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Schlagwort: Jazz

Roberto Fonseca im Tollhaus, Karlsruhe am 06.08.2025

Roberto Fonseca im Tollhaus, Karlsruhe am 06.08.2025

Roberto Fonseca im Tollhaus am 06.08.2025
Roberto Fonseca im Tollhaus am 06.08.2025

Kubanischer Flair ist angesagt, wenn Roberto Fonseca auftaucht. Bewandert im Jazz, virtuose am Klavier, begeisterte er sein Publikum im Tollhaus. Alles gespickt mit Reminiszenzen an den berühmten Buena Vista Social Club. Umgeben von einer Begleitband, deren Mitglieder auch als Solisten glänzten, konnte Roberto Fonseca am Klavier seine Liebe zu den Klassikern genauso zeigen, wie seine Leidenschaft für Mambo, Salsa und der afro-kubanischen Musik überhaupt. 

Schlagzeug und Percussion, sowie ein Stehbass, boten neben dem Bläsern (Bariton-,Tenorsaxophon und Trompete) ein solides und stabiles Fundament für die Vorstellung seines aktuellen Projektes und ein durchtanztes Konzert. Bekannte Melodien mischten sich unter seine neuen Kompositionen. So klang, in einem lateinamerikanischen Kleid, plötzlich der Refrain von Hey Jude auf, riss das Publikum mit, begeisterte zum Mitsingen und leitete über in verwegene Rhythmen. 

Jeder Musiker konnte mit einem ausschweifenden Solo überzeugen, und jedes Solo ging wiederum über eine gut choreographierte und eingespielte Rhythmik über, die die Band wieder aufnahm. Roberto Fonseca konnte als Entertainer überzeugen. Charmant kündigte er den nächsten speziellen Song an, der dieses mal aber wirklich – wie schon zuvor – speziell war, weil eine Hommage an einen berühmten Kollegen aus Kuba oder Oscar Peterson oder gar Glenn Gould war. Er verwies gerne auf seine großen Vorbilder, um dann mit Begeisterung und ständiger Freude an der Improvisation und dem Spiel mit Umwegen zur Melodie wieder zurück zu kehren in den Hafen seiner Kompositionen. 

Kuba hat ein reiches musikalisches Erbe, und eine wilde Geschichte, die ihre Einflüsse in der Musik geltend macht. Roberto Fonseca hat die Gabe all das in seinem Spiel zu vereinen. Der Jazz ist ihm so nahe, wie die Tradition der Tänze, so daß das eine nicht ohne das andere auskommen mag. Und unmerklich schlechte sich dann immer eine verzwickte Reise in Verwandtes und Bekanntes ein.

Roberto Fonseca im Tollhaus am 06.08.2025
Roberto Fonseca im Tollhaus am 06.08.2025

Alles funky genug, um immer wieder tanz- und nahbar zu sein. Selbst als man nur an einem Tisch saß, für einen kurzen Moment, die Atmosphäre einer Bar und eines späten Abends aufkam, wirkte die Truppe diszipliniert. In ihrer erstaunlichen Gelassenheit und sichtbaren Freude, so eingespielt und abgestimmt, das die Percussionenelemente saßen, die Trompete und das Saxophon die Grundlage für eine wiegende Melancholie bot und es immer nur ein kurzer Schritt zur Ausgelassenheit war. Sie konnten das alles mit einer Leichtigkeit, die ich schon einmal im letzten Jahr in Rotterdam auf dem North Sea Jazz-Festival bewundern konnte. 

Roberto Fonseca gehört seit dem zum Pflichtprogramm, und den aktuell wichtigsten Vertretern und Erneuerern der kubanischen Tradition. Die Verschmelzung mit den afro-amerikanischen Wurzeln trägt zur Authentizität, aber auch zur Kunstfertigkeit bei. So kann das gerne noch weiter gehen. Und das wird es. Mit Sicherheit.

