt zu bringen, aber auch etwas, was schon Beachtung und Anerkennung, sowie einen Preis, eingebracht hat.

Wenn in einer Haushaltsdebatte von Einsparungen gesprochen wird, dann wirkt alles, was nicht in einer zweistelligen Prozentzahl liegt, erstmal harmlos. Das KOHI, das durchaus gegen kommerzielle Veranstaltungen konkurrieren muß, gehört jedoch zu den Einrichtungen, die – da nicht gewinnorientiert und als Verein organisiert – grundsätzlich mit den niedrigsten Kalkulationen arbeitet. 

Die Konzerte, die man im KOHI erlebt, sind für die BesucherInnen nicht nur bezahlbar – sie liegen, gerechnet an der Menge, die man für einen monatlichen Mitgliedsbeitrag erlebt – unter einem Vinyl-Preis. Damit auf derselben Ebene wie Streaming-Angebote und sind konkurrenzlos günstig, aber auch für jeden erschwinglich. 

Darum geht es in der Kultur: Sie muss erlebbar, live und teilbar sein. Für uns alle. Daher haben engagierte Stätten wie das Kohi nicht die Kürzung, sondern die Förderung, die Spende und den Soli-Beitrag verdient.

Es ist abzusehen, dass – wenn es zu einem Sterben der Klubs wie das KOHI, das NUN, die Alte Hackerei oder ähnlichen Orten kommt – es auf absehbare Zeit keine Alternativen, Neueröffnung oder Gründungen geben wird. Kürzungen im Kulturetat, die eine lebendige Szene betreffen, führen immer zu einem langfristigen Sterben, das viele Jahre braucht, um zu einer Neubelebung zu führen. 

Manche Städte konnten sich davon nie erholen. Es ist auch nicht so, dass Etats sich in den späteren Jahren erhöhen wird. Wenn die Szene es verkrafte, dass ihre Förderung gekürzt wird, gibt es keinen Grund in den nächsten Jahren an dem Betrag etwas zu ändern. Im Gegenteil: Der Beweis, dass es auch mit weniger geht, führt in der Regel dazu, es als Bestätigung des eingeschlagenen Weges aufzufassen, dabei zu bleiben, oder eine weitere Senkung in Betracht zu ziehen.

Wenn es also nun darum geht, dass am gestrigen Abend Sophia Blenda und Pauls Jets aus Wien das KOHI besucht haben, dann darf man nicht vergessen, dass eine siebenstündige Autofahrt, der unbezahlte Einsatz von Tontechnikern, Thekenkräfte, Einlasskontrolleure, Bookern, Admins – und wie man die Jobs zwischen Plakaterstellung und Webseitenbetrieb noch nennen will – für die Möglichkeit gesorgt haben, dass zwei Bands an einem Abend in der Südstadt für ein Highlight gesorgt haben.

Sophia Blenda im KOHI, Karlsruhe am 07.11.2025
Sophia Blenda im KOHI, Karlsruhe am 07.11.2025

Sophia Blenda, eine junge Songwriterin am Keyboard – begleitet von Geige und einem Percussionisten, bot in diesem Rahmen, eine zerbrechliche Palette mutiger Songs. Mehrsprachig, pendelnd zwischen Englisch und Deutsch, zeigte die 3 köpfige Band eine moderne Variante dunkler Chansons. 

Geflochten aus der Lyrik, die,  nach ihren Aussagen , die Auswirkungen patriarchaler Strukturen und dem queeren Lebensgefühl aufzeigen, baute Sophia Blenda sehr persönliche und transparente Songstrukturen. Gaben ihrer Stimme damit Raum, und unterstrichen in Wirkung und Begleitung, die Aussagen. Skizzen, Beschreibungen, oftmals Bilder, durchaus mehrdeutig, formten gefühlvolle Strukturen, in denen über das reine Liedermachen, nicht nur Worte, sondern der gesamte Komplex aus instrumentaler Begleitung, Stimme und Ausdruck das Werk waren.  

Der Chanson drängt sich auf, denn die Beschäftigung mit komplexen Themen, deren poetische Verarbeitung, aber auch der Vortrag in dem sich so viel Ausdrücke vereinen und von Trotz, Wut, Verletzlichkeit erzählen, ist eine Spannbreite, die den Begriff Pop nach links und rechts ausfransen. Mut und Entschlossenheit, aber auch die entsprechende Sensibilität beim Setzen der Worte und dem Vortrag prägten ihren Beitrag.

Pauls Jets im KOHI, Karlsruhe am 07.11.2025
Pauls Jets im KOHI, Karlsruhe am 07.11.2025

Ganz anders Pauls Jets. Geradeheraus, bereit sich zu bedienen, mit viel Gefühl für Wumms, Kalkül und Tanzbarkeit, haben die drei eine Menge Spaß. Und diesen selbstverständlich auch mit ihrem Publikum. Pauls Jets bewegen sie mit einer lausbubenhaften Ironie im Synthesizergerausche früher Krautrocker, um das Ding dann frechweg mit Gitarrensound aufzufrischen. Das hat Charme, die richtige Portion Unruhe und eine ganze Menge Humor. Aber auch Selbstbewusstsein, das Staunen macht. 

Allein der Aufbau – ein Tisch vor ihnen, zwischen den Musikern und dem Publikum – wirkte schon mutig genug. Doch trotzdem den Kontakt nicht zu verlieren, dran zu bleiben und den Laden zum schwingen zu bringen, ist Chuzpe und nötigt Respekt ab.

Pauls Jets verkündeten, dass mittlerweile vier Alben vorliegen, und das möchte man ihnen locker glauben, schließlich scheint das Ding von alleine zu funktionieren. Die richtigen Knöpfe kannten sie, und rockten entschieden durch bekanntes und gut eingespieltes Material.

Da ist die Anspielung auf das Jazzfestival, mit einem Dialog der schmunzeln lässt, Verweise und Zitate, die an die Aufbruchjahre der deutschen Welle erinnern, und Bassläufe, die entschlossen funky alles unterstreichen. 

Eigentlich, und fraglos, alles was man sich von Pop wünscht, lieferten Pauls Jets ab. Sie sind die, die irgendwann eine Hymne haben werden, die wir dann alle kennen und jene, die wir gerne auf Festivals sehen möchten. Gitarre, Bass und Keyboard reichen vollkommen aus, um das Herz zu erfreuen. Haben sie gezeigt. Mit Witz, und Remmidemmi.