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Stina Holmquist im NUN Kulturaum, Karlsruhe, am 08.03.2025

Stina Holmquist im NUN Kulturaum, Karlsruhe, am 08.03.2025

Stina Holmquist im NUN Kutlurraum, in Karlsruhe, 08.03.2025

Er war fast ausverkauft. Der NUN Kulturraum hatte ungewöhnlich viel Publikum empfangen. Vertreten waren alle Altersklassen. Etwas, was für das NUN spricht, aber auch für Stina Holmquist, die mit ihrer Band im NUN gastierte. Beinahe war auch die Bühne zu klein im Anbetracht der fünfköpfigen Gruppe. Sängerin Stina Holmquist trat für ihrer ersten „Broken Glass“ Tour in voller Besetzung vor ihr Publikum: Drums – Lasse Holmquist, Bass  – Joshua Mandlburger, Gitarre – Tarik Mujadizic, Synths und Trombone (!) – Paul Sabel. 

Stina, selbst am Keyboard, und verantwortlich für alle Songs, bewegte sich dabei stilsicher in einem Umfeld aus komplexen Pop-Harmonien. Kleine Geschichten, Anekdoten und Elemente aus dem Leben einer jungen Frau, die mit einer gekonnten Mischung aus Dramatik und Leichtigkeit davon erzählt. In den besten Momenten verträumte Songstrukturen, die aufbrechen für Stürme und entschlossene Abgesänge. 

Eingeleitet von einem klaren, akzentuiertem Gitarrenspiel, weiten Keyboardbögen, und tanzbaren Ableitungen. Mittelpunkt, und im klaren Focus, der englischsprachige Gesang von Stina Holmquist. In einer Bandbreite, die Elektro-, Dreampop und ähnliche Spielarten vereinnahmen möchte. Ungeahnt leichtfüßig und tanzbar zum Ende hin, verspielt und verwinkelt im Songwriting.

Spannend, und auf jeden Fall erwähnenswert ist der sporadische Einsatz der Posaune, der überraschend im Hintergrund für eine dichte Atmosphäre sorgte, Die Dramaturgie der Songs gewann dadurch, wurde unterlegt, aufbereitet, und, alles in allem, komplexer.

Überhaupt wurde den einzelnen Instrumenten in einer angenehmen Art und Weise viel Raum für Einleitungen, und Betonungen gelassen. Der Sound, und das muss man auch dem NUN in seiner Größe zugute halten, war sauber, klar und von den einzelnen Künstlerinnen getragen. Stina Holmquists Songs beinhalten Steigerungen und eine klares Drehbuch, das sie in eine befreiende, exzessive Höhe führen kann. 

Im Zusammenhang wäre es leicht möglich, eine Menge Namen zu nennen, die im Einfluss geltend gemacht werden könnten. Es hat sich viel getan in den letzten Jahren, und im Stil sind Songs heute verletzlicher und kantiger geworden. So findet sich auch bei Stina Holmquist viel von dem, was man heute so jenseits des Mainstreams verorten will, obwohl es genau dort  schon ist. Soll heißen, wenn heutzutage die Stimme in Höhen hinaustreibt, in kurzen Schreien sich etabliert, und davon abgleitet, dann ist das durchaus ein Zitat, aber auch eine Eigenständigkeit, die gefällt, weil sie die Entwicklung abbildet. Und die Fähigkeiten, die heute den Pop herausragend machen können. Aber das nur mal so. Weil es gefiel. In der Dramatik, Zusammensetzung und dem Ergebnis.

Zwei Zugaben, und das Publikum stand sowieso schon – hätte also gut und gerne noch weitere Stücke genossen. Insofern gehe ich von einem Wiedersehen aus und freue mich.

Stina Holmquist hatte eine EP im Gepäck -„It dances on the windowsill“, die einen guten Überblick über ihr Schaffen liefert. Aber man darf vor allem auf jene Songs gespannt sein, die sich noch nirgendwo außer in ihrem Live Programm finden.  April hat sie gesagt. Im April gibt es etwas, auf das man achten sollte. Also.

Externer Link: Stina Holmquist https://www.stinaholmquist.de/

Externer Link: NUN Kulturraum https://nun.cafe/

Noah Derksen (Support: Civi Blue) im NUN Kulturaum in Karlsruhe, 07.02.2025

Noah Derksen (Support: Civi Blue) im NUN Kulturaum in Karlsruhe, 07.02.2025

Noah Derksen plus Band im Nun

Es ist Februar. Die Temperaturen sind wieder gefallen. Das NUN war ausgebucht bis auf den letzten Platz. Das Publikum saß hinter der Bühne. Auf der Fensterbank. Standen an der Theke, am Merchstand und in den Zwischenräumen.

Noah Derksen hatte sich angekündigt. Support war ein lokaler Künstler. Merlin stellte sein Bandprojekt „Civi Blue“ vor. Reduziert auf eine Gitarre, alles ein bißchen ruhiger. Geschichten eines Sommers. Und während die Gradzahlen im NUN stiegen, erzählte er vom Strand, und von den Zeiten, die hoffentlich bald wieder kommen.