IRMA – Neue Veröffentlichungen 07/08.2025 (Teil 3)

IRMA – Neue Veröffentlichungen 07/08.2025 (Teil 3)

Irma Records Releases 07-08.2025
Irma Records Releases 07-08.2025

Ein paar Sachen sind noch in der Pipeline. Das rührige Label IRMA war in den letzen Wochen sehr aktiv. Ich jedoch weniger. Es gibt also einiges nachzuholen:

Vitolino Bellisario – Waiting for the Weekend. Funky, schleifender Disco-Beat mit der nostalgischen Sirene im Background. Schwerer Stampfer für den Tanzboden. Dort wo er noch festgetreten werden muss. Das ist der Spaß am nostalgischen Sound, der Monotonie und dem fettesten Beat. Kickt den Sommer mühelos, braucht aber eine Bar.

Kid Mark – Soul of House  – Muss man Zeit lassen, schöne Soul-House-Nummer, klassischer Machart. Feine Stimme, wie man sie aus den geradlinigen Neunziger kennt – als die Rege-nl noch klar und unkompliziert waren. Für den richtigen Raum eine Zeitreise.

J.Soul – Like Me – Ruhig, angefunkte Nummer. Für beschwingtes Cruisen. Hübsch eingespielt, als wäre es Teil eines Albums einer vergessenen Popkönigin. Soulpop mit dem Discofeeling – das zum Rollschuhlaufen einlädt.

Groove on Commission – When the Time is right. Instrumentales, dichtes Werk, das soviel verschlepptes Drum- und Orgelmaterial in sich trägt, dass es für die Disco zu gewagt, aber für den Acid-Jazz-Laden genau das richtige Futter darstellt. Macht enorm neugierig, was die Jungs noch so machen. Das ist verwickelt konstruiert über einem treibenden Beat, der alles hat, vor allem seine Berechtigung. Viele Zitate aus der richtigen Zeit, als der Jazz die Clubs stürmte. Mag ich sehr. Führen sie konsequent und verspielt in allen Nummern der EP fort.

Grindalf – Code. Ganz dem künstlichen Sound verschrieben. Tönesammler und -Tester, die vor nichts zurückschrecken, und die Floors anzünden wollen. Treibendes Material, sehr elektronisch. Flirrend und vielschichtig. Bummert und sucht den Climax. Reizt die Autoboxen aus, und gehört in die schnellen Clubs.

Garcia & Belladonna – Alternative Muffin. Raggastyle. Der Toaster hetzt dadurch, der Rhythmus hat eine schnelle Reise aus Jamaica hinter sich. Dazu ein Tüpfelchen Acid Jazz, die Orgel, die vor nichts zurück schreckt, das Piano mit authentischen Geklimper einer Danceparty. In der Mischung drängt sich der Kram mal kräftig in die Gehörgänge. Klingt, als wäre die Nacht schon am höchsten Punkt, alle schon im Pool und der Rest will noch Tanzen. Hübsche Swingnummer, trotz der ganzen Zutaten. Die Bandbreite reicht aber bis rüber zur Cocktail-Bar. Hübsches Verständnis einer lauen Nacht.

Filippo Perbellini & Ken@Work – Papa was a rollin’ stone. Die Kunst besteht natürlich darin, der Nummer, die wir alle kenne, nochmal etwas Power zu vermitteln. Also etwas schneller, die Geigen fetzen etwas mehr, die Gitarren eine Prise funkiger, und den Chorgesang kräftiger. Aber immer noch so nahe am Original, dass es niemanden erschrickt. Darf man das? Klar. Muss man das? Wenn es funktioniert, aber immer. Satte Bläser, und vor allem – mehr von allem. Klingt so sauber, und straight, als wäre der Remix nötig gewesen. Kann sich mit der historischen Nummer von „Was not was“ durchaus messen, und das will ja auch was heißen.

Danny Losito & Visnadi – Melody. Beginnt fast ein wenig zu zurückhaltend. Scheint nicht zu greifen, um dann – aber dann – dick aufgetragen, die Streicher nur noch als Tragfläche für einen Beat so fest und breit wie Pudding zu nutzen. Kommt und geht wie eine Welle, immer dann, wenn mit nichts böses ansonsten gerechnet wird.

Melody, Alter, die haben Humor. Immer waten, immer eine komplette Mauer errichten. Immer Dampf im Stampf.

Banda Brasileira – Goodbye Stranger. Das sich jemand mal an eine Nummer von Supertramp ranwagt, diese mit einem Samba-Rhythmus unterlegt und damit zu einem Stück Club-Kultur macht, hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Kann man anhören, auch wenn das nicht wirklich nötig gewesen wäre, aber so richtig schlimm ist es nicht. Denn irgendwie funktioniert es sogar. Lustig.

