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Kategorie: Schallplatten

Hier geht es vor allem um Vinyl. Dabei werden weniger die technischen Eigenschaften betrachtet, als viel mehr Anekdoten zu dem Thema eingebunden.

Ein kurzer Besuch in Freiburgs Plattenläden : Teil 1. – Der Plattenladen (Schiffstraße 8) – 21.12.2024

Ein kurzer Besuch in Freiburgs Plattenläden : Teil 1. – Der Plattenladen (Schiffstraße 8) – 21.12.2024

Der Platenladen in Freiburg. Innenaufnahmef

Freiburg, eigentlich überschaubar groß, ist – wenn man von Schallplattenläden spricht – so gut ausgestattet, dass es nicht fair sein kann, nur 3 bzw. 4 zu erwähnen.

Das aber ist der Zeit geschuldet, die mir zur Verfügung stand. Auch den Öffnungszeiten, die Samstags durchaus angenehm sein können, aber für mich eher ein Problem darstellten.

Flight 13 Records“ hätte ich sehr gerne besucht, terminlich kollidiert es mit meinen eigenen, anderen Plänen. Nächstes Mal.

Das gleiche gilt natürlich für „In & Out Records“. Ähnlicher Fall. Ich komme darauf zurück.

Der „Plattenladen“ in der Schiffstraße 8 hat einen bundesweiten Preis als „ausgezeichneter Ort für Kultur“ erhalten. Und allein das ist ein Grund sich das mal kurz anzuschauen. Auffallend und ungewöhnlich ist: Im Gegensatz zu vielen anderen reinen Tonträger-Geschäften, die lokal agieren und in den Innenstädten angesiedelt sind, beschränkt sich „Der Plattenladen“ auf Neuware. 

Die Mehrzahl der Läden, die in allen Städten wieder auftauchen, sind dabei zurückhaltend, und haben einen Anteil an neuen Platten, der in der Regel maximal 50% nicht überschreitet. Hier handelt es sich um die Obergrenze, durchschnittlich dürfte es bei 10 % liegen. 

Das Second-Hand-Geschäft macht, nach meiner persönlichen Einschätzung, bundesweit das Hauptgeschäft der lokalen, stationären Läden aus. Online gibt es andere Möglichkeiten und  Varianten. 

Der Plattenladen“ wirkt aufgrund dieser Begrenzung sehr aufgeräumt, ist mit hellem Interieur ausgestattet.

Das Second-Hand-Geschäft ist dagegen anders angesiedelt und erfordert in vielerlei Hinsicht ein breites und tiefes Sortiment. Genres können dort gerne in Subgenres aufgesplittert sein. Manche Platten fristen Jahre und Jahrzehnte im Second Hand Laden. Räumlich gesehen wirkt es – bis auf Ausnahmen – daher dunkler und überfüllter.

Die Auswahl im „Plattenladen“ erscheint daher bewußt überschaubar. Das mag daran liegen, dass Neuware ein schwieriges Gut ist. Es kann einen starken Preisverfall erleben, wenn eine Scheibe unerwartet nicht die Resonanz erlebt, die man sich von ihr verspricht. Aus anderen Gesprächen sind mir Margen bekannt, die unter Umständen zur Problematik beitragen können.

Die Preisgestaltung der neugepressten Scheiben wird von den Plattenverlagen weitgehend vorgegeben. Sie tendiert zur Zeit zu hochpreisigen Editionen, die Kategorien erreichen, die ungewöhnlich erscheinen. Insofern macht es Sinn das Ambiente, in Raum und Design entsprechend angenehm zu gestalten. Die Platte wird in diesem Rahmen zum Unikat, zum Kunstobjekt, und gewinnt an Wertigkeit. Die Regale sind nicht gepresst voll, die aktuellen Neuerscheinungen gut präsentiert. Es ist ein Leichtes sich einen Überblick zu verschaffen. Die Wege zwischen den Regalen sind frei, man drängelt nicht, harrt nicht hintereinander, und die Auswahl ist erlesen.

Preislich rangiert „Der Plattenladen“  in einem normalen, durchaus gutem Verhältnis, dass den Produkten angemessen ist. Es lohnt sich auf jeden Fall alles anzusehen, denn es finden sich sowohl lokale Künstler, wie auch selten gesehene Aufnahmen in den Genrebereichen. Das ergibt sich oftmals schon wegen den meist geringen Auflagen, von denen man manchmal nur gehört hat.

