Joe Astray im The Hunter Merry Christmas Markt 14.12.2024
Wenn „The Hunter“ einlädt, dann ist es das Gebot, mindestens zu gucken. Nur mal schauen. Einfach gucken. „The Hunter“ ist ein Vintage-Laden in der Karlsruher Südstadt. Und wer die Südstadt kennt, wird wissen, welches kreatives Potential in diesem Stadteil wohnt. Alle Nationen, alle Lebenstile, alle Arten des künstlerischen Ausdrucks scheinen hier vereint.
„The Hunter“ lud zum alternativen Weihnachts Markt. Vegan, Art, DIY, Walk-in Tattoos, aber vor allem auch Musikerinnen unterschiedlichster Richtungen traten auf. Der bedauerliche Teil ist, dass ich zu verfroren war, um durch zu halten, aber auch nicht die Zeit hatte für alle Acts. Vor Weihnachten ist alles hektisch.
Trotzdem: Weihnachtsbaum, Stehlampe, Teppich, gute Boxen und das alles vor den Kunstwerken von Dome und Emesa. Und da ist es wieder. Von all den Namen, die mir in meinen Heidelberger Jahren aus Karlsruhe begegneten, waren diese Beiden jene, denen ich auch andernorts gewahr wurde. Emesa sowieso. Eines Tages werde ich in meiner Fotokiste wühlen, und zeigen, wo mir ihre Werke schon überall begegneten. Und Dome hat so einen einmalig, erkennbaren, geradlinigen Stil, dass es mir unbegreiflich ist, warum ihn Karlsruhe nicht ständig mit Flächen, Aufträgen und kulturellen Angeboten zuschmeisst.
Im Innenhof von „The Hunter“ finden sich beide. Und damit in bester Gesellschaft. Wenn man sich nur 10 Minuten auf den bekannten Plattformen über die künstlerischen Themen, die aktuell wichtig in Karlsruhe sind, befasst, landet man bei „The Hunter“. Beispielslos vernetzt und unglaublich gut verlinkt, scheint hier alles richtig zu laufen.
Ich hätte, wie erwähnt, gerne viel Zeit und einen Arktisanzug mitgebracht. Ich wäre geblieben und hätte alles angehört. So war es Joe Astray. Und ich füge dem kein „nur“ zu, denn das würde ihm nicht gerecht. Ich hatte Handschuhe an, es wäre mir möglich gewesen, Kaffee oder Glühwein zur Unterstützung zu nutzen, aber er stand mit Gitarre vor seinem Publikum. Und bloßen Händen. Und bot feines, kräftiges Songwriting an.
Klar, gebe es zu: Wer Vinyl rausbringt, dem fliegen meine Sympathien zu. Wer auf Deutsch singt, verdient Beachtung. Und wer seine Lieder, entschloss mit Druck, gegen die Kälte ansingen kann, dem sei mein Respekt sicher.
Die zweite Platte, noch nicht draußen, aber durchaus wert vorbestellt zu werden, wirkte internationaler, weil englisch und sympathisch in ihrer Melancholie, beachtlich in dem selbstironischen Blick auf den Wunsch seines Vaters, doch nicht ganz so düsteres Zeug zu schreiben.
Wäre es das Wohnzimmer und Kaminfeuer, oder auch ein Lagerfeuer gewesen, er hätte das Zeug gehabt, dass sich die Leute um ihn gescharrt, nicht nur mit den Füßen gewippt, und überhaupt viel dazu gemacht hätten. Er kann das. Bin sicher. Das geht seinen Weg.
In dem Versuch, Karlsruhe ein wenig musikalisch zu durchschauen, begegnen mir fast täglich Bands, die mich qualitativ überraschen. Mittags, kurz nach dem Nachtisch aufzutreten, mag ein undankbarer Job sein, aber es ist „The Hunter“ zu verdanken, dass ein dankbares, offenes Publikum angelockt wird. Und sei Joe versichert, dass er nun im Notizbuch steht. Wenn er so weiter macht, dann wird es schwer da wieder rauszukommen. Versprochen.