Mehr von Irma Records: (Externer Link)https://www.irmagroup.com/irmarecords/?lang=en

North Sea Jazz Festival, Rotterdam,  11-13 Juli 2025 (Teil 2)

North Sea Jazz Festival, Rotterdam,  11-13 Juli 2025 (Teil 2)

Dora Morelenbaum auf der Bühne des Mississipi auf dem North Sea Jazz Festival 2025

Teil 1. des Berichtes findet sich hier: https://jazznrhythm.com/north-sea-jazz-festival-rotterdam-11-13-juli-2025-teil1

Das North Sea Jazz Festival in Rotterdam ist auf dem Messegelände auf dem Ahoy angesiedelt. Beim Ahoy handelt es sich um einen Hallenkomplex, der sowohl für Konzerte, wie auch für Kongresse und Fachmessen geeignet ist. Während der Coronazeit waren hier die Impfzentren untergebracht, aber auch Betten um Erkrankte zu isolieren. In diesen Jahren fiel das North Sea Jazz Festival aus. 

North Sea Jazz Festival - Ahoy Rotterdam Im Jahr 2018
North Sea Jazz Festival – Ahoy Rotterdam Im Jahr 2018

Ursprünglich, so die Legende, fand das North Sea Jazz Festival nicht in Rotterdam, sondern im nahegelegenen Den Haag statt. Irgendwann wurde der Andrang und die Namen zu groß, so dass sich das Festival schließlich in Rotterdam ansiedelte.

Das North Sea Jazz Festival hat sich im Laufe der Jahre als Veranstaltungsreihe etabliert, so dass auch außerhalb der regulären Festivaltage im Juli, weitere Konzerte unter diesem Label stattfinden. Abgesehen davon gibt es seit einigen Jahren ein zusätzliches Festival unter diesem Namen, dass in Curacao residiert und mit einer ähnlichen Besetzung auftrumpfen kann. Das North Sea Jazz Festival hat sich zu einer erfolgreichen Marke entwickelt. Einige der legendären Aufnahmen, die im Rahmen der Tage entstanden, finden sich heute auf Platte, auf CD oder online. Spektakulär sind z.B. die Konzerte mit dem Metropol Orkestra, die sich oft in ihrer gesamten Länge auf YouTube finden. 

North Sea Jazz Festival - Ahoy Rotterdam
North Sea Jazz Festival – Ahoy Rotterdam

Es handelt sich hierbei um sehr exklusive Aufnahmen von Konzerte, die in dieser Form nur hier stattfinden. Das Metropol Orkester studiert dafür mit einigen der größten Stars der Szene großartige Orchesteraufnahmen ein, die nur ein, maximal zweimal aufgeführt werden. Berühmte Namen in diesem Zusammenhang waren Jonathan Jeremiah, Laura Mvula, Joe Bonamassa und zuletzt, 2025, Jacob Collier. Die Chance mit diesem Orchester zu spielen, gehört nicht nur zu einem der Highlights, sondern auch wahrscheinlich zu einem der größten Lockmittel des Festivals.

Das Festival selbst übt über den Zeitraum der drei Tage einen prägenden Einfluss auf ganz Rotterdam aus. Die Stadt ist gefragt, und bietet mit „Jazz around the town“ eine kostenlose Reihe an, die sich über verschiedne Stationen im gesamten Innenbereich der City erstreckt. Überall spielen Bands auf öffentlichen Plätzen, auf Bahnhöfen, vor Restaurants, in Metro-Stationen, auf Straßen, Fußgängerzonen, in Kneipen und vielen anderen Orten.  Dabei handelt es sich in der Regel um regionale und lokale Bands aus den Niederlanden, die allerdings von einem erstaunlichen Niveau und einer ausgereiften Spielweise zeugen. 

North Sea Jazz Festival - Ahoy Rotterdam
North Sea Jazz Festival – Ahoy Rotterdam

Der Genremix geht dabei weit über Jazz hinaus. Mittlerweile hat das North Sea Jazz Festival ein großes Herz für Weltmusik, Soul, Hip-Hop, ja selbst Electronica gefunden. Also ist auch im Umfeld viel tanzbares, alte Klassiker der Motown – und Philly-Ära und vieles mehr anzutreffen. Ähnlich wie das Festival in Montreux ist, wenn man es von der Position der Jazz-MusikerInnen sieht, die Welt groß und breit und bereit für Crossovers. 