Die Neuerscheinungen sind ähnlich gut sortiert wie der Abverkauf. Abgesehen von den schnell erfassbaren Präsentationen, sind die entsprechenden Regalfächer gepflegt, klar strukturiert bepackt und daher flink durchforscht. 

Was Spaß macht, ist auf jeden Fall der gute Service, der sich durch das komplette Angebot zieht. Es ist nicht zu erkennen, was favorisiert wird, denn die Bestückung ist sehr wohl geeignet die Gelegenheitskäuferin, wie auch die akribischen Fachleute zu erfreuen.

Weitere Besuche finden auf jeden Fall statt. Ganz bestimmt.

Was ich während diesem Besuch gekauft habe:

Misia – Animal Sentimental

Hania Rani – Nostalgia

Soap & Skin – Narrow

Agnes Obel – Philharmonics

Externer Link: derplattenladen-Freiburg.de – (Die Seite befand sich aktuell im Wartungsmodus)

Top oder Flop – Dixigas Records 17.12.2024

Top oder Flop – Dixigas Records 17.12.2024

Karlsruhe und Vinyl. Das sind ein paar markante Punkte und klare Koordinaten. Und wenn man darüber berichten will, dann ist es fast unmöglich einen Namen nicht zu erwähnen. Im Querfunk, dem lokalen, unkommerziellen Radio hört man ihn, in fast jedem Plattenladen vor Ort hatte er scheinbar mal gearbeitet, und die stadtbekannten Musiker kennt er irgendwie alle.

Sein Wissen über die hiesige Szene ist lexikalisch und reicht bis in eine Zeit zurück in der er allerhöchsten mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gesprungen sein kann. Immer wieder Anekdoten, immer wieder kleinteilige Stories, immer wieder Details von denen ich keine Ahnung habe. Alles in allem – ich staune.

Tex Dixigas hat geladen. Links vom Bahnhof. In seinem eigenen Laden ,“DIxigas Records“. Dort, an jener Stelle, an der sich einstmals ein Geschäft für Modelleisenbahnen befand. Heute gehört er zu größeren der hiesigen Plattenläden. Gut sortiert, auch in den Genres, die eher ein Wagnis darstellen. So findet sich neben den breiten Themen, wie Pop/Rock, Metal und Indie, natürlich Jazz, aber auch Klassik, Country und alle Sparten der Weltmusik. 

All das wird noch Thema sein. Später. In einem der folgenden Artikel. 

„Top oder Flop“ ist eine unregelmäßige Veranstaltung, die – so sieht es für Beobachter aus – durch ganz Karlsruhe wandert. Ich erinnere mich an den Jazzclub, weiß etwas von Electric Eel und wahrscheinlich gab es noch mehrere, die mir schlicht entgangen sind. 

Dieses Mal also ein Heimspiel.“Top oder Flop“ in „Dixigas Records“. Weihnachtlicher Schmuck, ein kalligraphischer Künstler, der Kugeln beschriftete, ein Pub, der den Ausschank mit verschiedenen Glühweinsorten und Bier übernahm, und ein Publikum,  das sich kennt und den Wettstreit liebt. 

Denn „Top oder Flop“ ist eine Versteigerung jener Platten, die übrig bleiben, eine neue Heimat finden wollen, oder einfach von den Anwesenden mit ins Spiel gebracht wurden. Eine gnadenlose Reise durch alle Richtungen. Und ein DJ, der keine Sorge hat, wenn er Roland Kaiser mit La Bionda und Kiss in eine Reihe bringt. Tex Dixigas ist der Mann im roten Overall, mit Goldkettchen wie in den Bronx geschmückt, der das Ding zum Laufen bringt. 50 Cent, 1 Euro, 1 Euro fünfzig. Und manchmal geht es, wie bei den „Sisters of Mercy“ erstaunlich weit hoch.

Wer hier sitzt, kennt sich aus oder hat einfach nur Spaß oder Beides. Wo Snap nach Volksmusik-Punk und kurz vor Black Sabbath versteigert wird, wird auch mal für eine historisch klingende Kraftwerksingle geboten. Die Kunst des Auktionators ist es die Zuhörerschaft zu kennen und vor keinem musikalischen Thema zurück zu schrecken. Im Gegenteil, untermalt mit eben jenen Anekdoten, Erlebtem, aber vor allem mit einem Schatz an speziellen Kenntnissen und Vernetzungen unterfüttern er den Abend zur puren Unterhaltung. 

Plattenläden sind Orte der Kommunikation. Fachsimpeln, Fachwissen überhaupt, Musik hören, manchmal Stunden darin verweilen, um zu graben und alle Fächer einmal gesehen zu haben. Das führt unweigerlich dazu, dass alle immer wieder kommen, immer speziellere Fragen stellen und mit immer verrückteren Schätzen heimwärts ziehen.