Merlin (Civi Blue) im Nun an der Gitarre

Andächtige Ruhe, um ein Bündel Songs zu genießen, das er verstärkt, kräftiger und mit den versprochenen Verzerrern am 07.März mit der kompletten Band im Jubez vortragen wird. Sozusagen ein Teaser. Passend für Noah Derksen, und wie gemacht als  Einleitung für das,was nach der Pause kam.

Noah Derksen hat große Vorbilder. Cohen, Dylan. Namen, die für uns alle mit Themen, Bilder und Songs verbunden sind. Er und seine Band kommen aus Winnipeg, einen jener Orte, die man gerne ausspricht, oft hört, selten besucht und daher als Sehnsuchtsorte und Projektionen taugen. Winnipeg kennen wir alle, irgendwie und niemand war dort. Die Frage war Anlass für ein Schmunzeln. Ein kleiner, feiner Humor, der sich durch die Ansagen zog. 

Begleitet von einem Keyboarder, einem Schlagzeuger, offenbarte Noah Geschichten über die beginnende und endende Liebe. Die kanadische Variante des langsamen Folks, der sich an Eigenheiten einer neu interpretierten Zuneigung zum Country orientiert. Starke, heruntergefahren Stücke, die sich die Zeit lassen um mit einer angerauten Stimme vorgetragen zu werden. Die Zeit, die notwendig ist nimmt sich seine Musik. So gönnte er sich die Ruhe eines Vortrags, der den Balladen ihre Kraft gab. Und den Covern (z.B. U2) eigenständige Varianten.

Noah Derksen im Nun an der Gitarre

Es war sein vorletztes Konzert auf seiner Europatournee. Fast mochte man zwischen all der Leichtigkeit ein bißchen Wehmut erkennen. Vielleicht war das auch nur die extreme leise, zurückhaltende Atmosphäre im NUN.

Er kommt, wie erwähnt, aus Kanada. Man möchte es gar nicht Americana nennen. Wer jedoch den Stoff liebt, denn Bands aus der Richtung produzieren, der wird an Noah Derksen seinen Gefallen finden. Gutes Songwriting, akzentuiertes, klares Spiel, das sich für lange Fahrten oder Abende auf der Veranda eignet.

Die Professionalität hat überrascht, das Händchen für gute Melodien sowieso. Merken!

Externer Link: Noah Derksen Noahderksen.com

Externer Link: Civi Blue Instagram.com/civi_blue

Externer Link: NUN nun.cafe

Julie Kuhl im NUN, Kulturraum in Karlsruhe, 01.02.2025

Julie Kuhl im NUN, Kulturraum in Karlsruhe, 01.02.2025

Februar. Es ist ein schwieriges Jahr. Der Januar hat schon geliefert. Und uns alle atemlos gemacht. Wir beobachten noch, und beginnen uns erst langsam damit anzufreunden, was noch vor uns liegt. Der Februar hat alle Chancen den Januar zu übertrumpfen. Und er macht das gut. Auftakt im NUN, am 01.02. Im NUN hat die Konzertsaison wieder begonnen. Es ist das zweite Konzert im neuen Jahr, und alles fühlt sich noch frisch an.

Julie Kuhl gehört zu jenen Talenten, die mein Vertrauen in das Booking des NUNs stärken. Jung, charmant, auf der Bühne einer Location, die alles nahbar macht und es mit der Rücksicht des Publikums in ein Erlebnis wandelt.

Mit Ihrem Bruder Lasse Kuhl  (Gitarre/Bass/Vocals), verstärkt mit Drummer Felix Lothwesen und sie selbst an Keyboard und Gitarre, teilte sich das Set in zwei Teile. Zum einen in eine rhythmische, Keyboard- und Drumlastige, aber durchaus zurückhaltenden, Stunde, zum Anderen, nach einer Pause in eine – fast unplugged und vornehmlich akustische – Variante ihrer Songs. Den letzten Teil bestritten sie ohne den Drummer. Auch um die Möglichkeiten des NUNs voll auszuschöpfen.

Immer wenn irgendjemand auf dieser Welt sagt, dass nichts Neues, Schönes und Angenehmes in der Musik mehr gibt, geschieht ein Wunder, das uns eines Besseren belehrt und Musikerinnen wie Julie Kuhl hervorbringt. Man mag es fast nicht glauben, wenn Sie von früher spricht, und dabei Songs spielt, die scheinbar perfekt und ausgereift aus einer Phase stammen, in der sie wohl 12 oder 14 Jahre alt war. 

Mit einer erstaunlich, in ihren Facetten beruhigenden, Stimme,  modulierte sie Ihre Songs zu relaxten Pop-Erzählungen. Melodiöses Material, dass sich vor allem im zweiten Set, reduziert auf den Kern, in vollem Glanz zeigen konnte. 

Julie Kuhl, die ihren Abend mit einem frischen, einnehmenden Charme moderierte, präsentierte ein komplexes Songwriting, das verhaltene Anklänge an vieles bot, aber vor allem liebenswertes Liedgut präsentierte. Vieles, was man Wiederhören möchte, davon einiges, was man Wiederhören wird. 