Das North Sea Jazz Festival hat sich hier immer bereit für Neurungen, Avantgarde und unabhängige Künstler gezeigt. Es war fast selbstverständlich, dass auf eine der teilweise bis zu 16 Bühnen mindestens eine (das Darling) neuen Künstlerinnen gewidmet war. Hier traten Namen auf, die gerade im Sprung waren, vielleicht einen Hit hatten – diesen aber eher in Instagram oder TikTok – oder sonstwie im Visier auftauchten.

North Sea Jazz Festival - Ahoy Rotterdam
North Sea Jazz Festival – Ahoy Rotterdam

Das North Sea Jazz Festival bietet innerhalb des Hallenkomplexes eine Reihe ganz unterschiedlicher Bühnen. Zum einen gibt es das Maas, mit einem mehrstöckigen über mehrere Emporen verteilter Publikumsbereich, zum anderen das Nile. Bei beiden Bühnen handelt es sich um die Hauptveranstaltungsorte, die für die größten Acts ausgemacht sind.

Missippi dagegen ist eine Außenbühne. Hier finden sich oft Weltmusiker, also Gäste aus Lateinamerika oder solche, die eine Richtung vertreten, die zwar schwungvoll, jedoch nicht ganz so populär ist. Jon Batiste hatte hier seinen ersten Auftritt in Rotterdam, sowie die Amsterdam Klezmer Group oder das Amsterdam Funk Orchestra.

Um alle Bühnen im Einzelnen vorzustellen, werde ich einen weiteren Teil bemühen, in dem ich auch auf die diesjährigen Künstler stärker eingehe. Seid also gespannt auf Teil 3.

Das Amsterdam Funk Orchestra auf der Mississippi Bühne des North-Sea-Jazz-Festivals 2025

Tonspur Nr. 2 : Amsterdam Funk Orchestra „Samba Soul“

Tonspur Nr. 2 : Amsterdam Funk Orchestra „Samba Soul“

Amsterdam Funk Orchestra with Lilian Vieira and Efraim Trujillo " Samba Soul"

Titelliste:

  1. Xami Xami (feat. Lilian Vierea)
  2. Palco ( feat. Lilian Viera)
  3. Bananeira
  4. Vestido Longo
  5. Homenagem a Mongo
  6. Vidigal
  7. Bom Senso
  8. Mina Do Condomínio (feat. Lilian Vieira)

Das Amsterdam Funk Orchestra unterschätzt man leicht. Dabei kommen die Truppe möglichst fett und dicht anmarschiert, hat satte Bläsersätze und ist fest verwurzelt in ihrem Genre. 3 Alben gibt es bereits. Vorhergehend ist eine Afrobeat-Scheibe, daraufhin ein komplettes Werk ausschließlich mit Stampfern von James Brown und nun nahm man sich der brasilianischen Musik an. Authentizität  an erster Stelle, merkt man dem kompletten Orchester an, dass sie sich tief in die aktuelle und historische Szene um Rio gewagt haben. Nur um dann einen Wall of Sound mit feinem Chor, deftigen Instrumentalparts und möglichst viel Jazzfunk einzuspielen. Und das so erstaunlich professionell, dass Hörtests sie niemals – never – in den Niederlanden vermuten würden. Alles kommt leichtfüssig, swingend, mit der richtigen Brise Tanzbarkeit daher. Das Amsterdam Funk Orchester begeisterte auch Live auf dem diesjährigen North Sea Jazz Festival 2025. Dort mit mehr Afrika im Beat, aber genug Groove aus Brasilien, um jeden zu überzeugen. Gute Truppe. Hat alles verdient.

Amsterdam Funk Orchestra auf der Mississippi-Bühne des North Sea Jazz Festivals 2025
Amsterdam Funk Orchestra auf der Mississippi-Bühne des North Sea Jazz Festivals 2025

Tonspur ist eine kleine Reihe, die in kurzen und knappen Beschreibungen (maximal 200 Wörter) sich mit den Alben befasst, die ich im Laufe des Tages anhöre. Sie folgt damit keinem Genre und keiner Reihenfolge. Ist lediglich nummeriert.