So ist es kein Wunder, dass man es einen Abend unter Freunden nennen kann. Und so mancher oder manche wird sich morgen fragen, warum er nun „Fade to grey“ sein eigen nennt oder diese komische Discoproduktion, die vorher komplett unbekannt war. Es ist ist die Leistung von Tex Dixigas, dass die meisten sich trotzdem dabei gut fühlen und beim nächsten Mal wieder dabei sein werden. Kein Kater. Einfach nur für den nächsten schöner Abend.

Dixigas Records: (Externer Link): https://dixigas-records.de

Eliën – Roam

Eliën – Roam

(Ausnahmsweise mal wieder eine CD)

Die Tage sehen jetzt aus, als ob es schneien könnte. Es hängt dieser Grauschleier in der Luft, und der Atem wird sichtbar. Wolken bestimmen das Bild. Nachts fällt die Temperatur auf unter 0 Grad. Winter.

Die Songs von Eliën sind die Erinnerungen an das, was den Sommer ausmacht. Jene Wochen und Tagen in denen sie – so geht die Legende – mit einem Van durch die Länder fuhr, auf Festivals spielte und Menschen Postkarten gab, die für kleine Geschichte und Eindrücke genutzt wurden.

Diese Postkarten, gesammelt und mittlerweile 400 an der Zahl, waren die Grundlage für „Roam“, ihrem aktuellen Album. 

Eliën, ist Niederländerin, singt zweisprachig, meist in Englisch, fügte zwischen ihren Songs, die Stimmen ihrer Begegnungen ein und erstellt damit eine Skizze. Kurze Gesprächsfetzen, die eingebettet zwischen den Melodien, den Blick schweifen lassen, um am Tee zu nippen oder die Katze zu sich holen.

Platz, Raum und Zeit lassen sich alle Songs. Um vielschichtig dem Gesang auf mehreren Ebenen zu begleiten. Fast sphärisch muten die Chöre an. Doch zurückgelehnt wie ein Rap, der auf dem Land entstand und niemals die Großstadt sah, kommt der Sprechgesang daher. Eher ein Gedicht, im Dialog mit Eliëns klarer Stimme, die all das beherrscht. Zurückhaltung, flüstern, und den freien Flug in gläserne Höhen. 

Es ist die Detailverliebtheit, die Schicht für Schicht übereinander legt. Aufnahmen, die im irgendwo einer Reise entstanden, eine Instrumentierung, die spartanisch scheint und doch so dicht ist und eine Stimme, die variantenreich, immer im Vordergrund, sich selbst begleitet und das Projekt abrundet. 

Es mögen einem große Vergleiche einfallen. Alle jene, die den Bereich zwischen Folk und Electronic zu einer eigenen Richtung formten. Die Soundtracks für Bilder schufen, an denen die Seele genesen kann. Eliën nimmt die Farbtupfer eines melodischen Aquarellkasten, lässt sie fließen, aber kann akkurat bestimmen, wie sie verlaufen möchten. 

Die Stilsicherheit, die verhindert, dass aus der Wahl der Mittel trotz der Vielseitigkeit etwas ausbricht ist ein großes Plus des Albums. Ein überraschend zurückgelehntes Werk. Gitarre und Keyboard, Sequencer und arg viel mehr kann es nicht gewesen sein, dennoch hätte es weder mehr noch weniger sein dürfen. Manche Musikerinnen wissen zu feilen und zu formen. Dann wirkt es gereift, und es kann eine solche schöne Mixtur entstehen, die ihre Wurzeln im Folk, einem klassischen Verständnis und der Sorglosigkeit des Pops hat. 

Für diesen Winter, für den nächsten Sommer und die Jahreszeiten dazwischen.

Transparenz: Diese CD wurde von einer Agentur kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Besprechung erfolgt unabhängig und gibt ausschließlich die Meinung des Verfassers wieder.

Externer Link:

Instagram: https://www.instagram.com/elien.official

ÁRSTÍÐIR im NUN, Karlsruhe am 13.12.2024

ÁRSTÍÐIR im NUN, Karlsruhe am 13.12.2024

Es kann ja durchaus sein, dass man nur eine Insel nehmen muss, die mit ein paar wenigen Menschen besiedelt und dann abwartet. Vielleicht noch richtig unangenehmes Wetter dazu, das die kleinen Menschlein gehörig einschneit. Und einfriert. Am Schluss, wenn das Werk als gelungen betrachtet werden kann, ist noch Platz für ein paar Vulkane. Die dann ihr eigenes Süpplein köcheln.