Im zweiten Set, das abwechselnd von ihr alleine, aber auch mit ihrem Bruder zusammen präsentiert wurde, war das NUN wieder das, was es immer wieder gerne sein kann und darf: Ein Ort für sehr persönliche und intime Momente, in denen man den Eindruck hat, die Musik sei nur einem selbst gewidmet. 

Julie Kuhl, die ausschließlich englisch singt, hat eine berührende Stimme, die in ihrem Ausdruck und der Betonung, eine Nahbarkeit erreicht, die man nicht unterbrechen möchte. Da liegt Kraft und Stärke drin. Eine Form von Soul, die nicht hervorbricht, aber schmeichelt, lockt und einnimmt.

Und somit blieb: Andächtige Ruhe und darauffolgende Begeisterung.  Die Zugabe blieb aus, was aber eher daran liegt, dass das zweite Set schon weit reichte und die Möglichkeiten der Bühne voll ausgeschöpft hatte.

Externer Link: Webseite Julie Kuhl: juliekuhl.com

Externer Link: Webseite NUN : nun.cafe

Paul Plut im Cafe NUN Kulturraum, Karlsruhe, am 17.01.2025

Paul Plut im Cafe NUN Kulturraum, Karlsruhe, am 17.01.2025

Eigenständiger wäre die Eröffnung des Konzertjahres im NUN kaum möglich gewesen. Eine herbe, melancholische Heimatliebe für die Steiermark zeichnet Paul Plut aus. Seine Werk, so mag man es nennen, ist gewürzt von Anekdoten. Kleine Geschichten über Schmerz, Verlust und einem dadaistischen Humor, der sich verführerisch einschleicht.

Zu Beginn archaisch, in der Fortführung theatralisch und vom Instrumentarium, wie auch dessen Nutzung, stark individualistisch. Paul Plut führte sein Publikum in die geheimnisvolle Welt österreichischer Kleinstädte, Berge und ihren Eigenheiten. Ein Instrument ist nur ein Instrument. Bis es genutzt wird. Alleine auf der Bühne, umgeben von Gitarren, einem Akkordeon, Kassetten, einer Orgel und der selbstgebauten Teufelsgeige, sowie einem Holzbrett, das sein vehementes Stampfen verstärkte, offenbarte er ein Sound-Spektrum, dass sich alles erlaubte und vieles wagte.

Es wurde verstärkt, verzerrt, harmoniert und in voller Liebe auch mal Hildegard Knef und zuletzt durchaus Rio Reiser interpretiert. Er lebt die Inbrunst der rauen Töne, ebenso wie die zerbrechliche Sprache der Chansons. Letztere lebt von den Kleinigkeiten des Weglassens, ersteres von der Kraft der ungehemmten Artikulation. Schwer zu fassen. Kaum möglich etwas herauszustellen.

In der Tradition mag man durchaus Liedermacher erkennen, die natürlich ihre Spuren in seinem Vortrag hinterlassen haben. Aber in der Konsequenz, in der er einfach die Möglichkeiten erweiterte, das musikalische Erbe bereit  ist, zu verfremden, in Stürmen und eigenen Kreationen zu verschmelzen, zeigt sich etwas, dass durchaus auch mal rauer, dreckiger, unerwartet sein konnte.

Blues ohne Blues zu sein, Punk ohne es Punk nennen zu wollen, Rock ohne Kraut, aber durch die Wucht, die lediglich eine Person erzeugen konnte, ein kammermusikalisches Ding. Mit dem Akkordeon in der Region angesiedelt. Im Text, schon durch Ausdruck und Stimmungsbild, mit der Heimat verhaftet. Angeblich verstehen ihn selbst die Menschen in Österreich nicht überall. Und das uns. In Deutschland. Im NUN, wo er begeistert gefeiert wurde. Zu zwei Zugaben aufgefordert und wenn es mehr gewesen wären, hätte auch niemand etwas dagegen gehabt.

Paul Plut komponiert für das Theater, beteiligt sich an Kunstaktionen, ist auch lyrisch beachtenswert und mit den Füßen und der Seele seinem Land verbunden. So kommt es zu einer Mischung, die dem Volkslied nahe, aber der modernen Interpretation näher ist. Wenn die Gitarre einem Orkan aus Verzerrung erliegt, dann hat die Kunst gewonnen, sich Raum geschaffen und das Werk eines Eigenbrödlers, der an alten Techniken festhält und sie in die Jetztzeit einführt, ihre Wiedererkennbarkeit erlangt. Wie bei anderen, große Künstlern, die ebenso neugierig verfremden und Technologien vermischen, bleibt auch hier das Gefühl des Happenings – der Einmaligkeit – erhalten. Eine Aktion. Eine Kunst. Das kann nicht weg, das ist gekommen um zu bleiben. Es bleibt auch die Gratwanderung zwischen Mut, Fluch und der spürbaren Sehnsucht nach der Heimat.

Dem NUN ist zu danken, dass sie Experimenten aufgeschlossen gegenüber sind. Als Eröffnung der Saison hat es die Erwartungen hochgesteckt.

Externer Link: https://paulplut.com/anfang

Externer Link: https://nun.cafe/