So oder so ähnlich mag Island sein. Ungeachtet all der wunderbaren Landschaft, der Fjorde, seltsamen Vögeln und eben Lichter, die den Himmel zur Bühne machen. Und jetzt stellt sich jeder noch folgendes vor: Nachdem das alles Jahrhunderte vor sich hingebrodelt hat, wird es in Stücke gepresst, in Musik also (das ist hier gemeint) und ungefähr das könnte ÁRSTÍÐIR sein.

Fünf Musiker aus einem Land, in dem wahrscheinlich jeder irgendwie mit jedem verwandt ist. Traditionen daher immer in der Familie bleiben. Tradition ist der Gesang, vielstimmig, mit seltsamen Harmonien, aber auch mit einer Sprache, die uns so unbekannt scheint, als wäre sie samt ihrer Schrift aus dem Weltall gefallen. 

Meine erste Begegnung mit traditioneller, isländischer Musik war in den Achtzigern, als mir eine MusikKassette (90 Minuten) von dort zugesandt wurde, in der Menschen in eben jener Sprache in einer Art Chor sangen. Vollkommen unverständlich, und weit entfernt von Björk und Mezzaforte. Das waren so die bekannten Botschafter Islands waren. Wenn es um Musik ging. Mezzaforte hatte einen Hit (GardenParty). Björk wurde sowieso für alles geliebt.

ÁRSTÍÐIR im NUN war ungefähr so, als wären die Experten für Folk und Jazz übereingekommen, aus den Traditionen Islands nun das schönstmögliche zu formen, was überhaupt….

Ein kammermusikalisches Kleinod, das Staunen macht, angesichts der Professionalität, dem klar strukturierten Spiel und der Reinheit der Darbietung. Der Isländer, so lernte man, singt. In der Gruppe, mit vielen, gerne, oft, nicht immer so, wie wir es kennen – hier verstand ich – aber mit viel Liebe zum Detail und der Geschichte. Man möge entschuldigen, war eben für sich, siehe oben, die Vulkane das Wetter. Da war es schon mal möglich, dass sich anderes einschlich, aber jetzt, und das bewiesen ÁRSTÍÐIR, nehme man gerne und alles auf.

Es gibt Musikerinnen, die würden sich um manche zehn Sekunden, die da zu hören waren, reißen, so einfach wirkten die Titel, so komplex war der Aufbau. Und immer bedacht, wie ein stummer Drohnenflug, über Meer und Land, auf Schönheit und Harmonie. Es war ein Teil der Weihnachtstour. Nicht überraschend, wenn das Publikum andächtig, versunken und in Gedanken auf den Reisen beiwohnte. Die Spannbreite des Dargebotenen ging über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte. Dazwischen selbstkomponiertes, im acappela vorgetragenen Gesang aber auch Werke deren Ursprünge wahrscheinlich in den langen Wintern, den einsamen Hütten, und den heißen Quellen lagen. Und dann über die mündliche Übertragung zur Reife gelangten.

Wörter gab es mit dazu, für den Heimweg und die nächste Reise. „Hi!“, „Skøl“ und „Takk“. „Skøl“ kannte ich schon. Es war mal auf einer Flugreise, eingequetscht zwischen der halben Bevölkerung der Insel, das einzige Wort, das ich kontinuierlich während des Fluges hörte. Und zwar so oft, dass ich mir wirklich ernsthaft Sorgen machte.

„Takk“, was Danke heißt, ist das was ich dem NUN aussprechen müsste. Letztes Konzert in diesem Jahr. Krönender Abschluss, sozusagen. An Professionalität kaum zu überbieten. Ein märchenhaftes Gemälde, in dem sich Fabelwesen schlafend sammeln könnten. So ruhig, zurückgelehnt und doch mit einer Freude an der Location und für das Publikum. Klassisch für Momente auch nur ein Dialog aus Cello und Geige, bis wieder zwei Gitarren und das Keyboard die Führung übernahmen. 

Wie immer, und eigentlich dürfte ich es nicht jedesmal erwähnen, war es wieder eines der intimen, ruhigen Konzert im NUN, bei dem die Zeit fast vergessen wird und immer das Gefühl bleibt, dass man sich schon lange kennt, oder? Jetzt. Gerade. Wenn das doch so nahe ist, und das weiterträumen so leicht. Waren die gut. Respekt vor soviel Musikalität.